Waldhain - überall sonst in der Stadt

[Odin]

Laetitia

"Wenn wir keinen Lärm machen, kommen wir unbemerkt daran vorbei", sagte Laetitia, als sie sich die Frau mit dem Kind ansah. "Zum Glück sind wir klein genug, um den Kinderwagen als Sichtschutz zu verwenden."

[silverbullet]

Mrs Murphy

Mrs Murphy sah ihre Begleiterin kurz skeptisch an, dann rannte sie unvermittelt auf die Brücke zu. Sie hielt sich in der Mitte, möglichst weit weg von dem löchrigen Geländer und dem Wasser, dann hielt sie mitten im Lauf an und sah sich mit weit aufgerissenen Augen um. Die Ohren angelegt, ein Vorderbein in der Höhe, das Hinterteil etwas niedriger gehalten, der Schwanz peitschte hin und her. Was tue ich eigentlich gerade?, fragte sie sich und zischte Laetitia zu: "Beeilung bitte!"
Dann rannte sie geduckt weiter und atmete hektisch. Dass diese Brücke für sie so einen Stress bedeuten würde, hätte sie nicht gedacht!

[Erzähler]

Auf beiden Brücken hatten die Vierbeiner Pech: In beiden Fällen kam ein Fahrrad angefahren, als sie gerade ziemlich in der Mitte der Brücke waren. Bei Paulchen kam es von vorne, bei den Katzen von hinten. Beide Fahrräder waren nicht übermäßig schnell, da sie von Rentnern angetrieben wurden, und beide hielten sich zunächst in der Mitte der Brücke, aber bei den Katzen musste das Rad freilich dem Kinderwagen ausweichen, hier wurde es eng.

[Spikor]

Paulchen

Der Kater beschloss in einem Sekundenbruchteil, sich ganz nahe an das Geländer zu zwängen - sicherlich würde der Opa, selbst wenn er ihn nicht sehen sollte, nicht so nah an die Blumenkästen fahren, oder? Dort, am Geländer, lief Paulchen dem Rad weiter entgegen und versuchte, es so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.

[Odin]

Laetitia

Als Laetitia das Fahrrad hörte, schwenkte sie näher an den Kinderwagen ran, bis sie neben den Rädern war.

"Warte mal", meinte sie zu Mrs. Murphy. "Warten wir hier, bis der Radfahrer vorbei ist. Dann aber Attacke."

[silverbullet]

Mrs Murphy

Mrs Murphy folgte Laetitia mit weit aufgerissenen Augen und hatte ihre Nervosität nur schwer unter Kontrolle. Außerdem waren sie nun recht nah am Geländer und damit hatte nicht nur die Katze ein Problem, sondern auch Martina.

[Erzähler]

Alle kamen gut an den Fahrrädern vorbei - Paulchen war sich nicht einmal sicher, ob der Radfahrer ihn überhaupt gesehen hatte. Die Katzen waren hinter/unter dem Kinderwagen sowieso jeglicher Aufmerksamkeit entkommen. Bald war der Fluss überquert und sie setzten ihre Reise über die Kieswege des Parks noch für einige 100m fort, bevor der Straßenlärm wieder eine größere Verkehrsroute ankündigte. Auch diese galt es zu überqueren, worin alle aber inzwischen schon Routine hatten. Das anschließende Viertel zu durchqueren kostete zwar einige Zeit, stellte aber keine weitere Herausforderung dar. Schließlich stiegen sie den Hügel hinauf, auf dem die Siedlung stand, an deren entferntesten Ende das Haus des Dr. Feld liegen sollte. Die Katzen hatten immer noch ca. 15-20min Vorsprung vor Paulchen.

Sie strichen durch immer gleich aussehende Straßen, an deren Seiten zuerst größere Miezhäuser ( ) aus den 50er Jahren standen, und kamen schließlich, schon ziemlich oben auf dem Berg, in eine Gegend mit 70er-Jahre Einfamilienhäusern. Noch 1-2km (vielleicht auch weniger, soooo genau wussten sie das jetzt auch nicht im Kopf), dann sollten sie da sein. Inzwischen war es früher Nachmittag, so gegen 14 Uhr. In der Siedlung war nicht viel los. Wer berufstätig war, war meist noch auf Arbeit, und die Senioren hielten Mittagsruhe. Kinder kamen von der Schule, solange sie keinen Nachmittagsunterricht hatten, aber das waren immer nur kleine Gruppen oder einzelne Exemplare, die auf ihre Handys starrten oder mit Kopfhörern auf/in den Ohren stur geradeaus starrend ihres Weges gingen.

[Spikor]

Paulchen

Der Kater ärgerte sich, da es ihm nicht gelungen war, die Katzen zu überholen (außer, sie wären völlig vom Weg abgekommen, aber auch wenn er das im Stillen hoffte, war er doch realistisch genug, das für unwarscheinlich zu halten). Deshalb begann er, sich eine Geschichte zurecht zu legen, die seine Verspätung erklären würde. Er könnte zum Beispiel sagen, dass er von einem Hund auf einen Baum gejagt worden war (was ja stimmte), und die Zeit dort etwas übertreiben. Oder er könnte sagen, dass er sich aus Bequemlichkeit länger als nötig beim Organisieren eines Mittagessens aufgehalten hatte (was auch stimmte). Oder er könnte sagen, dass er von einem Kind gestreichelt worden war (was nicht stimmte). Oder... nun, erstmal sehen, ob die Katzen wirklich schon dort waren. Jedenfalls beschloss er, dass es keinen Sinn hatte, jetzt noch mit dem Rennen anzufangen. Er würde sie doch nicht einholen und nur erschöpft und außer Puste ankommen - wie sähe das denn aus?

[Odin]

Laetitia

Laetitia atmete durch. Sie hatte nicht gedacht, das Waldheim doch so groß war. Selbst wenn sie jetzt sofort wieder zurückgehen sollten, würden sie es nicht mehr schaffen, heute noch anzukommen.

"Puh, wir haben es fast geschafft. Bis zum Doktor ist es nicht mehr weit."

[silverbullet]

Mrs Murphy

Die große Main Coon hatte es inzwischen aufgegeben, sich umzudrehen und nach Paulchen Ausschau zu halten. Entweder, der Kater kam irgendwann nach oder eben nicht. Der ganze Weg und die unerwarteten Zwischenfälle hatten ihr gezeigt, dass es Wichtigeres gab als die Schmollattacken ihres Begleiters.
"Wird auch Zeit", sagte sie zu Laetitia, "das Laufen auf Steinen und Asphalt ist wesentlich anstrengender als Waldboden oder Wiesen. Ich hätte nie gedacht, wie unangenehm das für Katzen sein kann."