2. Port Soles

[Cassiopeia]

Tazanna & Toyan
Port Soles
November im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

"Ich habe sie bei eurer Ankunft getroffen", erzählte Tazanna überlegend. "Aber so genau gesagt, wo sie her kam... naja, sie hat geholfen und das nicht zu knapp, obwohl sie keinen von uns kannte. Das macht auch nicht jeder, denke ich."
"Wohl kaum", antwortete Toyan, auch wenn ihm die Frau weiterhin ein wenig suspekt war. Niemand wusste, woher sie kam, wer sie war, warum sie überhaupt mit gemacht hatte und wohin sie nun wollte.
"Gut, lassen wir sie ziehen. Wärmen wir uns auf, es ist beinahe abend und es war ein langer Tag."


Aceio
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

Das Jahr war bereits beinahe um, als Aceio dem Wasser entstieg und den Hafen von Port Soles betrat. Es war kühl geworden hier und die Menschen zogen sich Schals und Mäntel enger um den Körper. Aceio selbst brauchte nicht lange und seine nasse Kleidung und Haare waren wieder trocken, als wäre er nicht gerade aus dem Meer gekommen. Er war lange dort gewesen, etwas Seetang hatte sich in seinen Haaren verfangen und seine Augen zeugten noch von der Magie, die er die letzten Wochen gewirkt hatte. Ein unbestimmbares meeresgrünblau leuchtete aus ihnen, sodass Aceio sich die Kapuze tiefer ins Gesicht zog und sich auf den Weg in eine Taverne machte. Es war lange her, dass er an Land gegessen hatte, doch in Tavernen erfuhr man einfach am meisten, was im Land und in der Stadt vor sich ging.

[Tjeika]

Eskya
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

Mit voller Absicht saß Eskya nicht in eben jener Taverne, die ihrer Tochter und ihrem Angetrauten gehörte. Sie ging ihr aus dem Weg. Jetzt noch mehr als noch vor ihrem kleinen Abenteuer im Herbst. Doch nun zog allmählich der Winter ins Land, was hier an der Küste hauptsächlich bedeutete, dass der Regen dauerhafter und die Stürme stärker die Wellen gegen die Küstenfelsen spülten. Der Hafen war ein Ort, von dem man nicht trockenen Fußes wieder zurückkehrte, auch wenn der Regen eine seiner wenigen Pausen eingelegt hatte. Dunkle Wolken hingen tief über Port Soles und kündeten von der dunklen Jahreszeit, die sich ihrer bald vollständig bemächtigt haben würde.
"Ein warmes Bier noch", bestellte sie bei der Schankwirtin, die einem anderen Gast bei ihrer Rückkehr zum Tresen noch mit einem Becher einen überzog.
Dass er sie angefasst hatte, was er besser geblieben hätte, konnte sich Eskya von selbst zusammenreimen, auch wenn sie es nicht hatte sehen können.
In diesem Metier wusste man besser selbst auf sich achtzugeben.
Wo Eskya auch schon wieder bei Shaya angekommen war. Und so entging ihr beinahe, wer da nebst frischer Luft und einer kühlen Brise in die Taverne getreten war.
Aber auch nur beinahe. Das war doch mal interessant. Eskya beschloss, ihn sich erst setzen zu lassen, bevor sie Aceio mit ihrer Anwesenheit beehrte.

[Cassiopeia]

Aceio
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

Aceio nahm an einem Einzeltisch platz, dem letzten, der noch frei war. Die Luft hier drinnen war stickig und roch nach allerlei Vermischtem - Regen, Bier, Menschliche Ausdünstungen, Fisch. Er setzte sich dennoch, der erste Eindruck erinnerte ihn an seine erste Ankunft in eben diesem Hafen vor vielen, sehr vielen Jahren. Immer wieder war Port Soles eine bedeutende Rolle in der Geschichte Chomas zugefallen. Es würde auch Ausgangspunkt für den nächsten Schritt sein, der sich ereignen würde.
Er bestellte eine wärmende Fischsuppe, etwas Brot und ein Bier zur Stärkung. Er spürte die neugierigen Blicke der Gäste auf sich, machte sich aber nichts daraus. Das Blau seiner Augen verblasste nur langsam, doch Aceio war froh, die ersten Atemzüge an Land zu tun, die Lungen wieder mit Luft zu füllen und die Farben der Umgebung zu sehen. Die Schwerkraft machte ihm etwas zu schaffen, an Land wirkte sein Körper nicht mehr so leicht und schwebend. Daran würde er sich gewöhnen müssen. Er war eine lange Zeit im Meer gewesen, hatte viel erfahren. Es war Zeit, heim zu kehren.

[Tjeika]

Eskya
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

Nachdem die Schankmaid gegangen war, nahm Eskya ihr warmes Bier vom Tresen und ging langsam auf den Tisch zu, an dem Aceio Platz genommen hatte.
"Ist der Platz hier noch frei?", fragte sie und ließ ihm anschließend gar nicht erst die Möglichkeit zu widersprechen.
Sie setzte sich kurzerhand, die Kapuze noch tief ins Gesicht gezogen. Ihr dunkler Mantel verdeckte auch weitgehend ihre Silhouette.

[Cassiopeia]

Aceio
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

Aceio war überrascht, als er Gesellschaft bekam, offenbar von einer Frau.
"Ich brauche keine zwei Plätze für mich allein", antwortete er freundlich. "Verzeiht, aber wer seid Ihr?"
Der Mantel verhüllte schließlich so gut wie alles, was Aufschluss über die Person geben konnte. Abgesehen davon, dass sie eine Frau war und sehr wahrscheinlich nicht Shaya, die er wohl eher erkannt hätte, wusste er nichts von seiner unerwarteten Besucherin.

[Tjeika]

Eskya
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

"Eine solch große Persönlichkeit braucht einen ganzen Saal für sich alleine", erwiderte Eskya, die die Kapuze genau dort ließ, wo sie war.
Es gab noch keinen Grund, ihre Identität zu enthüllen. Oder ihre Scheinidentität als Eza.
"Ich bin jemand, der interessiert an einem unverbindlichen Gespräch mit Euch ist."
Kurz sah sie sich nach beiden Seiten um, doch zumindest erweckte es nicht den Anschein, dass sie belauscht wurden.
"Ihr ward lange fern. Die Lage ist komplizierter geworden."

[Cassiopeia]

Aceio
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

"Ihr wisst gut Bescheid", merkte Aceio interessiert an. Die Dame war sich ihres Auftrittes wohl bewusst. Und sie schien genau zu wissen, wer er war und ihn beobachtet zu haben. Nichts von dem brachte ihn aus der Ruhe. "Und Eure Worte ehren mich. Wärt Ihr bereit, mir über die hiesige Lage zu berichten, während ich esse? In der Ferne erreichten mich so gut wie keine Nachrichten über Embra und Port Soles."

[Tjeika]

Eskya
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

Eskya ließ sich zu einem Lächeln hinreißen, das man auch aus ihren folgenden Worten gut heraushören konnte.
"Ich bin stets sehr gut informiert."
Eine Sekunde ließ sie diese Worte sacken, dann nahm sie sich der Frage Aceios an, die durchaus berechtigt war.
"Sagen wir, Eure Widersacher haben keinen Augenblick ungenutzt verstreichen lassen, in dem Ihr nicht hier in Port Soles wart."
Das war höflich formuliert. Besonders die extremen Kräfte, und zwar aus beiden Lagern, hatten während seiner Abwesenheit deutlich an Einfluss gewonnen. Wie hätten sie sich die Gelegenheit auch entgehen lassen können?
"Es gibt Leute in dieser Stadt, die Eure Rückkehr herbeigesehnt haben. Allerdings von Tag zu Tag weniger. Es wird Zeit, Eure Anliegen mit aller Deutlichkeit zu vertreten."

[Cassiopeia]

Aceio
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

Aceio verstand die Warnung hinter ihren Worten durchaus.
"Wie erlangte ich die Ehre Eurer Loyalität?", fragte er und nahm eine Löffel warmer Suppe, die etwas wässrig schmeckte, aber gut tat.
"Euren Worten nach habt Ihr einen guten Überblick über die Situation. Wie kann ich Euch vertrauen?"

[Tjeika]

Eskya
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Nachmittag

Eskya zögerte etwas und ließ dies Aceio durch kleine Gesten durchaus wissen.
"Sagen wir, Eure Interessen überschneiden sich mit den Meinen", erklärte sie vage.
Immerhin hatte er ja öffentlich recht deutlich gemacht, was er sich für die Zukunft dieses Landes vorstellte.
"Und solange das so ist, könnt Ihr Euch meiner Loyalität gewiss sein", versprach sie.
Die Einschränkung hingegen musste sein.
"Vielleicht überzeugt Ihr Euch davon mit der Zeit."
Mehr konnte sie im Augenblick ja auch nicht tun.