3. Bélan-Inseln

[Cassiopeia]

Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht

"Hier an den Felsen wächst es reichlich, ich denke, es ist ziemlich frisch", kommentierte Aceio das Seegras, "und unser Smutje kennt so ziemlich jede Zubereitungsart von allem, das man irgendwie essen kann. Eintöniges Essen ist das Schlimmste auf einer so langen Reise." Davon war er überzeugt.
"Wobei ich, zugegeben, ach überrascht bin. Ich hoffe, wir kommen dazu, hier Vorräte aufzufüllen. Sonst müssten wir dies entweder in Cyran oder Sombal machen und beides würde ich gern vermeiden."
Er schüttelte kurz den Kopf. "Darüber reden wir nicht heute Nacht. Wir haben großes vollbracht, Eza und darauf können wir wahrlich stolz sein."

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht
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"Ich verstehe, du heuerst nur die Besten an", schlussfolgerte Eza lächelnd und kostete von dem Seegras und den Muscheln.
"Es schmeckt zumindest, als wäre es der Beste", urteilte sie anschließend.
Auch die Fleischreste schmeckten köstlich, die sie zu sich nahm, während Aceio sprach. Und die spülte sie anschließend erst hinunter, wobei sie sich auf die Seite legte und ihren Kopf mit der Hand abstützte.
"Sollten die Verträge zustande kommen, sehe ich keinen Grund, warum es uns verwehrt werden sollte, die Vorräte aufzufüllen", erwiderte sie noch, bevor Aceio diese Thematik auf einen späteren Zeitpunkt verschob, was sie mit einem Lächeln bedachte.
"Noch ist es nicht vollbracht. Ich bin erst endgültig erleichtert, wenn die Unterschriften auf den Schriftrollen getrocknet sind. Noch besteht die Gefahr, dass Ielia eingreift", seufzte sie.
Wobei sie den Namen der Witwe Nalahrs mit keinerlei Freude aussprach.

[Cassiopeia]

Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht

Aceios Miene wurde ernster als Eza die Verträge und Ielia ein einem Satz ansprach.
"Um ehrlich zu sein, rechne ich damit, dass sie es tut. Es hätte mich nicht gewundert, wäre sie gestern durch die Tür spaziert. Sie ist eine Blutmagierin und eine Nekromantin - und für tot erklärt worden. Jetzt ist sie zurück und ihre Rache wird sich nicht auf den Zweiten Herren beschränken, fürchte ich."
Es brachen neue Zeiten in Bélan an, das wusste auch Ielia sehr gut und würde sich nicht nehmen lassen, das Blatt zu ihren Gunsten zu wenden. "Und wir müssen dafür sorgen, dass die Verträge nicht unwirksam werden, ehe wir Port Soles wieder erreicht haben."
Was der Fall sein würde, wenn Ielia ihren vermeintlich vorbestimmten Platz einnahm.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht
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"Sie ist noch viel schlimmer", flüsterte Eskya düster auf die Tatsache, dass Ielia Blutmagierin und Nekromantin war, und war für einen Augenblick abwesend.
Schlimmer jedoch war, dass sie Eskya noch nie hatte etwas abgewinnen können. Kein Wunder, hatte sie diese doch stets als Konkurrenz empfunden: In jedweder Hinsicht.
Sie schüttelte den Kopf und die finsteren Gedanken vertrieb sie mit einem Schluck Wein und noch einen Happen von diesem köstlichen Seegras, das bei dieser Mahlzeit definitiv das Beste war.
"Das bedeutet, dass Ryorr an der Macht bleiben muss. Auf Ielias Wort ist kein Verlass, sie tut alles, um an die Macht zu kommen und diese auch zu halten."
Sie schüttelte erneut mit dem Kopf, ehe sie Aceio mit einem Lächeln bedachte.
"Entschuldige, ich sorge mich wohl zuviel."

[Cassiopeia]

Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht

"Du scheinst sie besser zu kennen als ich", sagte Aceio vorsichtig. Ihm war klar, dass er beiweitem nicht alles über Eza wusste, doch es machte plötzlich Sinn, dass sie genau gewusst hatte, wie sie sich als Frau an seiner Seite gegenüber Ryorr zu verhalten hatte: dieses Land und diese Herrscher waren ihr alles andere als fremd.
"Woher?" Eine einfache Frage ohne Anschuldigung in der Stimme. Ezas Bitterkeit war ihm nicht entgangen, als diese von Ielia sprach. Es musste eine gemeinsame Vergangenheit geben, die von viel Zorn geprägt war - oder Schlimmerem.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht
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Eza hatte damit gerechnet, dass irgendwann Rückfragen kamen. Dafür hatte sie sich zu sicher in diesen Gefilden bewegt. Und sie hatte auch die Gefahr, die von Ielia ausging nicht unausgesprochen lassen wollen. Dazu war sie zu real und eine Warnung mehr als angebracht.
"Ich bin mir nicht sicher, ob du das wirklich wissen willst. Genauso wenig ob es jetzt überhaupt noch relevant ist", antwortete sie nach einem Augenblick, den sie die Nachfrage hatte sacken lassen müssen.
Sie überließ es Aceio weiterzubohren oder es eben dabei zu belassen und ihren Worten Glauben zu schenken.
Was auch bedeutete, dass sie noch ein paar Augenblicke dazugewann, in denen sie sich zwischen Lüge - und wenn ja, welcher - oder Wahrheit, sei es nur zum Teil, entscheiden musste.

[Cassiopeia]

Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht

Aceio sah Eza lange an, abwägend, nachzufragen oder es ruhen zu lassen.
"Wenn du weißt, wer Ielia ist und was für eine Gefahr sie ist, wenn du mehr weißt als ich derzeit, dann wäre ich dir dankbar, wenn du es mit mir teilst", sagte er in einer Mischung aus Bitte und Anspannung.
"Ich weiß, dass Ielia eine Feuermagierin ist, die schließlich Nekromantin unter Nalahr wurde. Sie ist eine Unsterbliche, von den Göttern Erwählte, wie ich und einige andere. Und sie will Macht, will aus den Schatten Nalahrs treten. Wir hatten eine... Auseinandersetzung, Ielia und ich. Keine von uns beiden konnte den anderen besiegen." Soweit offenbarte er, was er über Ielia wusste. Abwartend sah er zu Eza. Was würde sie mit ihm teilen wollen?

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht
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Eza konnte den inneren Kampf Aceios nachgerade an seiner Nasenspitze ablesen. Sie biss sich auf die Unterlippe und richtete sich auf.
"Das ist alles richtig, was du sagst", erklärte sie ruhig.
Doch ein Teil von Aceios Erklärung war sogar für sie neu: Sie hatte bisher nicht gewusst, dass auch Ielia unsterblich wie Aceio war. Und das machte sie nur noch gefährlicher.
"Wenn du mir erzählst, was vorgefallen ist, könnte ich es vielleicht besser einordnen", bat sie zunächst.
Doch innerlich war sie sogar soweit vorbereitet, nach diesem Gespräch die Flucht anzutreten.
Bevor sie zu erzählen begann, atmete sie tief durch. Das zu erzählen fiel ihr nicht leicht.
"Vielleicht fange ich mit einem Teil an und du entscheidest danach, ob du den Rest auch wissen willst oder nicht", stellte sie ihn neuerlich vor die Wahl.
Denn zu erzählen, was sie über Ielia wusste, wurde schwierig, wenn sie ihre eigene Rolle in der Geschichte verbarg.
"Ich habe keine rühmliche Rolle gespielt. Vor der Schlacht, während der Schlacht", umschrieb sie es sehr diplomatisch, und beim Folgenden war ihr Blick weit in die Ferne ins Nichts gerichtet, "ich habe Fehler gemacht. Fehler, die ich sehr bedauere. Beispielsweise dass ich mich wie Ielia auch vor langer Zeit für den Weg der Blutmagie entschieden habe. Nalahr hat es jedes Mal gleich gemacht. Er hat die Schwächen junger Magier ausgemacht und sie gegen einen eingesetzt. Irgendwann ist man mürbe, man glaubt, Nalahrs Weg zu folgen sei die einzige Möglichkeit die Welt zu retten. Und dann kommt man nicht mehr raus. Jahrzehnte vergehen und es scheint nur noch diese eine Wahrheit zu geben. Er ist in deinem Kopf, stets präsent, weiß genau, was er sagen und tun muss, dass man tut, was er von einem will."
Das war nur die Spitze des Eisberges, aber es war schlimm genug. Das war ihr durchaus bewusst.
Und während sie erzählte fühlte es sich für Eskya an, als wäre Nalahr noch sehr nah und sehr präsent. Es schauderte sie.

[Cassiopeia]

Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht

Aceio sah Eza sprachlos und sehr nachdenklich an. Blutmagie war nicht per se verwerflich - er hatte einen Blutmagier mit auf das Schiff ins Dogan-Reich geschickt, zusammen mit Shaya, Toyan und Narea. Es war ein gewagtes Experiment gewesen, und es war anders ausgegangen als erwartet. Nicht der Jäger war gestorben, sondern der Blutmagier.
Doch das war nun unerheblich, denn viel wichtiger war, was Eza ihm hier offenbarte. Über sich und Nalahr, wie Aceio erstaunlich langsam begriff. Sie war Nalahr gefolgt. Darum kannte sie alles aus diesem Land. Vermutlich hatte sie auch Ryorr gekannt.
Er ließ die Hand sinken in der er Brot zum Mund hatte führen wollen, doch mit einem Mal war sein Hals unerwartet trocken.
"Sag, dass das nicht wahr ist." Doch er erkannte, dass es das sehr wohl war. Sie war eine Dienerin Nalahrs gewesen. Ihm schauderte bei der Vorstellung daran, was das bedeutet haben musste.
Sein ungegessenes Brot warf auf den Teller und erhob sich. Keine Sekunde länger konnte er an diesem Tisch sitzen.
Wütend und auch ein wenig verletzt sah er sie an.
"Wir liegen vor den Toren Bélans, dem Reich Nalahrs und Ielias, und du kommst jetzt auf die Idee, mir die Wahrheit über dich zu erzählen? Einen besseren Zeitpunkt hättest du dir nicht aussuchen können!" Seine Augen wirkten wie die aufgewühlte See, als er sie ansah.
"Jahrzehnte also? Du bist diesem Nekromanten Jahrzehntelang gefolgt und das wahrscheinlich bis vor die Tore von Port Soles?!"
Mit verschränkten Armen sah er sie an. Draußen klatschten erste aufgebrachte Wellen an die Außenwand des Schiffs, die von Aceios zorniger Magie aufgewühlt wurden.
"Eine falsche Bewegung und das Wasser holt dich schneller als du von diesem Schiff fliehen kannst", warnte er sie ernst und setzte sich wieder.
"Und jetzt erzähl mir alles."

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht
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Eskya beobachtete Aceio und folgte ihm mit den Augen durch den Raum.
Je mehr er erzählte, desto mehr begriff sie, dass es womöglich doch ein Fehler gewesen war, es mit der Wahrheit zu halten.
"Ich hätte es dir genauso gut nie erzählen können", flüsterte sie umso leiser krass im Gegensatz zu der Lautstärke von seinen vorgebrachten Worten sowie das ihm offenkundig auch in der Stimmung folgende Meer.
Er hatte natürlich jedes Recht wütend zu sein. Aber er musste eben genauso begreifen, dass es sie alles an Überwindung gekostet hatte - und unglaublich viel Vertrauen - ihm ihre Identität zu offenbaren.
"Es ist wahr. Jedes einzelne Wort", ergänzte sie genauso leise.
Es brachte nichts, ihre Aufgewühltheit nach außen zu tragen.
"Die Wahrheit?", meinte sie bitter lachend, während sie zu ihrem Kleid griff.
Sich anzuziehen würde mitnichten irgendeine falsche Bewegung sein. Dass auch das Meer sie nicht würde töten können, behielt sie für sich. Das war die allerletzte Fluchtoption. Es gab nur eine Art, ihr das Leben zu nehmen - und nach dem, wie Aceio sie gerade ansah, offenbarte sie ihm das besser nicht.
"Ich war... bin... war die Erste Herrin von Néhara, ich war Nalahrs engste Vertraute", antwortete sie sachlich und schnürte sich das Kleid zu.
"Ich habe überlebt. Ich wurde klar im Kopf, je länger Nalahr tot war. Je länger ich nicht mehr unter seinem Einfluss stand. Ob ich bereue, was ich getan habe? Ich wünschte, ich könnte von vorne anfangen und ihm das Herz aus der Brust reißen, als er mich von meiner Tochter getrennt hat, statt mit ihm zu gehen und ihm seine Lügen zu glauben!"
Die Sachlichkeit wich nach und nach der Trauer über das, was gewesen und nun unabänderlich war. Dennoch wurde sie mit keinem Wort laut.