Lübeck, 04. 04. 1530

[Tjeika]

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Ort: Hafenschenke
Zeit: Früher Nachmittag
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Linnea setzte sich an einen der freien Tische. DIe Schenke war gut besucht, nur der Spielmann wollte in seiner Aufmachung nicht so recht hineinpassen. Es waren hauptsächlich gutbetuchte Bürger und Adlige, die sich hier einen Tee oder andere Kolonialwaren zu Gemüte führten. Linnea versuchte die strafenden Blicke zu ignorieren, die ihr zukamen, denn immerhin sah man ihr an, dass sie und der Spielmann nicht demselben Stande angehörten. Es war ihr doch schon ein wenig unangenehm, doch sie war sich sicher, dass die Idee, ihn hierher einzuladen, so schlecht nicht gewesen sein konnte.
"So setzt Euch doch, man wird Euch schon nicht den Kopf abreißen", sagte sie leise an den Spielmann gewandt.

[Greyback]

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Ort: Hafenschenke
Zeit: Früher Nachmittag
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Halb lachend tat er, wie ihm gesagt. Er wusste nicht ob seine Kleidung oder der Gehorsam gegenüber einer jüngeren Frau den absurderen Eindruck abzugeben vermochte. Nun war er hier und er würde die meisten Gesichter ohnehin wohl nie wieder sehen. Eine zeitlng versuchte er sich die alten Sitten und Manieren ins Gedächtnis zurückzurufen, lies es aber nach kurzer Zeit erfolglos wieder bleiben.
"Sie ahnen ja gar nicht, wie viel Seemannsblut für diesen Kram geflossen ist.", meinte er schließlich fast amüsiert.

[Tjeika]

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Ort: Hafenschenke
Zeit: Früher Nachmittag
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So recht konnte Linnea nicht glauben, was der Spielmann ihr da gerade zu erzählen versuchte. So schlimm konnte es in den Kolonien doch gar nicht zugehen, als dass jemand für all die wundervollen Dinge hätte leiden müssen oder gar sterben. Es sollte, so erzählte man es sich in ihrer Heimat, herrlich zugehen in den Kolonie, das Paradies schlechthin sollte es dort sein - sowohl für die Europäer, als auch für die Einheimischen, die doch erst durch das Eintreffen der Europäer Kultur kennengelernt hatten. Sie waren doch Barbaren.
Mit sichtlich zweifelndem Blick blickte sie ihn an.
"Die Kolonien sollen doch für alle das Paradies schlichtweg sein. Für uns Europäer genauso, wie für die Barbaren. Wir haben ihnen doch Kultur gebracht und sie zeigten uns dafür ihre wundervollen Waren", sagte sie sichtlich begeistert über die Zustände.
"Nun, werter Spielmann, ihr habt doch sicher einen Namen. Der meinige ist Linnea Gyldenstierne."

[Greyback]

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Ort: Hafenschenke
Zeit: Früher Nachmittag
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Gyldenstierne ... Gyldenstierne ... Der Name rief irgendetwas in seinem Gedächtnis wach.
"Humbert Rosenfeld.", sagte er knapp und nickte ihr zu. "Tja, wir haben den Negern beigebracht zu arbeiten, das kann man wohl sagen. Aber sie sind schon ein lustiges Völkchen - sie schmieden schönsten Schmuck und bauen wirklich prächtige Tempel ... Aber ein Gewehr halten, dazu sind sie nicht im Stande." Er lachte kurz auf. "Nunja, die Wilden sind nicht das Problem. Sie sind lernbereit und wer es nicht ist, dem wird die Lehre eingedroschen. Das Problem sind die Piraten, Seeräuber, Tunichtgute, verstehen sie? Und dank der Karperbriefe, mit denen sie ihre Beute auf den Märkten verkaufen dürfen, ist es ein florierendes Geschäft. Dort draußen zählt ein schnelles Schiff und eine todesmutige Mannschaft. Kein Platz für Luxus und ... Kultur." Wieder lachte er.

[Tjeika]

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Ort: Hafenschenke
Zeit: Früher Nachmittag
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Das, was er ihr da erzählte, klang so gar nicht nach dem ,was man sich in ihrer Heimat über die Seefahrt und ihre Errungenschaften sagte. Es klang so gar nicht nach der Seefahrtromantik von der ihre Mutter immer geschwärmt hatte.
"All diese Geschichten über Piraten. Warum habe ich davon bloß noch niemals etwas gehört?", wunderte sie sich laut denkend und blickte den Spielmann ebenso verwirrt an, wie sie auch war.

[Greyback]

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Ort: Hafenschenke
Zeit: Nachmittag
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"Soetwas hört man nicht, Madame, man erlebt es. Mann erlebt es." antwortete er und ließ es sich nicht nehmen, den letzten Satz besonders zu betonen. "Jedoch, in vielen Geschichten steckt ein Fünkchen Wahrheit - man muss nur zwischen den Zeilen lesen ... Aber waren nicht eigentlich des Tees wegen hier?"

[Tjeika]

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Ort: Hafenschenke
Zeit: Früher Nachmittag
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"Kennt ihr denn einige der Geschichten?", fragte sie, während sie nach dem Wirt winkte, der sich auch sogleich zu ihnen aufmachte - nicht jedoch, ohne den Spielmann skeptisch zu mustern.
"Was kann ich Ihnen bringen",sagte der wirklich fette Wirt eindeutig an Linnea gewandt. Er schien sich nicht dazu herablassen zu wollen, dem Spielmann auch nur eine Sekunde Aufmerksamkeit zu schenken.
"Zwei Tassen Tee", sagte sie, ohne dem Wirt unnötig viel Aufmerksamkeit zu widmen.
Sie verachtete solches Verhalten, wie er es an den Tag legte und wandt ihren Blick schnell wieder dem Spielmann zu, auf eine Antwort wartend.

[Greyback]

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Ort: Hafenschenke
Zeit: Früher Nachmittag
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"Sicher kenne ich einige Geschichten. Geschichten, die euch davon abhalten würden, jemals wieder an Bord eines Schiffes zu gehen. Aber ich bin kein Seebär. Seebären kennen die wirklichen Geschichten. Die schönsten, die spannendsten, häßlichsten und schwärzesten Geschichten. Aber ich strebe nicht danach, diese Geschichten zu kennen. Denn wenn man solche Geschichten erlebt, überlebt man sie seltenst. Seebären nehmen ihre Geschichten mit in ihr nasses Grab.", erzählte er gedankenversunken, "Habt ihr die ganzen Arbeitssuchenden Matrosen am Hafen gesehen? In etwa zwei Monaten werden dort Andere Arbeit suchen, die von heute werden dann auf Deck sein und die, die heute an Deck sind ..." Er wieß mit dem Daumen nach unten und schüttelte den Kopf.
"Man lebt nicht lange auf dem Meer. Aber hat man einmal auf dem Meer gelebt, kann man nicht mehr ohne. Es ist ein Siegel, ein Bund den man geschloßen hat. Man lebt auf dem Meer, man stirbt auf dem Meer. Die, die auf dem Meer tatsächlich alt werde, verlieren irgendwann den Verstand, weil sie in ihren Geschichten leben. Jede einzelne noch so schreckliche Sekunde wieder erleben, bis auch der letzte Nerv gerissen ist."

[Tjeika]

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Ort: Hafenschenke
Zeit: Früher Nachmittag
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Vollkommen gedankenverloren saß Linnea da. Es war tatsächlich spannend, was der Spielmann zu erzählen hatte. So spannend, dass Linnea, vollkommen in der Erzählung versunken, gar nicht bemerkt hatte, dass der fette Wirt ihnen ihren Tee gebracht hatte.
"Das klingt überaus... faszinierend", murmelte sie, in der Hoffnung, sie würde noch mehr zu hören bekommen.
"Könnt Ihr mir noch mehr erzählen?", fragte sie mit einer hoffnungsschwangeren Stimme.
Zu gerne würde sie auch auf dem Meer leben. Wenn man die restliche Welt da vergessen konnte, war es das Wert, dass man nur ein kurzes Leben hatte - es versprach immerhin ein abenteuerliches Leben zu sein. Und solche in nasses Grab würde sie sicherlich nicht davon abhalten.

[Greyback]

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Ort: Hafenschenke
Zeit: Früher Nachmittag
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Humbert seufzte tief. Linnea schien nicht viel davon mitbekommen zu haben, was er damit eigentlich sagen wollte. Im Gegenteil, sie war neugierig wie ein kleiner Junge, dem man Märchen erzählte und danach davon träumte, irgendwann auch als glänzender Ritter Prinzessinnen vor Drachen zu retten. Ob sie auch nur im geringsten ahnte, dass praktisch jeder Matrose im Hafen sie um ihren Stand beneidete? Er nahm einen tiefen Schluck aus der winzigen Teetasse. Allerdings konnte er ihr auch kaum ausschlagen, noch mehr zu erzählen - leuchteten ihn doch ihre tiefblauen Augen so hoffnungsvoll an. So wunderbar kindlich neugierig und fast naiv.
Er schüttelte den Kopf. Nein, er durfte sich nicht von einer blutjungen und verehelichten Adligen den Kopf verdrehen lassen. Das schlimmste war wahrscheinlich, dass sie sich ihres Charmes noch nichteinmal bewusst war. Wieder seufzte er.
"Die Geschichten, die ich zu erzählen habe, hören sie in meinen Liedern.", schien ihm die passendste Antwort. Er hoffte, das Gespräch möglichst bald und unauffällig in eine andere Richtung lenken zu können.