3. Bélan-Inseln

[Cassiopeia]

Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht

"Warte", sagte er leise, als sie im Begriff war zu gehen. Er konnte sie nicht gehen lassen. Nicht jetzt. Nicht so.
"Du hättest mir das alles nicht erzählen müssen. Du hättest schon viel eher gehen können ohne die Wahrheit in all der Ausführlichkeit zu erklären." Das ließ nur wenige Schlüsse zu. Sie wollte wirklich, dass er ihre Wahrheit kannte.
"Du hast uns diesen Vertrag ermöglicht, du hast uns Bélan gebracht. Ohne Krieg, ohne Blutvergießen. Du hast den richtigen Moment abgewartet, dich dem richten Mann zu offenbaren - Ryorr - um zu verhandeln. Um es uns möglich zu machen zu verhandeln. Dafür gebührt dir jeder Dank, den ich ansatzweise in Worte fassen kann."
Er stieß sich ab und ging sehr langsam auf sie zu.
"Ich habe... nicht damit gerechnet, was mir soeben offenbart hast. Doch du hast es getan und ich werde es dir nicht vorhalten. Du hast mir deinen neuen Weg erklärt, für dich, für Choma, und ich glaube dir. Du warst aufrichtig und ich habe keinen Grund an deinen Worten zu zweifeln."
Er holte leise Luft. "Was ich eigentlich sagen will: geh nicht." Ihm war klar, er würde sie nie wieder sehen und den Gedanken allein konnte er kaum ertragen.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht
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Eza hatte die Hand bereits an die Türklinke gelegt, hielt dann aber in der Bewegung inne. Sie wartete und während Aceio sprach drehte sie sich langsam um und nahm die Hand von der Klinke.
Was er ihr sagte, überraschte sie. Damit hatte sie in der Tat nicht gerechnet. Sonst hätte sie keinerlei Anstalten gemacht zu gehen.
Es dauerte einige Momente, bis seine Worte gesackt waren. Hatte er sie gerade gebeten zu bleiben?
"Ich habe dich nicht gerne belogen", gab sie zu und ein kleines Lächeln lag auf ihren Lippen.
"Und, um ehrlich zu sein, zumindest mir geht es mit der Wahrheit besser."
Sie hatte ihn nie hintergehen wollen, geschweige denn belügen. Und sie war froh, dass das jetzt nicht mehr nötig war.
Als er schließlich vor ihr stand, sah sie ihm in die Augen.
"Vertraust du mir? Kannst du das? Nach all dem?"

[Cassiopeia]

Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht

"Ich möchte es", sagte er offen, "weil ich weiß, dass du ehrlich warst in jedem Wort. Dass du aus Schutz gelogen hast, nicht aus Bosheit. Dass du uns hier keine Falle gestellt hast, sondern uns hilfst, dass das Land nicht an Cyran oder Sombal fällt. Dass du mich eingeweiht hast und an mich glaubst."
Er trat noch einen weiteren Schritt vor. "Und weil ich weiß wie es ist, Fehler zu machen und zu bereuen. Eine Lüge zu leben als Schutz. Den Weg der Änderung zu wählen, der hart und alles andere als leicht ist."
Er streckte die Hand aus. "Der leichte Weg wäre, aus dieser Tür zu treten und zu verschwinden. Ich würde dich niemals finden, das weiß ich. Der harte Weg... wäre, hier zu bleiben. Nicht zu gehen. Mir und dem ganzen hier, was du mit erreicht hast, nicht den Rücken zu kehren."
Er sah sie abwartend an. Er würde sie nicht aufhalten, wenn sie ging. Es war allein ihre Entscheidung.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht
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Eskya schmunzelte, als sie Aceios Hand ergriff. Sie war zu jenem Zeitpunkt hauptsächlich erleichtert. Erleichtert, dass er sie nicht hinauswarf; erleichtert, dass er nicht versucht hatte, sie wegen dem, was sie getan hatte, zu töten.
"Du lässt mir ja praktisch gar keine Wahl", meinte sie und die Erleichterung schwang in jeder einzelnen Silbe mit.
"Du hättest mich gefunden", zwinkerte sie und mit einem Nicken deutete sie in die Richtung, in der die Kommode stand, "mit dem, was ich dorthinter versteckt habe."
Sie hätte über Aceios Schulter gesehen, aber er war viel zu groß, als dass das gegangen wäre, ohne mehr zu sehen, als die Decke.
"Lass uns den Wein austrinken", schlug sie daher vor, behielt seine Hand aber in ihrer.
Sie hatte sich schon vor langer Zeit entschieden. Sie war ihm nicht ohne Grund gefolgt. Wenn sie gegangen wäre, dann nur, weil er ihr nicht vertrauen konnte. Aber so gab es keinen Grund wegzurennen.

[Cassiopeia]

Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht

Aceio merkte selbst, wie etwas von der Anspannung der letzten Minuten von ihm abfiel. Sie blieb tatsächlich. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, wie wichtig es ihm war, dass sie blieb.
Wein?-- Ach, richtig. Der Wein. Die Szenerie im Zimmer erschien ihm mit einem Mal seltsam fremd: die zerwühlten Laken, das begonnene Essen. Dann war es plötzlich aus den Fugen geraten.
Er griff nach der Karaffe und schenkte ihnen beiden ein. Die Beklemmung war noch da, doch irgendwie würde die sicher vergehen, wenn sie beide nur fest genug daran glaubten.
Er reichte ihr den Kristallbecher und sah ihr beinahe vorsichtig in die Augen.
"Für mich", sagte er leise mit einem sehr vorsichtigen Lächeln, "bleibst du Eza."
Dieses Mal war das Lächeln echt.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht
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Eza nahm den Becher in die Hand und sah auf die samten rote Flüssigkeit darin. Dann lächelte auch sie, allerdings ohne aufzusehen.
"Eskya war ich in einem anderen Leben. Das ist lange vorbei", erzählte sie und setzte sich wieder auf die Bettkante, auf der sie zuvor bereits gesessen hatte.
"Ich habe nicht gelogen, als ich mich dir vorgestellt habe", meinte sie dann, sah auf und Aceio gleichfalls in die Augen und hob ihren Becher, damit sie erneut anstoßen konnten.
"Ich bin Eza. Eskya ist in Port Soles gestorben."
Beklemmung spürte Eskya nicht im Geringsten. Im Gegenteil, sie war einfach nur froh, dass die Scharade endlich ein Ende hatte.

[Cassiopeia]

Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht

"Dann bin ich froh, Eza kennen gelernt zu haben", erwiderte Aceio ehrlich. Von Eskya hätte er dies vermutlich nicht sagen können.
Er nahm einen Schluck Wein und lächelte leicht.
"Der Sonnenaufgang ist fast da. Was meinst du, sehen wir ihn uns gemeinsam an Deck an?" Ein kleines Friedensangebot.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht
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Auch Eza nahm einen Schluck Wein. Dann stellte sie das edle, im Kerzenlicht in vielen bunten Farben schimmernde Kristallglas zurück auf den Tisch, von dem sie sich noch ein wenig von dem Seegras und den Muscheln stibitzte.
"Sehr gerne", antwortete sie auf Aceios Frage, als sie beinahe schon damit begonnen hatte, ihren Mantel wieder abzulegen.
Aber bei der frischen Brise draußen an Deck war der trotz der Nähe zum Hafen wohl nötig. Sie stand auf und dabei glitt auch ihr Blick über die Szenerie, die diese Nacht recht gut zusammenfasste. Die zerwühlten Laken trieben ihr tatsächlich ein wenig dir Röte auf die Wangen, so dass sie sich schnell umdrehte und voran zur Tür ging, an der sie eben schon unter gänzlich anderen Vorzeichen gestanden hatte.

[Cassiopeia]

Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht

Aceio bemerkte Ezas Blick zu der Bettstatt sehrwohl und er lächelte leicht. Die Nacht hatte eine sehr unerwartete Wendung genommen - zwei Mal. Nun standen sie hier, es war ihm als seien sie nicht mehr dieselben wie zu Beginn des Nachtmahls. Und doch waren sie noch immer Aceio und Eza, die gemeinsam nach Bélan gekommen waren.
Draußen angekommen begrüßte sie eine fast unheimliche Stille. Wind und Wasser waren absolut ruhig, der Hafen vor ihnen war noch nicht erwacht, ebensowenig die Seevögel. Sie würden bald die ersten sein, die den Sonnenaufgang ankündigten, noch ehe der Himmel sein Schwarz verlor.
Er setzte sich mit Eza an den äußersten Winkel des Schiffs, den Blick nach Osten gerichtet.
Kurz darauf zeigten sich die ersten Andeutungen von Grau am Horizont, wo das Licht des neuen Tages erwachte und die Nacht vertrieb.
"Ein neuer Tag für Choma", flüsterte Aceio und sah zu Eza. Vielleicht konnte es ein guter neuer Tag für sie beide werden.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nacht
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Eza zog ihren Mantel ein wenig enger um die Schultern, als sie an Deck traten. Die spätwinterliche Nacht war kühl, aber keine Brise wehte. Nicht mal kleinste Wellen brachen sich am Schiff. Das Licht des Mondes spiegelte sich im Meer, das nur wenige Zentimeter unter selbigem am Horizont zu sehen war und zusammen erhellten sie diese späte Nacht. Diese Stille und Ruhe und der beinahe freundliche Empfang für sie beide hier draußen brachten sie zum Lächeln.
"Es wird ein guter Tag", ergänzte Eza leise ihrem Gefühl folgend und mit einem Lächeln.
Sie atmete tief durch und die kalte Luft schien ihre Gedanken zu klären.
Der Mond machte den ersten Sonnenstrahlausläufern Platz.
"Schläfst du eigentlich?", fragte sie da einem Impuls folgend und musste selbst über ihre Frage lachen.
Immerhin hatten sie die vergangene Nacht nicht geschlafen und heute würde sicherlich ein ebenso anstrengender Tag werden.