1. Der Prinz von Zhao - Kalligraphieschule, Zhao
Verfasst: Mo 30. Jan 2017, 16:01
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Li Fei Yu
Kalligraphieschule, Zhao
Herbst 231 v. Chr., Mittag
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Es war ein schwül-heißer Tag im frühen Herbst. Die Sonne schien seit Tagen unablässig auf den kleinen Bambuswald, in dessen Mitte sich die Kalligraphieschule befand. Das satte Grün würde bald in ein warmes Gelb-Orange übergehen, doch heute schien dieser Tag noch weit entfernt.
Yu richtete ihren nach oben spitz zulaufenden Strohhut, der sie besonders auf den Lichtungen vor der prallen Sonne schützte. Weit konnte es nicht mehr sein.
Seit drei Tagen schon war sie in Zhao unterwegs. Zu Fuß, auch wenn sie ein Pferd bevorzugt hätte.
Doch sie wollte die kleinen, unauffälligen Wege nehmen. Sie hatte Täler passiert, da hätte ein Tier nur gescheut. Und nie hätte sie ein solches über die schmale Hängebrücke getrieben bekommen, die die Grenze zwischen Zhao und ihrer Heimat Yan markierte.
Endlich erreichte sie das Holzgebäude mit den geschwungenen, überkragenden Dachsparren.
Es war ein typisches Haus, wie man es überall sah. Verzierungen jedoch suchte man vergeblich. Es war genauso schlicht wie typisch.
Sie trat auf die Veranda, die kein Geräusch von sich gab. Anders, als sie es von der Veranda des Freudenhauses in Ji kannte, in dem sie ihrer Ansicht nach viel zu viel Zeit verbracht hatte.
Die Tür wurde ihr schon geöffnet, bevor sie hatte klopfen können. Eine kleine, grauhaarige, alte Dame verneigte sich leicht, was Yu erwiderte, bevor sie ihre Schuhe abstreifte, um das Haus anschließend zu betreten.
Drinnen erwartete sie die gleiche Schlichtheit, die das Äußere des Holzhauses schon versprochen hatte. Die Holzgitter in Türen und Fenstern ließen reichlich Licht in das kirschholzfarbene Gebäude. An den Wänden hingen verschiedene, kunstvolle Kalligraphien, die von großem Können zeugten.
"Der Prinz erwartet Euch bereits, Meister Li Fei Yu. Folgt mir."
Yu hätte beinahe eine Braue gehoben. Aber nur beinahe, denn vermutlich war sie die einzige Frau, die dieser Unternehmung beiwohnen würde.
Die alte Dame führte sie durch verschiedene Räume und an einigen anderen vorbei. Alle waren sie recht einfach, aber mit einem Auge für das Detail, eingerichtet. In einem saßen etwa ein Dutzend junge Frauen und Männer auf dem Boden vor kleinen Bänken, auf denen sandgefüllte Holzschalen standen, und probierten sich mithilfe von Bambusstäbchen an verschiedenen Kalligraphien.
Endlich erreichten sie den letzten Raum des Hauses. Yu hatte sich alles genau eingeprägt, falls die Unternehmung verraten würde und sie fliehen mussten.
Man konnte sich nie sicher sein, wie weit der Einfluss des Kaisers von Qin reichte.
Mit dem Rücken zugewandt stand ein Mann in dem Raum neben einer kleinen Bank und hatte die Hände hinter seinem Rücken verschränkt. Seine Kleidung sprach von Reichtum. Sie war aus blauer Seide gefertigt und hier und da zierten edle Stickereien den Stoff. Seine Haltung strahlte große Würde aus. Die langen Haare hatte er zusammengebunden.
"Eure Hoheit", grüßte Yu und verneigte sich angemessen beinahe bis zum Boden.
Li Fei Yu
Kalligraphieschule, Zhao
Herbst 231 v. Chr., Mittag
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Es war ein schwül-heißer Tag im frühen Herbst. Die Sonne schien seit Tagen unablässig auf den kleinen Bambuswald, in dessen Mitte sich die Kalligraphieschule befand. Das satte Grün würde bald in ein warmes Gelb-Orange übergehen, doch heute schien dieser Tag noch weit entfernt.
Yu richtete ihren nach oben spitz zulaufenden Strohhut, der sie besonders auf den Lichtungen vor der prallen Sonne schützte. Weit konnte es nicht mehr sein.
Seit drei Tagen schon war sie in Zhao unterwegs. Zu Fuß, auch wenn sie ein Pferd bevorzugt hätte.
Doch sie wollte die kleinen, unauffälligen Wege nehmen. Sie hatte Täler passiert, da hätte ein Tier nur gescheut. Und nie hätte sie ein solches über die schmale Hängebrücke getrieben bekommen, die die Grenze zwischen Zhao und ihrer Heimat Yan markierte.
Endlich erreichte sie das Holzgebäude mit den geschwungenen, überkragenden Dachsparren.
Es war ein typisches Haus, wie man es überall sah. Verzierungen jedoch suchte man vergeblich. Es war genauso schlicht wie typisch.
Sie trat auf die Veranda, die kein Geräusch von sich gab. Anders, als sie es von der Veranda des Freudenhauses in Ji kannte, in dem sie ihrer Ansicht nach viel zu viel Zeit verbracht hatte.
Die Tür wurde ihr schon geöffnet, bevor sie hatte klopfen können. Eine kleine, grauhaarige, alte Dame verneigte sich leicht, was Yu erwiderte, bevor sie ihre Schuhe abstreifte, um das Haus anschließend zu betreten.
Drinnen erwartete sie die gleiche Schlichtheit, die das Äußere des Holzhauses schon versprochen hatte. Die Holzgitter in Türen und Fenstern ließen reichlich Licht in das kirschholzfarbene Gebäude. An den Wänden hingen verschiedene, kunstvolle Kalligraphien, die von großem Können zeugten.
"Der Prinz erwartet Euch bereits, Meister Li Fei Yu. Folgt mir."
Yu hätte beinahe eine Braue gehoben. Aber nur beinahe, denn vermutlich war sie die einzige Frau, die dieser Unternehmung beiwohnen würde.
Die alte Dame führte sie durch verschiedene Räume und an einigen anderen vorbei. Alle waren sie recht einfach, aber mit einem Auge für das Detail, eingerichtet. In einem saßen etwa ein Dutzend junge Frauen und Männer auf dem Boden vor kleinen Bänken, auf denen sandgefüllte Holzschalen standen, und probierten sich mithilfe von Bambusstäbchen an verschiedenen Kalligraphien.
Endlich erreichten sie den letzten Raum des Hauses. Yu hatte sich alles genau eingeprägt, falls die Unternehmung verraten würde und sie fliehen mussten.
Man konnte sich nie sicher sein, wie weit der Einfluss des Kaisers von Qin reichte.
Mit dem Rücken zugewandt stand ein Mann in dem Raum neben einer kleinen Bank und hatte die Hände hinter seinem Rücken verschränkt. Seine Kleidung sprach von Reichtum. Sie war aus blauer Seide gefertigt und hier und da zierten edle Stickereien den Stoff. Seine Haltung strahlte große Würde aus. Die langen Haare hatte er zusammengebunden.
"Eure Hoheit", grüßte Yu und verneigte sich angemessen beinahe bis zum Boden.