Auf See, 07.04.1530

[Tjeika]

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Linnea
Sandbank an der Küste bei Steinbeck
Früher Morgen
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"Wie konntest du nur?", schrie Johann.
"Du hast unsere Ehre besudelt!", schrie Linneas Mutter.
"Du hast Jesus verraten, deine Untreue wird dich in der Hölle schmoren lassen", schrie der Pfarrer der Kirche in Kristiana, von dem sie einst getauft worden war.
"Ich werde dich verstoßen!", schrie ihr Vater.
"Du sollst nicht länger mein Weib sein!", schrie Johann wieder.
Linnea drehte sich im Kreis, alle standen sie um sie herum, bedrängten sie, ihre vorwurfsvollen Blicke bohrten sich in ihre Seele. Und Linnea schrie.
Aufrecht sitzend fand sie sich in der Koje wieder, ihr Hals schmerzte. Hatte sie wirklich geschrien?

[Greyback]

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Humbert
Ort: Sandbank an der Küste bei Steinbeck
Zeit: Morgen
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Mit aller Kraft hebelte Humbert das Schiff von der Sandbank los. Als es wieder frei trieb, kletterte er an Bord und entrollte das Segel. Die Sonne schien und es gab guten Ostwind, sie würden heute gut vorran kommen. Er steuerte erst etwa eine Seemeile weg von den Sandbänken und nahm dann Kurs auf.
Plötzlich fiel ihm ein, was er gestern vergaß: Schnell kramte er etwas in den Vorräten und holte einen kleinen Käfig mit einem lebendigen Huhn hervor. Er lies das Huhn an Deck umher laufen, über die Reling würde es sowieso nicht hüpfen können. Er musste nur aufpassen, dass es nicht die Seile anknabberte.

[Tjeika]

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Linnea
Sandbank an der Küste bei Steinbeck
Morgen
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Linnea war etwas verwirrt, als sie sich schließlich aus dem Bett quälte. Gut schlafen war definitiv etwas anderes - dieser Traum war aber auch überaus... aufregend gewesen. Noch immer pochte ihr Herz viel zu schnell und die Skandinavierin bemerkte, dass sie vollkommen verschwitzt war.
Mit einem Tuch wischte sie sich über das Gesicht, ehe sie ihre Kleider anlegte. Hier auf dem Meer war man eh nicht lange sauber, gerade, wenn man arbeitete und nicht nur als Passagier anwesend war. Es machte keinen großen Unterschied, auch wenn es für Linnea doch ein wenig gewöhnungsbedürftig war.
Serufzend begab sie sich an Deck. Die Sonne blendete sie und sie musste mehrmals blinzeln, ehe sich ihre Augen an das helle Licht gewöhnt hatten. Etwas gackerte und erst, als Linnea fast über das Huhn gestolpert wäre, bemerkte sie es. Stirnrunzelnd blickte sie dem Tier nach, welches fröhlich auf dem Deck herumlief.

[Greyback]

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Humbert
Ort: Sandbank an der Küste bei Steinbeck
Zeit: Morgen
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Humbert gluckste als Linnea etwas unbeholfen auf Deck stolperte.
"Norwegisch Seevolk ist
Ein derber Schlag voll Kraft und List;
Wo Schiffszeug schwimmen kann,
Da ist es vorne dran.", brummte er munter vor sich hin.

[Tjeika]

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Linnea
Sandbank an der Küste bei Steinbeck
Morgen
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"Dir auch einen guten Morgen", antworte Linnea auf Humberts Reim - worauf sie sich in ihrem morgendlichen Tran nun wahrlich denselben nicht machen konnte. Dafür war sie definitiv noch zu müde.
Immer noch etwas irritiert blickte sie dem Huhn hinterher, welches sich nun an einem der Seile zu schaffen machte.
"Warum haben wir ein Huhn an Bord?", fragte sie und fuhr fort: "Und warum knabbert es die Seile an?"

[Greyback]

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Humbert
Ort: Eine Seemaile vor der Küste bei Steinbeck
Zeit: Morgen
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"Das hält den Klabautermann fern.", antwortete Humbert, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt.
Inzwischen trafen sie hin und wieder auf Fischer- und Handelsboote. Auch ein großes, scheinbar schwer beladenes Schiff namens "Libertalia" zog an ihnen vorbei. Die Besatzung sah zum Großteil nicht wirklich aus wie Seeleute. Eher wie ein Haufen schwerer Jungs, die es nicht erwarten konnten, wieder an Land zu sein. Als einige von ihnen Linnea entdeckten, pfiffen und riefen sie einige wenig charmante Dinge herüber; ein lauter, zischender Ruf, vermutlich ihres Kapitäns, ließ sie aber sofort verstummen.
Humbert schüttelte den Kopf und hielt schlicht und einfach den Kurs. Die Leichtmatrosen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

[Tjeika]

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Linnea
Sandbank an der Küste bei Steinbeck
Morgen
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Als die Männer pfiffen, kam sich Linnea vor, als wäre sie ein Ausstellungsobjekt. Etwas, das man sich ansah - ein Ding und kein Mensch. Einmal schon hatte sie soetwas erlebt. Es war auf einem der Volksfeste, auf dem sie mit ihrer Mutter war, um ihre Familie zu repräsentieren. Sie hatte sich in dem Menschengewirr verlaufen und da waren dann solch arme Burschen, die der Meinung waren, die junge Adlige verführen zu können. War sie damals vielleicht froh gewesen, als ihre Mutter mit ihrer Dienerin in jenem Augenblick gefunden hatte und die Ritter ihrer Majestät die Burschen schnell der Gerichtsbarkeit überstellten - sie hatten sich wohl früher schon an höhergestellten Damen vergriffen.
Ja, Linnea fühlte sich in diese Zeit zurückversetzt, so dass sie voller Scham den Kopf senkte. Puterrot war ihr Gesicht und sie wünschte sich wahrlich ans andere Ende der Welt. Es war einfach nur unangenehm. Warum konnte sie nicht einfach im Erdboden versinken?

[Greyback]

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Humbert
Eine Seemaile vor der Küste bei Steinbeck
Morgen
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Die Rufe schienen Linnea tief getroffen zu haben.
"Was ist los?", fragte er und legte die Arme um sie. "Mach' dir nichts aus denen. Die rufen nur wiel sie wissen, dass sie jemanden wie dich niemals auch nur von nahem ansehen werden."

[Tjeika]

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Linnea
Eine Seemaile vor der Küste bei Steinbeck
Morgen
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"Es ist widerlich", sagte Linnea mit einer Abscheu in der Stimme, wie sie es nicht einmal selbst von sich kannte.
Doch sie wusste nicht, ob sie die Männer auf dem anderen Schiff oder die Burschen von damals meinte.
"Erinnert mich an etwas... unangenehmes", sprach sie, den Blick immer noch auf die Planken geheftet.

[Greyback]

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Humbert
Eine Seemaile vor der Küste bei Steinbeck
Morgen
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"Warum lässt du dir von Worten und Vergangenem den Tag vermießen, wo du doch endlich einmal entkommen bist? Komm, ich zeige dir, wie man das Boot steuert.", meinte er und zog sie sanft zum Steuerrad.