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Auf See, 06. 04. 1530

Verfasst: Di 13. Okt 2009, 21:21
von Greyback
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Ort: Auf See, etwa eine Seemeile nach Travemünde
Zeit: Später Nachmittag
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Alles hatte hervorragend geklappt. Sie trafen sich Mittags im Hafen, machten in Windeseile die benötigten Erledigungen und legten ab. Und nun hatten sie die letzte Hürde hinter sich gelassen und segelten auf dem offenen Meer. Linnea machte sich gut, das musste er zuegeben. Sie war eifrig und sichtbar froh, ihrem Leben als Hofdame eine zeitlang entkommen zu sein. Etwas tollpatschig, aber lernwillig band sie nun schon einfache Knoten beherrschte die Grundlagen der Navigation. Für wenige Stunden eine beachtliche Leistung. Eine beachtliche Frau. Humbert grinste gedankenverloren, als er einige Stunden zurückdachte.

Re: Auf See, 06. 04. 1530

Verfasst: Di 13. Okt 2009, 21:29
von Tjeika
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Ort: Auf See, etwa eine Seemeile nach Travemünde
Zeit: Später Nachmittag
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Es war wirklich herrlich hier auf See. Vor allen Dingen war es so anders, als ihre letzte Schiffsreise - die auch ihre erste gewesen war. Dort war sie nur die adlige Passagierin gewesen, der man am besten aus dem Weg gegangen war, wohl, weil ihre Familie so viel Einfluss hatte. Doch nun, nun war sie selbst für einige Dinge hier verantwortlich.
Sie waren nun schon einige Stunden auf See. Gleich am Morgen hatte Linnea einen Brief an ihren Gemahl, der noch nicht wieder von seiner Tagung zurückgekehrt war, verfasst und auf seinem Schreibtisch hinterlassen. Sie hatte genau das hineingeschrieben, was sie am Abend zuvor geplant hatte. Er würde sie verstehen und wohl nicht einmal Briefkontakt zu ihrer Familie aufnehmen, wenn sie sich einmal in der Zwischenzeit melden würde. Sie kannte Johann.
Sie band gerade einen weiteren Knoten, rein der Übung halber, als ihre Gedanken wieder zu dem gestrigen Abend zurückschweiften. Sicher, es war entgegen aller Konvention gewesen, doch sie konnte sich das seelige Lächeln einfach nicht verkneifen.

Re: Auf See, 06. 04. 1530

Verfasst: Di 13. Okt 2009, 21:40
von Greyback
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Ort: Auf See, etwa eine Seemeile nach Travemünde
Zeit: Später Nachmittag
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"Villemann gjekk seg te storan å,
Hei fagraste lindelauvi alle
Der han ville gullharpa slå
For de runerne de lyster han å vinne", sang er leise vor sich hin.
Langsam bekam er Hunger. "Du kannst ja schoneinmal Brot und Wurst schneiden und auftischen."

Re: Auf See, 06. 04. 1530

Verfasst: Di 13. Okt 2009, 21:49
von Tjeika
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Ort: Auf See, etwa eine Seemeile nach Travemünde
Zeit: Später Nachmittag
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Esse anrichten, ohje... Das war nun wirklich nicht gerade das, wozu Linnea geboren wurde. Doch sie wollte Abenteuer, wollte so leben, wie das gemeine Volk. Sie gab sich alle Mühe, den gereizten Blick und ihre generell gereizte Stimmung zu verbergen, doch es schien ihr nicht zu gelingen.
Etwas widerwillig machte sie sich daran, das Essen zuzubereiten. Es war zwar nur etwas Brot und Wurst, welche geschnitten werden mussten, doch es war definitiv die Art von Arbeit, die ihr missfiel.
Wenigstens das Lied, welches Humbert nun sang, lenkte sie ein wenig ab. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie ihre Heimat doch schon ein wenig vermisste. Hatte sie, die immer auf der Suche nach Abwechslung und Abenteuer war, etwa Heimweh? Nein, das konnte nicht sein, eher schien es ihr so, dass sie ihre Heimat immer in ihrem Herzen trug. Sie bemerkte gar nicht, dass sie leise die alte Volksweise mitsummte.

Re: Auf See, 06. 04. 1530

Verfasst: Di 13. Okt 2009, 22:13
von Greyback
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Ort: Auf See, etwa eine Seemeile vor der Küste bei Steinbeck
Zeit: Früher Abend
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"... Då slo han si harpe til bonns i sin harm,
Og utvinner krafti av trollenes arm.", schloß er lächelnd.
Er bemerkte bereits, dass Linnea etwas gereizt auf ihre Aufgabe reagierte, doch sie wollte ich unbedingt das Leben des gemeinen Volkes kennenlernen. Und das bestand zum großen Teil aus gemeiner, schmutziger, undankbarer und stupider Arbeit.
Er ging unter Deck. Das Brot und die Wurst waren mehr schlecht als recht geschnitten, aber dies, wie so vieles andere, würde sie mit der Zeit wohl lernen müssen. Er umarmte Linnea kurz von hinten und gab ihr einen Herzhaften Kuss auf die Wange. Sanft strich er durch ihr Haar. Dann nahm er sich zu essen und ging wieder an Deck, damit das Schiff nicht blind drauflos segelte.

Re: Auf See, 06. 04. 1530

Verfasst: Di 13. Okt 2009, 22:21
von Tjeika
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Linnea
Ort: Auf See, etwa eine Seemeile vor der Küste bei Steinbeck
Zeit: Früher Abend
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Ja, es gehörte wohl dazu, dass sie das Kochen oder generell und auf dem Schiff treffender Essen zubereiten noch lernen würde müssen. Von wem hätte sie es auch lernen sollen - als Frau ihres Standes ziemte es sich nicht, solch niedere Arbeiten zu verrichten. Jedenfalls sah das, was sie da verbrochen hatte - und anders konnte man es wirklich nicht nennen - schrecklich aus. Für einen Augenblick bereute sie es tatsächlich, hierher mitgekommen zu sein. Aber auch nur für einen winzigen Augenblick.
Das Lied und Humberts Nähe ließen sie schnell wieder diese Gedanken vergessen. Nachdem sie sich noch einmal diese Katastrophe, die sich Essen nannte, angesehen hatte, folgte sie Humbert an Deck. Dort gab es wesentlich interessantere Arbeiten zu verrichten, als Essen zuzubereiten.

Re: Auf See, 06. 04. 1530

Verfasst: Di 13. Okt 2009, 22:32
von Greyback
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Ort: Auf See, Sandbank an der Küste bei Steinbeck
Zeit: Abend
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Humbert setzte das Schiff leicht auf eine der Sandbänke. Hier würden sie die Nacht verbringen. Er wies Linnea in das Einrollen des Segels ein. Danach entzündete er am Mast eine Laterne, sodass das Deck etwas beleuchtet war. Dann setzten sie sich zusammen auf die Reling und genossen den Sonnenuntergang. Je kälter es langsam wurde, desto näher rutschten sie zusammen. Schießlich holte er eine kleine Flöte aus seinem Mantel und begann eine friedliche, fröhliche Melodie zu spielen. Einige Möwen zogen noch am Horizont Richtung Sonne.

Re: Auf See, 06. 04. 1530

Verfasst: Di 13. Okt 2009, 22:38
von Tjeika
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Linnea
Ort: Auf See, Sandbank an der Küste bei Steinbeck
Zeit: Abend
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Linnea legte den Kopf auf Humberts Schulter. Er spielte wieder eine dieser wundervollen Melodien, bei denen man alles vergessen konnte. Und Linnea musste zugeben, dass sie über all die Arbeit an dem Tag tatsächlich ihr komplettes Leben, ihre komplette Verantwortung ihrer Familie gegenüber vergessen hatte. Und auch diese Melodie hinderte sie sehr daran, auch nur eine Sekunde an sie zu denken. Viel zu sehr war sie mit den Hier und jetzt beschäftigt. Es war schön, es war einfach nur schön, so, wie es an diesem Tag gewesen war, hätte es - wenn es nach Linnea gegangen wäre, immer sein können.
"Ich wünschte, es würde immer so sein", murmelte sie leise, während ihr Blick auf dem Nachthimmel ruhte.

Re: Auf See, 06. 04. 1530

Verfasst: Di 13. Okt 2009, 22:50
von Greyback
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Ort: Auf See, Sandbank an der Küste bei Steinbeck
Zeit: Abend
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Humbert antwortete nicht. Als Seemann wünschte man sich nicht, dass irgendetwas ewig währt. Alles sollte immer in Bewegung sein. Stillstand war Verderben. Eintönigkeit war Verdummung. Das Meer stand nie still. Die Sonne stand nie still. Die Wolken standen nie still. Alles lebte, weil es sich bewegte. Veränderung war das einzige Lebenszeichen des Verstandes. Aber er glaubte nicht, dass Linnea irgendetwas davon verstanden hätte. Noch nicht. Sie musste lernen, Dinge zu sehen, die ihr bis jetzt verschloßen blieben. Den Alltag hinter sich lassen, der ihr Auge trübte. Sie war auf dem besten Weg, doch dieser Weg war noch weit.
Er brummte also lediglich zustimmend und drückte sie noch etwas mehr an sich heran. Seine Hand war unter ihren Kleiden verschwunden, sodass er nun die nackte Haut ihres Bauches fühlte. Ihre wunderbar junge, unverbrauchte Haut. Kein Schlag oder Hieb hatten sie jemals getroffen, keinen Kratzer oder Fleck beim Spiel abbekommen. Sie war weich, sanft und glatt.

Re: Auf See, 06. 04. 1530

Verfasst: Di 13. Okt 2009, 22:55
von Tjeika
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Linnea
Ort: Auf See, Sandbank an der Küste bei Steinbeck
Zeit: Abend
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Wie am gestrigen Abend schon, als Humbert sie berührt hatte, kribbelte alles in ihr. Seine Berührungen waren so anders, als die von Johann. Weniger fordernd, weniger besitzergreifend - mehr genießend. Doch so genau konnte Linnea den Unterschied nicht erklären, sie wusste nur, dass da ein gewaltiger Unterschied war.
Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen und sie hatte schon längst vergessen, was sie weniger Sekunden zuvor gesagt oder gedacht hatte. Ja, seine Berührungen waren der Hauptgrund dafür, dass sie vergessen konnte. Doch sie bezweifelte, dass er auch nur im Ansatz verstand, worum es ihr hierbei ging. Klar, die Abenteuerlust, die Kurzweile - doch eigentlich war es eine Flucht.
Linnea seufzte hörbar und schloss für einige kurze Augenblicke die Augen.