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Ort: in britischen Gewässern
Zeit: früher Morgen

Nekeles Nacht war kurz gewesen. Immer wieder war sie erwacht. Entweder weil sie schlecht geträumt hatte oder weil sie dachte, jemand steht an ihrem Bett. Da sie nun wieder wach war, entschied sie sich aufzustehen, immerhin hatte sie einen Befehl auszuführen.
Sie nahm den Verband von ihrem Bauch. Die Wunde hatte weiterhin genäßt. Sie nahm ein frisches Tuch und legte es über die Wunde und verband sie wieder. Dann zog sie sich langsam an und ging an Deck. Sie sah Jens am Steuer, aber sonst niemanden.
Sie ließ einen Eimer an der Schnur herab und zog ihn wieder hoch, holte sich eine Bürste und ging zum Bug. Kurz blieb sie dort stehen. Der Wind strich ihr durchs Haar und kühlte ihren Kopf. Dann machte sie sich daran, dass Deck zu schrubben.

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Kara
Britische Gewässer
Früher Morgen
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Karas Herz pochte wild, als sie schließlich erwachte. Sie hatte wieder einen dieser Träume gehabt. Es war wieder einer dieser Träume gewesen, bei denen sie den Piratenjägern in die Hände fiel. Es gehörte zu ihren größten Ängsten, ihnen in die Hände zu fallen. Sie hatte keine Angst vor dem Tod, nein. Sie wurde auch nicht umgebracht in ihren Träumen. Sie hatte viel größere Angst vor Zwangsarbeit. Solche Zwangsarbeiten, wie sie es Gerüchteweise auf dem Schiff des britischen Piratenjägers Misson, üblich waren. Sie hatte Angst davor, eines Tages dazu gezwungen zu werden, ihre eigenen Leute zu jagen.
Seufzend wischte sie sich den Schweiß von der Stirn und stand auf.
Erst jetzt bemerkte sie, dass ihr Vater sie von dem Stuhl am Tisch aus besorgt anblickte.
"Das wird nicht passieren und wenn ich mein Leben geben muss", sprach er leise und ernst.
Und Kara glaubte es ihm... Er wusste von ihren Träumen, seit sie ihm einmal in einer besonders schlimmen Nacht im Alter von 19 Jahren davon erzählt hatte. Und damals war er der einzige gewesen, dem sie vertraut hatte. Heute war es nicht groß anders, nur dass sie eben noch zusätzlich den Leuten vertraute, denen auch ihr Vater vertraute.
"Wann ist es etwa soweit?", fragte sie ihn, nachdem Kara noch ein paar Mal tief durchgeatmet hatte.
"Etwa zur Mittagsstunde kreuzen sich unsere Wege", sagte er und ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen.

Britische Gewässer
Früher Morgen

"Was wird das, wenn du fertig bist?" Thies hatte sich vor Nekele gestellt.
"Ein sauberes Deck!" erwiderte Nekele ohne hoch zu sehen. "Das kann jemand anderes machen, dass ist keine Arbeit für deine Verletzung!"
Vorsichtig richtete sich Nekele auf. "Natürlich KANN das jemand anderes machen, ich KANN es aber auch. Und es ist ein Befehl des Kapitäns! Und wenn wir heute auf das Schiff treffen, fragt auch keiner danach, ob ich das kann oder nicht."
Thies blickte grimmig: "Weiber, wollen immer das letzte Wort haben!" dabei ging er von Nekele weg. Diese grinste. Das war ja einfach.

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Kara
Britische Gewässer
Früher Morgen
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Gemeinsam mit ihrem Vater betrat Kara das Deck. Die Männer hatten alle erwartungsvolle Blicke aufgesetzt. Eine gewisse Spannung lag in der Luft und allen war klar, dass entweder heute eine Menge gewonnen, oder aber eine Menge verloren gehen konnte. Kara setzte auf Ersteres. Man musste auf See einfach immer positiv denken, sonst überlebte man nicht.
Kara warf einem jeden von ihnen ein aufmunterndes Lächeln zu. Die Spannung war fast schon mit den Händen zu greifen. Sicherlich, jeder ging seiner Arbeit gewissenhaft nach, doch die Stille, diese alles bedrückende Stille war es, die diesen Nebel der Spannung erschuf.
"Männer", rief ihr Vater und alle blickten zu Kharecha, wie er erhaben an Bug des Deckes auf seine Mannschaft blickte.

Britische Gewässer
Früher Morgen

Immer mehr Männer betraten das Deck. Die Hälfte hatte Nekele immerhin geschafft, jetzt machte es keinen Sinn mehr, weiter zumachen.
Der Kapitän und Kara betraten das Deck, augenblicklich wurde es ruhig. In Nekele kribbelte es. Endlich war der Tag angebrochen und man merkte sofort, dass es ein besonderer Tag war. Es herrschte eine gewisse Stimmung und Spannung, die es an "normalen" Seetagen nicht gab.
Als der Kapitän seine Stimme erhob, drängte sich Nekele nach vorne. "Männer" der Kapitän ließ seinen Blick über die Mannschaft schweifen. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht "und Frauen natürlich!" die Männer rund um Nekele lachten, doch nicht lange. Als Kharecha wieder zum Sprechen ansetzte, schwiegen die Männer.

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Kara
Britische Gewässer
Früher Morgen
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Kara stand unten bei dem Rest der Mannschaft und blickte zu Kharecha hinauf, der nach seiner letzten Bemerkung ein leichtes Schmunzeln auf den Lippen trug - wie all die Männer hier unten auch.
"Heute ist ein besonderer Tag, denn heute werden wir wieder einen Sieg davon tragen", rief er und die Menge johlte laut, wie auch Kara es tat.
Kharecha hob beschwichtigend die Hände.
"Heute Abend werden wir alle reichen Männer sein - oder wir werden tote Männer sein", sprach er laut weiter und wieder johlte die Menge.
"Ich persönlich bevorzuge ja die Bezeichnug 'Reicher Mann'", rief er lachend und die Männer und Frauen an Deck lachten mit ihm.
"Lasst es uns angehen!"

Britische Gewässer
Früher Morgen

Auch Nekele hatte bei den Worten von Kharecha gejubelt. Sie freute sich. Sie war glücklich, die Schmerzen und Erlebnisse der letzten Tage waren vergessen. Doch das schönste war, sie fühlte sich als gleichwertiges Mitglied dieser Mannschaft. Nicht als ein Anhängsel, grinsend drehte sie sich um und blickte zu Kara "Endlich gehts los!" sagte Nekele freudestrahlend zu ihr.

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Kara
Britische Gewässer
Morgen
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Kara konnte nicht anders, sie musste einfach lachen. Und so klopfte sie Nekele und dann einigen anderen Männern glücklich auf die Schulter, ehe sie sich an das Steuer begab und jeder allmählich mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck, voller Vorfreude an seine Arbeit machte.
Lange würde es nicht mehr dauern, dann würden sie endlich dem Alltag ein wenig entfliehen können. Sie würden etwas bewegen - wenn auch etwas, was einige nicht besonders fein fanden. Aber sie würden etwas bewegen. Und Kara freute sich darauf, so, wie sie sich immer darauf freute.

Britische Gewässer
Mittag

Die Nervosität stieg. Alles war vorbereitet. Alle späten in die Ferne, ob irgendwo das Schiff zu sehen war. Auch Nekele war nun äußerstert angespannt. Ihren Dolch trug sie wieder bei sich, ihre Haare hatte sie fest zusammengebunden und unter einem Kopftuch verborgen. Sie beobachtete die Männer, wie sie sich verhielten, was sie taten. Sie wollte lernen, wollte wissen, was jeder einzelne zu tun pflegte.
Plötzlich rief einer der Männer "Schiff voraus!"

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Kara
Britische Gewässer
Morgen
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"Schiff voraus", schrie Jens.
Nun war es also soweit. Es würde beginnen. Kara blickte nach vorne, bekam ein breites Grinsen und lenkte nach einer Handbewegung ihres Vaters ein. Fiete ließ die dänische Fahne, die sie für diese Reise angelegt hatten, herunter und zog die schwarze hinauf.
Sie kamen immer näher, auf dem anderen Schiff begann die Hektik. Die Leinen wurden noch einmal festgezurrt, die Seile an den Masten befestigt. Kharecha selbst verteilte mit Thies die Waffen. Karas Herz schlug immer schneller.
Sie suchte Nekele in der Masse, die nahe ihrem Vater und Thies stand und nun ebenfalls bewaffnet war. Kara nickte ihr zu, mit einem breiten Lächeln auf den Lippen.