3. Bélan-Inseln

[Cassiopeia]

Aceio
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts


Sie hatten den Winter des Festlandes weit hinter sich gelassen. Hier, weit im Westen, umgeben von stürmischer See, gab es keinen Schnee und kein Eis. Es gab windigere und weniger windigere Jahreszeiten. Mehr nicht.
Aceio liebte den Wind, wie er das Meer aufbrauste und die Wellen als Brandung gegen die Klippen schickte. Er spürte die Energie und Kraft, unbändig und frei.
Eine Flotte aus blauen Schiffen lag im Hafen von Néhara - jenen Hafen, den er vor nicht allzulanger Zeit mit Brianna verlassen hatte, kurz vor der Ankunft der Streitmächte aus Cyran.
Der Herrscher Cyrans hatte offenbar seine Absichten umgesetzt: über dem Hafentor wehte die blaue Fahne des Inselstaates, der ungleich mächtiger war als das kleine, vergessene Bélan-Reich.
Er trat an die Reling zu Eza an die Reling und blickte auf die Hafenstadt.
"Wir haben es geschafft. Und doch wird es schwer werden, hinein zu kommen. Ich hatte nicht mit einer solchen... Belagerung gerechnet", gab er zu.
"Du hast gesagt, du kennst die Inseln recht gut. Kennst du zufällig auch den König von Cyran ebenso gut?", fragte er halb schmunzelnd. Wahr war jedoch, dass sie Verhandlungsgeschick brauchen würden um in den Hafen gelassen zu werden.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag
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Der Blick Eskyas war fest auf die blauen Fahnen, die nicht nur über dem Hafentor wehten, sondern auch an zahllosen Belagerungsschiffen, die hier vor Anker lagen.
"Nein, den König kenne ich nicht", antwortete Eskya ernst, kam aber anschließend um ein Schmunzeln nicht herum, als sie sich Aceio zuwandte.
Die Wochen auf See hatten viele Erinnerungen geweckt. Schöne und schreckliche Erinnerungen gleichermaßen. Die friedliche Zeit, die sie mit Nyath und ihrer über alles geliebten Tochter hatte verbringen können, war dank Nalahr viel zu kurz gewesen. Und dann war sie es gewesen, die Verrat geübt hatte. Ein Stachel im Fleisch der Blutmagierin. Eine Erkenntnis, die sie viel zu lange nicht hatte zulassen können.
Doch jetzt würde alles anders. Sie würde beweisen, dass sie zu Gutem fähig war - und damit zu Nyath und Shaya zurückkehren.
Deswegen war sie hier. Nichts anderes zählte mehr. Sie wollte zurück, was ihr genommen worden war.
"Aber ich denke, es gibt einen Weg hinein", deutete sie vage an und kehrte gedanklich wieder ins Hier und Jetzt zurück.
"Lasst mich alleine voran gehen, ich gebe Euch ein Zeichen, wenn Ihr gefahrlos folgen könnt."
Sie gedachte das, was ihr von Nalahr geblieben war, ihre Fähigkeiten, für Gutes einzusetzen. Ein Entschluss, der erst auf der Zeit auf See gereift war.

[Cassiopeia]

Aceio
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts

Aceio runzelte etwas die Stirn.
"Die Stadt ist unter Belagerung und ich bin mir sicher, dass der Zweite Herr Néharas, Ryorr, nicht mehr an der Macht ist. Vielleicht nicht einmal Ielia Aone - oder noch nicht", überlegte er halblaut. "Vermutlich hat sich König Aoan von Cyran selbst auf den Thron verholfen." Das war jedenfalls nicht unwahrscheinlich. Er erinnerte sich an Ielia, ihren Kampf und die Erkenntnis, dass sie beide das gleiche Schicksal der Unsterblichkeit teilten - dass sie beide Hüter Brihás waren. Um Bélan zu Brihá zurück zu führen, musste Ielia die Krone erlangen.
Er musterte Eza einen Augenblick, als könne er ihre Gedanken erraten, und sah dann wieder zu den Schiffen im Hafen, die jeden Zugang versperrten.
"Was hast du vor?", fragte er und sah wiederum zurück zu Eza. Hier stand viel auf dem Spiel: er hatte einen offenen Handel mit Ielia ausgemacht; nicht mit dem König von Cyran. Der würde ihn sicher nicht mit offenen Armen empfangen. Und die Händler, die Aceio bis hier her gefolgt waren, wurden ungeduldig.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag
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"Von der Politik verstehe ich nichts", log Eskya recht überzeugend, während sie Aceio von der Seite her betrachtete.
"Aber Ihr seid kein Freund des Königs, sehe ich das richtig?", fragte sie nach, wartete die Antwort aber nicht weiter ab, sondern beantwortete dafür die Frage, die er gestellt hatte.
"Also bringe ich uns ungesehen in die Stadt und erledige, was erledigt werden muss", deutete sie lediglich an, dass sie durchaus in Betracht zog, die ein oder andere Figur auf dem Schachbrett aus dem Weg zu räumen.
"Wenn wir erst einmal in der Stadt sind, können wir unauffällig herausfinden, wer hier das Sagen hat und wie es um potentielle Verbündete steht, so diese noch am Leben sind."

[Cassiopeia]

Aceio
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts

Aceio machte eine Bewegung, die einem halben Kopfschütteln nahekam.
"Aoan ist ein Mann des Geldes. Cyran ist sehr reich, hat einen hohen Bildungsstand und kümmert sich nicht um Magier oder Sine. Wenn wir ihn aus dem Weg räumen, räumen wir den einzigen möglichen Verbündeten aus dem Weg, den es zwischen Port Soles und Bélan geben mag."
Dieses Mal wurde es ein richtiges Kopfschütteln.
"Aoan muss leben. Ielia ebenfalls. Der Rest ist mir egal", stellte er klar und sah zu Eza. Sie war eine schöne Frau und schien ihre Jugend nie verloren zu haben. Das wirkte auf viele Männer anziehend.
"Sofern du nicht selbst die Krone von Cyran ergreifen willst, lass ihn leben. Wir brauchen ihn. Noch."
Alles andere war ihm egal. Er brauchte lediglich einen Zugang zum Hafen und gute Kontakte zu den Besatzern aus Cyran.
"Wir sind keine Politiker, nur einfache Händler. Aoan wird in uns keine Gefahr sehen. Wenn wir das für uns nutzen, gehört Bélan uns."

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag
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Eskya zögerte einen Moment, dann rang sie sich zu einem Nicken durch.
"Dann soll Aoan leben", stimmte sie schließlich zu, auch wenn sie nicht sonderlich glücklich damit schien.
"Ich kann genauso gut dafür sorgen, dass er uns wohlgesonnen ist. Meine Talente sind vielfältig", lächelte sie dann, auch wenn sie es anders meinte, als es womöglich ankam.
Was ihr sehr recht war. Von ihrer Magie musste niemand erfahren.
Erst hatte es gewirkt, dass Aceio einen Zugang zu den Inseln brauchte. Doch jetzt klang er, als wäre das kein Problem. Sie würde warten, was er dazu noch zu sagen hatte.

[Cassiopeia]

Aceio
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts

Dieses Mal nickte Aceio langsam.
"Also gut. Dann verlasse ich mich auf dich. Bringe Aoan auf unsere Seite und uns in den Hafen."
Es war keine Kleinigkeit und es war ein Risiko, ihr diese Aufgabe zu überlassen. Doch er hatte keinerlei Zweifel an ihrem können und Erfolg - etwas, dass ihn selbst beinahe erstaunte. Es war, als sei er ebenso sicher wie sie in dieser Angelegenheit.
"Soll ich dir ein Beiboot herunter lassen?", bot er dann an. Er selbst besaß andere Wege an Land zu gelangen, doch er konnte sie kaum mit durch das Wasser nehmen. Oder darüber tragen vor den Augen eines ganzen Hafens.

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag
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"Ihr könnt Euch auf mich verlassen", versicherte sie Aceio und klang so überzeugt davon, das zu erreichen, weil sie wirklich überzeugt davon war.
Niemand erwartete bei jemandem wie sie auf einen Blutmagier zu treffen. Und sie gedachte ihre Fähigkeiten für diese in ihren Augen gute Sache einzusetzen.
"Geht hier vor Anker. Noch sind Eure Schiffe außerhalb der Reichweite der üblichen Waffen. Ich bin alleine unauffälliger und sorge für Eure sichere Ankunft. Ihr werdet merken, wenn es sicher für Euch ist, in den Hafen einzulaufen."
Sie schenkte Aceio ein zuversichtliches Lächeln.
"Gebt mir einen Mann mit, den Ihr derweil entbehren könnt."
Den würde er nicht wiedersehen, aber sie brauchte das, was in seinen Adern floss.

[Cassiopeia]

Aceio
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts

Aceio sah sie eine Weile an und die Muskeln seiner Kiefer traten hervor. In ihren Augen sah er nicht den kleinsten Zweifel. Wenn das hier schief ging, war es sein Untergang aller seiner Pläne, die er über die Jahrzehnte geschmiedet und Schrittweise umgesetzt hatte.
Schließlich nickte er.
"Es liegt allein in deiner Hand", sagte er leise und sah ihr noch einmal in die Augen, ehe er seine Schultern straffte, von der Reling weg trat und entsprechende Befehle gab.
"Louwen, komm zu mir", wandte er sich an einen Mann, der schon genug Winter gesehen hatte in seinem Leben. Er würde den nächsten vermutlich nicht mehr erleben.
"Du begleitest die Dame an Land und hältst dich an ihre Worte. Beschütze sie mit deinem Leben, wenn es sein muss."

[Tjeika]

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Eskya "Eza" Zarin
Vor den Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Nachmittag
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"Jawohl, Herr", bestätigte der alte Mann und machte sich daran, Eza zu folgen.
Sie fasste im Vorbeigehen an Aceios Schulter und lächelte genauso zuversichtlich. Dann trat sie zu einem der Beiboote.
"Macht es fertig", befahl sie.
Immerhin, die Männer hier an Bord hatten schon recht schnell nach Aufbruch gemerkt, dass sie Aceios Vertraute war und sehr schnell gelernt, dass es ratsam war, sich an ihre Anweisungen zu halten. Und so hielten es die Männer auch hier, die sich schnell an die Arbeit machten.
Sie tastete an ihren Gürtel, aber ihre Athame trug sie stets bei sich und so war sie auch jetzt in der Scheide verborgen unter ihrem langen Gewand.