3. Bélan-Inseln

[Cassiopeia]

Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag

Sie sagte nichts, sondern räusperte sich nur. Diese Tatsache, ihr Schweigen, machten deutlich, in welcher Position sie vor ihm stand und Ryorr verneigte sich tief.
"Vergebt meine Anmaßung, Hohe Herrin", sagte er leise, weiterhin in Demut verbeugt. "Mein Verstand wollte nicht glauben, was meine Augen sahen. Doch ich begreife nun, es seid wirklich Ihr, die zurück gekehrt seid. Azeth sei gepriesen!" Der Totengott hatte sie aus seinem Reich zurück in die Welt der Lebenden geschickt - sicher nicht ohne Grund.
"Ich bin nur der Zweite Herr von Bélan, Hohe Herrin. Wie kann ich Euch dienen?"

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag
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Eskya nickte leicht. So war es schon viel besser. Sie machte die gleiche Geste, wie sie es zuvor bei dem Sklaven getan hatte. Da diese Kleinigkeit nun geklärt war, konnte Ryorr sich nun genauso gut erheben.
"Zunächst einmal lasst uns einige Dinge klarstellen", begann sie und betrachtete den Machthungrigen vor ihr einen Moment.
"Ich bin nicht hier, um Euch Eurer Position zu entheben", erklärte sie.
Auch, damit Ryorr zugänglicher wurde.
"Ihr habt Ambitionen und Ihr habt in den letzten Monaten gezeigt, dass Ihr Willens seid, diese auch durchzusetzen."
Er musste ja nicht erfahren, dass sie weit weniger im Bilde war, als sie es vorgab.
"Die Ambitionen, die ich vertrete, sind weit umfassenderer Natur."

[Cassiopeia]

Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag

Ryorr verneigte sich abermals tief, als Eskya ansprach, ihn nicht aus seinem amt drängen zu wollen.
"Hohe Herrin, dies sind keine Themen für die Eingangshalle!", sagte er und schenkte ihr ein einladendes Lächeln. "Bitte, erweist mir die Ehre, Euch einzuladen in einen Raum, der Eurer Anwesenheit weit mehr gerecht wird."
Wenn sie über ihre Ambitionen sprechen wollte, konnte sie das tun - nur sicher nicht hier.
"Lasst uns in den Raum des Brunnens gehen, Hohe Herrin, dort stört uns gewiss niemand."

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag
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Auf die Aufforderung hatte Eskya gewartet und so nickte sie leicht und deutete Ryorr an, voraus zu gehen.
"Natürlich", meinte sie ließ eine Sekunde vergehen, ehe sie Ryorr aus der Eingangshalle hinaus folgte.
Sie erreichten bald ruhigere Räume, ein jeder von ihnen äußerst gut bewacht.
Natürlich musste ihm klar sein, dass sie wusste, dass er nicht mehr lange hier das Sagen haben würde, wenn sich nichts tat. Die feindlichen Flotten belagerten immerhin die Stadt! Einen Hinterhalt sollte er daher besser gar nicht erst in Betracht ziehen.
Und das ließ sie ihn also auch wissen.
"Euer Hafen ist ganz schön überfüllt", meinte sie entsprechend beinahe nebenbei und als wäre es nicht besonders wichtig.
"Ich habe sicher einige Entwicklungen verpasst, was die Beziehungen zum Königreich von Cyran angeht."

[Cassiopeia]

Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag

Ryorr antwortete nicht sofort, sondern bog erst um die nächste Ecke.
"Cyran und Seyîn kamen bald nach den Gerüchten...", begann er und verzog etwas gequält den Mund. Niemand hier sprach laut aus, Nalahr könnte gefallen sein, seine Flotte auf See besiegt und auf den Meeresgrund geschickt.
"Die Flotten belagern die Inseln, ja. Aber wir sind ein stolzes Volk, Hohe Herrin. Wir befinden uns in Verhandlungen mit beiden Abgesandten der Festlandvölker."
Ob diese gut oder schlecht verliefen, ließ er offen.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag
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"Dann benötigt Ihr ganz sicher keine Hilfe", meinte Eskya in seine Worte interpretierend, was Ryorr wohl lieber wäre, Eskya selbst aber für unwahrscheinlich hielt, "wenn die Verhandlungen so gut laufen."
Sie folgte ihm in den nächsten Raum, dann erst ging sie auf die Gerüchte ein, von denen er sprach. Es war offenkundig, was er andeutete.
"Oh, ich bin mir sicher, einige Gerüchte sind äußerst verfrüht."

[Cassiopeia]

Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag

Ryorr öffnete eine Tür, die sie in einen prunkvollen Raum geleitete, in dessen Mitte ein Marmorbrunnen mit frischem Trinkwasser stand. Er plätscherte leise und war nur den allerhöchsten Kreisen zugänglich.
Als er die Tür von außen von einem Wachdiener wieder ins Schloss gezogen wurde, sah Ryorr Eskya halb zögernd, halb hoffend an.
"Hohe Herrin, Ihr bringt Hoffnung mit Euch", ließ er sie wissen und wies einladend auf eine Polsterecke. "Ganz Bélan hofft auf dieses Wunder. Dass Ihr hier seid, Herrin, ist das erste Zeichen, dass die Götter wirklich Wunder wirken!" Es war in der Tat ziemlich unerklärlich und überraschend.
"Nun, es wird Veränderungen geben durch die Verhandlungen, das ist gewiss. Wie kann dies Euren Ambitionen dienlich sein?", fragte er einem Angebot gleich.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag
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Über Eskyas Lippen zog sich ein kleines Lächeln, als sie den Brunnen, der so wunderschön und einladend vor sich hin plätscherte. Sie genoss den Anblick des Vertrauten noch einen Augenblick, dann folgte sie der Einladung zu der mit purpurnen Samt bezogenen Sitzecke.
Sie lächelte auch noch als die Ryorrs Blick suchte.
"Hoffnung ist unerlässlich dieser Tage", entgegnete sie nachdenklich, während ihr Blick auf das Silbertablett gerichtet war, auf dem eine Karaffe des besten Weins stand.
Das wusste sie, weil es stets so gewesen war und Ryorr hatte daran auch in den Tagen der Belagerung sicherlich nichts geändert.
"Bélan darf nicht an das Königreich von Cyran fallen", sprach sie aus, was sicherlich alle hier hofften, "das ist meine Hoffnung."
Sie lehnte sich an und schlug die Beine übereinander.
"Meine Ambitionen", griff sie das eigentliche Thema ihres Besuches aus, "sagen wir, zunächst einmal möchte ich nicht, dass sich herumspricht, dass ich hier bin geschweige denn, dass ich noch am Leben bin."
Das war entscheidend.

[Cassiopeia]

Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag

Ryorr verneigte sich halb im Sitzen.
"Selbstverständlich wird niemand außer mir und meinem Diener wissen, dass Ihr hier seid, Herrin", sagte er - und meinte es auch so. Diskretion war in diesen Mauern ein höchst wertvolles Gut.
"Bélan wird nicht an Cyran fallen. Nicht, wenn ich es verhindern kann", erwiderte er. "Doch wir waren lange isoliert, die große Bühne der Weltpolitik hat viel Publikum", umschrieb er den Umstand etwas blumig, die es in der Sprache Bélans üblich war.
"Der Handel hat uns erreicht mit fremden Waren aus den entfernten Ländern, die niemand unserer Menschen je sah. Cyran möchte nicht verhandeln, sondern sie wollen uns kaufen. Ein abscheuliches Vorhaben, das an Beleidigung nicht zu überbieten ist!", erklärte er ihr und seine wahrhaftige Abscheu ob dieses Praxis war nicht zu überhören.
Vorsichtig sah er zu Eskya, wie sie elegant auf den Polstern saß, die Beine über einander gelegt. Hastig wandte er den Blick wieder ab. Es war keinem Mann erlaubt gewesen, sie an Nalahrs Seite auch nur anzublicken und dass sie nun so frei und ungeschützt vor ihm saß, war ungewohnt.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag
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"Die Bélan-Inseln stehen nicht zum Verkauf", erklärte Eskya entschieden und als ob das eine Selbstverständlichkeit war - die es für sie ja nun einmal auch war.
Sie empfand die gleiche Abscheu bei diesem beinahe schon häretischen Gedanken, wie es bei Ryorr, sehr offensichtlich, der Fall war.
Ihr war der Blick Ryorrs zu ihr nicht entgangen, den dieser schnell zu kaschieren suchte.
"Sagen wir, eine Flotte stünde vor der Stadt. Und sagen wir, ich habe eine neue Identität erfunden, die ich zu wahren suche", begann sie langsam auf das eigentliche Thema zu sprechen zu kommen.
"Wie würdet Ihr es einrichten, dass sie einlaufen kann, die Flotte?"
Jetzt kam es drauf an. Hatte Ryorr diesen Einfluss nicht, dann musste Eskya bei den Belagerern nach Möglichkeiten suchen. Und dann war Ryorr für sie nicht mehr wertvoll. Sie würde ihn fallen lassen. Hier ging es nicht um ihn, hier ging es um das große Ganze.