Kapitel 1

[Tjeika]

==================================
Shaya Zarin
14. April 143. Jahr des Lichtes, Shaya
An Bord der Meria
==================================

"Beruhigter würde ich schlafen, wenn wir keinen Blutmagier mit auf unserer Reise hätten", mumelte Shaya und schloss für einen Augenblick zu Augen.
Es war tatsächlich so, dass sie mehr Angst vor einem der Ihren, im weitesten Sinne, hatte, als vor einem Jäger der Bruderschaft. Doch Blutmagier, ermahnte sie sich selbst in Gedanken, waren nicht wie sie. Sie waren grundlegen egoistisch und nur auf die eigenen Ziele bedacht. Und meistens hatten diese Ziele etwas mit Blut und der Anderswelt zu tun. Toyan konnte sie trauen, sie wusste, wie viel für ihn auf dem Spiel stand und hatte er sich nicht wirklich Mühe gegeben, als sie beide sich unterhalten hatten? Iyad hingegen war ... er jagte ihr Angst ein. Mehr als das.

[Ayrina]

==================================
Narea
14. April 143. Jahr des Lichtes, Nacht
An Bord der Meria
==================================

Narea war noch nicht bereit, Iyad für das zu verurteilen, was er war. Nur, weil sie es nicht verstand und es anders war, als alles, was sie kannte.
"Ich denke... auch Iyad hat eine Chance verdient. Wie wir alle. Immerhin ist er hier. Das muss doch etwas gutes bedeuten", beharrte sie und sah wieder zu Shaya, von der sie nicht viel mehr als verschwommene Schemen erkennen konnte.
"Was vor uns liegt, ist nicht einfach und ich denke, wir sollten zumindest versuchen uns zu vertrauen."

[Tjeika]

==================================
Shaya Zarin
14. April 143. Jahr des Lichtes, Nacht
An Bord der Meria
==================================

Shaya seufzte. Ihr Verstand sagte ihr, dass Narea damit durchaus nicht unrecht hatte. Doch ihr Herz sprach eine vollkommen andere Sprache.
"So sehr ich mich auch anstrenge, zu vergessen, was er ist", begann sie und seufzte erneut, ehe sie sich aufsetzte.
"Ich kann es nicht vergessen. Er ist ein Blutmagier und Blutmagier sind gefährlich. Ich kann das nicht einfach vergessen oder verdrängen. Es geht nicht. Und ich werde auch nicht dem Irrglauben erliegen, dass er einmal etwas für uns tun würde. Iyad ist ein Egoist. Er wird uns nur helfen, wenn es ihm von Vorteil sein wird. Soviel steht fest."

[Ayrina]

==================================
Narea
14. April 143. Jahr des Lichtes, Nacht
An Bord der Meria
==================================

Narea war nicht bereit, Iyad so zu verurteilen, wie Shaya es tat, auch wenn sie ihre Beweggründe mehr als gut verstand. Wäre ihre Mutter auf diese Weise umgekommen, hätte sie wohl genauso gefühlt. Doch so war all das nur ein großes Geheimnis für sie. Dunkel und vielleicht gefährlich, doch gerade deswegen nicht weniger reizvoll. Sie musste noch einmal mit Iyad sprechen.
"Ich kann Euch verstehen", sagte sie zu Shaya und lächelte leicht, auch wenn die Telepathin es nicht sehen konnte.
"Hätte ich das erlebt, was Ihr durchgemacht habt, würde ich wohl genauso denken."

[Tjeika]

==================================
Shaya Zarin
14. April 143. Jahr des Lichtes, Nacht
An Bord der Meria
==================================

"Tut das nicht", sprach sie mit zitternder Stimme.
Nur zu deutlich waren die Gedanken von Narea zu ihr durchgedrungen. Viel zu deutlich, als dass Shaya es einfach würde ignorieren können.
"Wenn ihr da einmal drin steckt, kommt ihr nie wieder heraus. Versteht Ihr? Nie wieder!"
Wieviele Warnungen musste die Telepathin denn noch aussprechen? Wie oft musste sie denn noch sagen, was alles geschehen würde, wenn sich Narea darauf einließe? Wie oft denn noch, ehe sie endlich verstand wie gefährlich das alles war? In Shaya stob die Panik hervor.

[Ayrina]

==================================
Narea
14. April 143. Jahr des Lichtes, Nacht
An Bord der Meria
==================================

Deutlich, für ihren Geschmack fast zu deutlich, spürte Narea Shayas Panik. Hatte die Telepathin wirklich so große Angst davor? Warum?
"Wieso?", fragte sie offen und richtete sich wieder ein wenig auf.
"Ich... kann einfach nicht glauben, dass es keinen Weg zurück geben soll. Dass man, nur weil man diesen... anderen Ort besucht, plötzlich zu einem anderen Menschen werden soll. Ich bin dann immer noch ich", erklärte sie und versuchte, Shayas Panik in sich niederzukämpfen.

[Tjeika]

==================================
Shaya Zarin
14. April 143. Jahr des Lichtes, Nacht
An Bord der Meria
==================================

Shaya seufzte. Sie hatte wahrlich Mühe, den Panikanfall unter Kontrolle zu bekommen.
"Narea, die Anderswelt macht süchtig. Wenn du einmal da gewesen bist, dann wünschst du dir nichts sehnlicher, als so schnell, wie nur möglich, wieder dorthin zurückkehren zu können. Alles andere verliert an Bedeutung", versuchte sie Narea deutlich zu machen, worauf sie in Begriff war, sich einzulassen.
Sie konnte es einfach nicht verstehen, wie man sich darauf nur freiwillig einlassen konnte. Es war ihr wahrlich ein Rätsel.

[Ayrina]

==================================
Narea
14. April 143. Jahr des Lichtes, Nacht
An Bord der Meria
==================================

Narea sah Shaya an und versuchte die Neugier zu unterdrücken, die durch Shayas Worte nur noch mehr angestachelt wurde. Sie hoffte, die Telepathin würde in diesem Moment nicht ihre Gedanken lesen, denn sie hätten sie mit Sicherheit verraten. Dennoch hinterließ Shayas Panik einen faden Beigeschmack und sie war sich nicht sicher, ob sie das Risiko wirklich eingehen wollte.
"Vielleicht hast du Recht", murmelte sie mit einer Mischung aus Resignation und Enttäuschung.

[Tjeika]

==================================
Shaya Zarin
14. April 143. Jahr des Lichtes, Nacht
An Bord der Meria
==================================

Shaya spürte nur allzu deutlich, dass dies nicht ihrer beider letzte Unterhaltung über dieses Thema gewesen war. Zu klar war Nareas Neugier, zu deutlich ihr Wunsch, noch mehr darüber zu erfahren. Sie hoffte nur, sie würde irgendwann ihre Warnung beherzigen.
"Ich weiß, dass ich Recht habe", sprach sie mit fester Stimme.
Heute würde sie eh nichts mehr ausrichten können, das wusste sie.
"Ich wünsche Euch eine gute Nacht."

[Richard]

==================================
Iyad al Aban
14. April 143. Jahr des Lichtes, Abend
An Bord der Meria
==================================

Die Meerluft hatte ihm gut getan auch wenn es an Bord dieses Schiffes nahezu unmöglich war sich wirklich zu entspannen. Ritualplätze hatte dieses Schiff keine, ebensowenig ungestörte Orte. Es wurde Zeit das sie in einen Landstrich kam in dem er sich ausleben konnte, diese künstlichen Einschränkungen hier waren alles andere als angenehm.
Und jetzt schien der Jäger auch noch Sprechbedarf zu haben. "Nein, wie könnte ich auch schlafen?" Antwortete er etwas verstimmter als er es beabsichtigt hatte.