Leinen Los! - Ableger

[Tjeika]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, Abend
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Kara seufzte, als sie den Blick eher widerwillig von der untergehenden Sonne, die sich in der ruhigen See widerspiegelte, abwandt, um nach unten zu blicken, wo Andres stand.
"Was sagtest du?", rief sie nach unten.
Sie hasste es, wenn er sie unterbrach. Gerade, wenn sie hier oben war. Immerhin war dies hier ihr Rückzugsort.
"Ich hasse es, wenn er das tut", sprach sie leise an John gewandt, ohne den Blick von Andres abzuwenden.

[Ayrina]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, Abend
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John seufzte und deutete zu dem Mann auf Deck.
"Ich vermute, er hasst es auch, wenn du das hier tust", mutmaßte er und fragte sich, ob er sich mit der Mastkletterei gerade seinen Posten auf dem Schiff verspielt hatte. Er hoffte, dass es nicht soweit kommen würde.
"Ich denke, ich sollte wieder nach unten", sagte er ein wenig widerwillig.

[Tjeika]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, Abend
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"Nein, du kannst bleiben, immerhin hast du Freizeit bis Mitternacht. Er meint mich", sagte sie an John gewandt und blickte ihn kurz entschuldigend an.
"Bis später dann", sagte sie seufzend und kletterte schnell wieder nach unten.
"Was ist denn los?", fragte sie Andres.
"Was soll das da sein?", fragte er wütend und deutete auf die Fußspuren, die offensichtlich Karl und Thomas da hinterlassen hatten, nachdem sie nach oben geklettert waren.
"Fußspuren", sagte sie schulterzuckend, nachdem sie seinem Blick gefolgt war.
"Verstehst du das unter gründlicher Arbeit?", fauchte er sie an und Kara seufzte nur, ehe sie sich zum Eimer begab.

[Ayrina]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, Abend
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John hatte sich an den Rand des Ausgucks gelehnt und sah zu Kara und Andres hinunter. Er mochte den Mann nicht. Er war verbittert, unfreundlich und sein Gesicht sah aus, als wäre Lachen tatsächlich ein Fremdwort für ihn.
Noch einmal sah er auf das offene Meer hinaus, bis er sich dazu durchrang, ebenfalls wieder aufs Deck zurückzukehren. Er schnappte sich eines der Seile und ließ sich daran hinunter. Er überlegte kurz, ob er Kara nocheinmal helfen wollte, doch bevor er eine Entscheidung treffen konnte, wurde zum Essen gerufen. Sein Magen meldete sich lauthals. Lächelnd trat er zu Kara.
"Kommst du mit Essen oder isst du mit deinem Vater?", fragte er.

[Tjeika]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, Abend
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"Mein Vater und ich essen immer gemeinsam mit den Anderen", sagte sie und blickte überrascht auf.
Mit dem Rücken der Hand, die gerade den Lappen hielt, wischte sie sich eine Strähne aus dem Gesicht. Sie hätte nicht erwartet, dass John sie fragen würde, gemeinsam zu essen. Es war verwirrend, weil es noch niemals jemand getan hatte. Vielleicht hatten sie Angst vor ihr, war sie doch die Tochter des Kapitäns. Oder aber sie mochten sie nicht, weil sie die Tochter des Kapitäns war oder weil sie ein Mädchen war, wie im Falle von Karl und Thomas.
"Ich bin hier gleich fertig", sagte sie lächelnd und wischte die letzte Spur von Karl und Thomas vom Boden.

[Ayrina]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, Abend
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Kurz überlegte John, ob er ihr noch einmal seine Hilfe anbieten sollte, entschied sich dann aber dagegen. Sie war fast fertig und so trat er an die Reling und sah aufs Meer hinaus. Er freute sich darauf, wieder zur See zu fahren und war gespannt, wie Kharecha war. War er streng oder gutmütig? Gerecht oder unfair? Er hatte alles schon an Kapitänen erlebt und jedes Mal war es eine wenig wie Glücksspiel.
Als Kara fertig war, lächelte er sie an und ging mit ihr zum Essen. Auf dem Weg dorthin trafen sie auf Thomas und Karl und beide grinsten, als sie sie sahen.
"Na, bist du das neue Kindermädchen?", höhnte Karl und John hob eine Braue.
"Nun, man hat mir den Job angeboten, aber als ich euch dann gesehen habe, habe ich abgelehnt. Ich fürchte, ihr müsst euch jemand anderes suchen, der euch den Rotz von den Nasen wischt", antwortete er ruhig und ignorierte die beiden.

[Tjeika]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, Abend
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Kara grinste. John wurde ihr von Sekunde zu Sekunde sympathischer. Er begegnete den beiden Rotzlöffeln, Karl und Thomas genauso, wie sie ihnen begegnete. Meistens zumindest, wenn sie gerade an der Reihe war, den beiden einen üblen Streich zu spielen. Mehrmals schon hatte sie mit dem Gedanken gespielt, ihren Vater zu bitten, dass er sie doch von Bord werfen solle. Doch noch niemals hatte sie es getan, noch niemals hatte sie ihren Einfluss hier auf dem Schiff für eine solche Aktion geltend gemacht. Sicher, sie hatte ihr einige Privilegien, doch niemals solche mit solch weitreichenden Konsequenze, wie, dass jemand das Schiff verlassen musste.
Lächelnd setzte sich Kara an ihren Platz. Ihr Vater saß am Kopfende der wirklich langen Tafel. Ihr Platz war rechts neben ihm, zur Längsseite hin.

[Ayrina]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, Abend
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Als sie den Tisch erreichten zögerte John ein wenig. In den Mannschaften, die er bisher kennengelernt hatte, gab es eine genau geregelte Rangordnung. Der erte und zweite Maat saßen immer beim Kapitän.
Nun saß Kara ebenfalls dort. Er kam sich ein wenig dreist vor, sich als Neuling einfach neben sie und damit in die unmittelbare Nähe Kharechas zu setzen und so beschloss er, einfach abzuwarten, welcher Platz am Ende freibleiben würde.

[Tjeika]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, Abend
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Kara kaute schon an dem Stück Brot, welches sie in der Hand hielt, als sie bemerkte, dass John sich immer noch nicht gesetzt hatte.
Mit der freien Hand deutete sie auf den Stuhl neben sich, der noch frei war und auch frei bleiben würde. Immerhin war er gestern noch besetzt gewesen...
"Setz' dich", sagte sie kauend, während die anderen Männer wild durcheinander sprachen.
Kharecha war nicht so, wie andere Kapitäne, die auf Stille beim Essen wert legten. Im Gegenteil, er wollte, dass die Männer diese freie Zeit genossen, um sie weiter zu motivieren. Außerdem wusste Kara, dass er sich freute, auch am "gewöhnlichen" Mannschaftsleben ein wenig teilhaben zu können.
"Willi wird nicht wiederkommen", sagte sie weiter, als John sich immer noch nicht gesetzt hatte.

[Ayrina]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, Abend
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John sah kurz zu Kharecha, doch der schien kaum Notiz von ihm zu nehmen, sondern verfolgte ein Gespräch zwischen Andres und einem Mann, den John als Thies kennengelernt hatte. Also setzte er sich neben Kara und griff nach dem Brot.
"Willi?", fragte er und schluckte den Bissen herunter.
"Was ist mit ihm passiert? Hast du ihn gefressen?", fragte er grinsend.