Ruf der Wölfe - abgeschlossen
Verfasst: Sa 27. Sep 2014, 19:08
Ihr Lieben,
weil mir gerade danach ist und Ria danach gefragt hatte und überhaupt - die letzte Story von Kathy und mir, die wir binnen weniger Tage zusammen fertig gestellt haben.
Leider wird sie das Ende des Postens auf fanfiktion.de nun nicht mehr erleben, aber ich denke es ist in ihrem Sinne, wenn ich diese Story, die uns beiden sehr ans Herz gewachsen ist, mit euch teile.
Die Story ist vollkommen frei erfunden, alle Ähnlichkeiten sind reiner Zufall.
Wie viele Kapitel es werden, ist noch nicht ganz klar, da wir einen zusammenhängenden Text geschrieben haben und erst nach und nach aufteilen wollten. Bisher sind es vier Kapitel, es werden schätzungsweise sechs bis sieben, grob überschlagen.
1. Wolfsheulen
Es war sehr kalt, Meggie hatte den Eindruck, dass alle Kleiderschichten der Welt sie nicht wärmen konnten. Warum war der Winter in Kanada nur so verflucht eisig? Dazu war es gerade erst Nachmittag und wurde bereits dunkel. So würde sie ihr Auto nie finden. Sie hatte die verfluchte Dunkelheit unterschätzt. Dabei hatte es nur ein kurzer Spaziergang zu dem Kratersee sein sollen und nun fand sie ihr Auto nicht mehr, weil es angefangen hatte zu schneien. Natürlich, dachte sie mit wachsender Verzweiflung, wenn, dann kam alles zusammen.
War sie nicht gerade eben erst hier gewesen? Der Baum sah doch genauso aus, wie der, den sie erst vor fünf Minuten passiert hatte. Oder sahen hier alle Bäume mittlerweile gleich aus? Sie wünschte, sie hätte die Taschenlampe dabei, die sie dank ihres Vaters immer im Handschuhfach hatte. Aber nein, wenn sie diese brauchte, war sie entweder unerreichbar oder die Batterien waren alle.
Dort lag auch ihr Handy, wie ihr fluchend einfiel, als sie ihre Jackentaschen durchsuchte. Also musste sie es weiter versuchen, wenn sie nur die Gegend besser erkennen könnte. Aber es schneite ohne Unterlass, sodass sie nur wenige Meter weit sehen konnte. Ihr war bisher nie klar gewesen, wie plötzlich ein solcher Schneefall einsetzen konnte. Woher auch? Sie war aus den Südstaaten der USA, sie war hier nur zur Recherche für ihren Artikel. Sie hatte keine Ahnung von Schneefällen. 'Reiß dich zusammen, Megan Ashcomb!', rief sie sich zur Ordnung, blieb einen Moment stehen und atmete mit geschlossenen Augen tief durch. Im nächsten Moment jedoch erstarrte sie. War dass das Heulen eines Wolfes gewesen?
Ohne es wirklich zu bemerken, beschleunigten sich ihre Schritte, ebenso wie ihr Herzschlag und ihre Atmung. In Vorbereitung auf ihren Artikel hatte sie nur wenig über diese Gegend gelesen, aber eines hatte in jeder Literatur gestanden: dass es hier Wölfe gab. Innerlich fluchend über ihre Dummheit, erst so spät hier her gekommen zu sein, lief sie weiter. Megan sah sich immer wieder hektisch um, als wären die Wölfe schon direkt hinter ihr. Da, wieder ein Geräusch. Kamen die Wölfe etwa näher? Wieder beschleunigten sich ihre Schritte. Sie rannte und ihre Puste wurde beständig weniger. Einen Moment verschnaufen, dachte sie und blieb schwer atmend stehen, als zum dritten Mal ein Geräusch erklang, viel näher als noch die letzten beiden Male. Nervös sah sie sich um. Aber noch immer konnte sie in der Dunkelheit und dem dichten Schneetreiben nichts erkennen. Zudem hatte es diesmal anders geklungen als die vorigen Male. Irgendwie – menschlicher.
„Auto, wo ist das verflixte Auto!", fluchte sie und war schon fast den Tränen nahe. Sie kam hier nicht weg. Sie hatte sich hoffnungslos verlaufen und irrte ohne Handy, ohne Ortung, vor allem ohne Sicht im Schneetreiben in einer Gottverlassenen Gegend irgendwo in den kanadischen Rockys umher. „Das hast du super hingekriegt, Meggie, ganz klasse!" Es musste eine Lösung her und das sobald wie möglich. Dabei wurde es von Minute zu Minute dunkler, sie war verschwitzt und kaputt, sie fror entsetzlich und war kurz davor, ganz in Panik zu verfallen. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen kühlen Kopf.
Wieder ein Heulen, sofort schossen ihr Adrenalin und ihr Herzschlag wieder in die Höhe. „Oh Gott", wimmerte sie und sah sich hektisch um.
„Bitte bleibt wo ihr seid, ich bin nicht hier. Lasst mich doch einfach in Frieden!" Sie begann wieder zu laufen um diesem entsetzlichen Heulen zu entkommen, doch in ihrer Panik und wegen der äußeren Umstände konnte sie nicht sagen, ob sie überhaupt vom Fleck kam. Vor Erschöpfung und Angst sank sie schließlich weinend in den Schnee, nur um kurz darauf wieder in die Höhe zu springen. Sie durfte nicht aufgeben, sie würde erfrieren, wenn sie sitzen blieb und aufgab.
Sie lief und lief, wusste nicht, ob sie ihrem Ziel näher kam oder sich von diesem nur noch weiter entfernte. Das wenige an Orientierung was sie gehabt hatte, hatte sie schon lange verloren. Der Schnee, die Dunkelheit, dazu noch die Panik. Und nun kamen auch noch Tränen dazu, die die Sicht noch verschlechterten. Wieder ein Geräusch.
„Nicht, aufhören, verschwindet!", rief sie und presste ihre behandschuhten Hände seitlich an den Kopf um sich die Ohren zuzuhalten. Sie wollte diese Laute nicht mehr hören, sie wollte hier weg. Sie wollte wieder nach Hause, in die Südstaaten.
Meggie stolperte, wobei ihr die Mütze vom Kopf fiel. Hastig setzte sie sie wieder auf, achtete nicht auf den Schnee, der in ihren Haaren verblieb. Sie wollte nur noch hier weg und rannte, blind vor Angst und Panik, weiter. Sie konnte kaum noch etwas sehen, bald würde es vollkommen dunkel sein.
„Nein, bitte... ich will nur nach Hause", flüsterte sie und spürte, wie ihre Tränen an den Wangen fest froren. Sie zitterte heftig und es fiel ihr immer schwerer, auf den Beinen zu bleiben. Ihre Muskeln waren ermattet und sie war mittlerweile so erschöpft vom Herumirren, dass sie immer wieder stehen blieb und spontan die Richtung wechselte. Die Angst verlieh ihr ungeahnte Kräfte, doch sie wusste, dass auch die bald am Ende waren. Dann war sie allein in der Nacht, im bitterkalten Schnee und mit den Wölfen, die sie mit ihrem Geheul einzukreisen schienen, bis sie ihren Atem meinte im Nacken spüren zu können.
„Nein, ich werde nicht aufgeben!", sagte sie sich und lief weiter, stolperte, stürzte. Stand aber wieder auf und lief weiter. Sie würde hier lebend herauskommen, auch wenn sie noch nicht wusste, wie. Sie hatte schon vieles erlebt und nicht alles war schön gewesen. Sie war aus allem gestärkt hervorgegangen und so würde es nun auch hier sein. Wieder ein Laut, aber dieses Mal gelang es ihr diesen auszublenden. Stattdessen lief sie weiter und schaute ungläubig, als sie meinte im Schneegestöber etwas Rotes zu sehen. Hatte sie es etwa geschafft, war sie bei ihrem Leihwagen angekommen?
„Du wirst es nicht finden, Menschenfrau", hörte sie zu ihrem Entsetzen eine tiefe Stimme und erkannte bald darauf, dass das Rot zu einem T-Shirt gehörte, in welchem ein großer Mann mit dunklem Bart und dichtem Haar steckte. Er schien nicht zu frieren, was Meggie unbegreiflich schien. Er trug doch nur ein T-Shirt! Der Fremde schüttelte leicht den Kopf. „Dein Auto ist nicht mehr hier, es hat keinen Sinn, weiter kopflos herum zu rennen."
„Haben... haben Sie ein Auto? Können Sie mich in die Stadt bringen?", fragte sie hoffnungsvoll, vielleicht war er einer der Ranger der Gegend? Erleichterung durchflutete Meggie, hatte sie also doch Glück im Unglück?
Der Fremde lachte, ein dunkles, beinahe bellendes Lachen. „Was soll ich mit einem Auto, Menschenfrau? Bedaure, ich kann dich nicht in die nächste Stadt bringen. Aber an einen anderen Ort..."
„Was für ein Ort?", fragte Meggie panisch, etwas stimmte mit diesem Mann nicht. Nicht nur, dass er nicht zu frieren schien, mitten im Nirgendwo in Jeans und einem roten T-Shirt im Schneetreiben stand und offenbar kein Auto hatte, was ihn her gebracht hatte. Es war seine Ausstrahlung, etwas in seiner Stimme, was Meggie frösteln ließ. Dieser Mann war ihr unheimlich.
„Le-leben Sie hier?", fragte sie und schlang die Arme um sich selbst, das Adrenalin sank in den Keller, was ihr Zittern und ihre Erschöpfung nun vollends zum Vorschein brachte. Der Fremde entblößte eine Reihe unnatürlich spitzer Zähne.
„Könnte man so sagen. Dort ist es warm und trocken und wenn du hier draußen nicht erfrieren willst, rate ich dir, mit zu kommen."
Meggie schluckte. Was sollte sie tun? Der Mann hatte Recht, wenn sie hier blieb, würde sie erfrieren. Sie konnte sich kaum noch bewegen. Ihre Glieder waren von den wenigen Minuten, die sie hier stand, wie eingefroren, zudem war sie vollkommen erschöpft. Aber der Fremde jagte ihr nur durch seine bloße Anwesenheit eine wahnsinnige Angst ein. Welche Option sollte sie wählen? Hier im Nirgendwo erfrieren und als Wolfsfutter enden oder mit dem Mann mitgehen und dort, wo immer er sie hinbringen wollte, nach einer Möglichkeit zu fliehen suchen? Vielleicht war der Mann einfach ein Einsiedler und nicht mehr an Menschen gewöhnt, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Es gab für alles eine Erklärung. Dass er sie 'Menschenfrau' genannt hatte, hatte sie für den Moment erfolgreich ausgeblendet.
„Ich danke Ihnen", sagte sie, als der Mann an ihr vorbei stapfte und eine bestimmte Richtung anzusteuern schien, folgte sie ihm einfach. Es war auf jeden Fall besser, als hoffnungslos im Schnee herum zu irren und auf den sicheren Kältetod zu warten.
Der Weg erschien Meggie wie eine Ewigkeit. Sie fror, sah kaum wohin sie trat und es fiel ihr mit jedem Schritt schwerer, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Sie musste darauf achten, den Fremden nun nicht aus den Augen zu verlieren. Dies bedeutete, dass sie mit seinem Schritt mithalten musste, was alles andere als einfach war. Er bewegte sich scheinbar mühelos durch Schneetreiben, Dunkelheit und Kälte und dies dazu sehr zielstrebig. Unsicher sah Meggie sich um, ihr war, als wären sie keineswegs die einzigen, die durch die Dunkelheit wanderten.
„Ich kann nicht mehr", sagte sie leise, als sie ihre Schritte beschleunigen musste, weil der Mann dies ebenso getan hatte. Sie fiel auf die Knie und sah den roten Fleck, den sie noch vor eine Weile für ihren Leihwagen gehalten hatte, wieder größer werden, als der Mann zurückkam. Missmutig blickte er sie an, schien einen Moment zu überlegen, ehe er sie hochhob und sich wie ein Sack mit Federn über die Schulter warf. Meggie stieß einen überraschten Laut aus, wagte es aber nicht sich zu wehren, auch wenn ihr diese Position mehr als unangenehm war. Wie konnte der Mann sie einfach so locker hochheben? Gut, sie war kein Schwergewicht, aber auch kein Fliegengewicht.
Der Unbekannte sagte keinen Ton, sondern stapfte einfach weiter und schien vergessen zu haben, dass Meggie ein lebendes Wesen war. Sie hatte ihre Mütze verloren, so fielen ihr die Haare wie ein Schleier über den Kopf, was immerhin die Schneeflocken aus ihrem Gesicht fern hielt. Meggie merkte, wie sie trotz all der Umstände schläfrig wurde, die Aufregung und Panik zuvor forderten jetzt ihren Tribut. Immer wieder blinzelte sie und zwang sich, wach zu bleiben. Ob er beschlossen hatte, sie bis in die nächste Stadt zu tragen? Das war doch absurd und unter anderen Umständen hätte sie nun gelacht. Doch nun blieb sie weiterhin reglos auf der Schulter des unheimlichen Fremden liegen und wagte es kaum, tief zu atmen, geschweige denn zu sprechen.
Plötzlich und so unerwartet, dass Meggie einen überraschten und halb ängstlichen Laut von sich gab, hob der Mann sie herunter und stellte sie in den Schnee. Beinahe hätten ihre Beine einfach nach gegeben, so weich waren ihre Knie.
„Wir sind da", sagte er mit einem leichten Grollen in der Stimme, welches Meggie unangenehm frösteln ließ. Als sie aufsah, erkannte sie direkt vor sich eine Felsspalte, in der sich offenbar eine Höhle befand. Sie hob gerade an etwas zu sagen, als jemand im Eingang dieser Höhle erschien, der erst sie, dann ihren Begleiter finster anblickte. Das Blickduell dauerte einen langen Augenblick und Meggie konnte nicht sagen, worum es dabei wirklich ging. Schließlich trat der aus der Höhle Gekommene beiseite, was Meggie als Einladung verstand, einzutreten.
Drinnen empfingen sie eine Helligkeit und Wärme, mit welcher sie nicht gerechnet hatte. Als sie sich umdrehen wollte um zu fragen, wo sie sich befand, war der Mann im roten T-Shirt ihr nicht gefolgt. Stattdessen hörte sie leise und leicht wütende Stimmen, auch wenn sie nicht verstand was diese sagten. Also drehte Meggie sich wieder um, um die Höhle genauer betrachten zu können. Auf vielen Felsvorsprüngen standen brennende Kerzen, in der Mitte brannte ein Feuer und sie fragte sich, warum nicht die ganze Höhle voller Rauch war. Aber als sie zur Decke sah, bemerkte sie dort eine Art Luftabzug, zumindest würde sie dies in einem normalen Haus so bezeichnen.
„Wer bist du, was machst du hier?", hörte sie eine weibliche Stimme aus dem hinteren Teil der Höhle, den sie bisher nicht bemerkt hatte, da dieser im Dunklen lag.
„Ich habe dich etwas gefragt, Mensch", fragte die Frau erneut. Meggie fragte sich, ob alle die hier lebten dieses leichte Knurren in ihrer Stimme hatten und unfreundlich klangen? Zumindest wusste sie nun schon, dass der Mann, der sie her gebracht hatte, kein Einsiedler war. Ein Sonderling ja, aber kein Einsiedler. Ob dies gut oder schlecht war, würde sich erst noch zeigen müssen.
„Antworte endlich!", wurde die Stimme etwas lauter und die Frau trat näher.
„I-ich bin mit--" Sie sah sich hektisch um, doch ihr Retter war noch immer nicht im Inneren der Höhle angelangt. „Also, ich hatte mich verlaufen und da hat mich der Mann im roten T-Shirt gefunden und bot mir an, hier her zu kommen", erklärte sie etwas kleinlaut, holte dann aber tief Luft und straffte etwas die Schultern. „Ich bin Megan Ashcomb", stellte sie sich vor und reichte der Fremden die Hand.
„Espen", schnaubte die Frau, das war so typisch für diesen. Das er aber auch immer so ein weiches Herz haben musste. „Susan", stellte sie sich nun Frau vor und umrundete Megan. „Hmm, viel ist aber nicht an dir dran. Dachte ich könnte dich übers Feuer hängen und rösten. Menschenfleisch schmeckt roh nicht wirklich gut.“
Meggie entfuhr ein nervöses Kichern. „Wo genau bin ich hier? Lebt ihr alle hier in dieser Höhle? Mitten in der Einöde?", fragte sie in der Hoffnung etwas über diesen seltsamen Ort zu erfahren. „Uhm, kann ich mich irgendwo hinsetzen? Ich bin ziemlich viel gelaufen...", fragte sie unsicher, als ihr auffiel, dass es quasi kein Mobiliar in dieser Höhle gab. Wie schliefen diese Leute, mitten auf dem Steinfußboden?
Susan musterte die Frau. „Fühle dich frei, setz dich wo du einen Platz findest oder ist das für deinen menschlichen Hintern nicht weich genug?", wollte sie bissig wissen und entfernte sich wieder. Sie wollte gleich nicht hier sein, wenn ihr Anführer sehen würde, dass ein Mensch in ihrer Behausung war.
Meggie blickte Susan etwas verunsichert an. „Nein, nein, das... geht schon, danke", sagte sie und zog nun doch ihren warmen gefütterten Mantel aus, da es ihr so sehr warm wurde und dieser ihr als weiche Unterlage dienen konnte, wenn es schon keine Stühle oder Kissen gab. Susan war offenbar nicht gut auf sie zu sprechen und ging einfach, Meggie fragte sich, wohin. Gab es hier noch anschließende Räume, die sie wegen des schummrigen Lichts des hinteren Teils nicht sehen konnte? Und wieso hatte sie so abfällig geklungen, als Meggie ihr erzählt hatte, wer sie her gebracht hatte? Espen... ein komischer Name, fand Meggie. Wo blieb der eigentlich? Er hatte sie ohne ein Wort hier her geschleppt und schien nun wie vom Erdboden verschluckt.
Meggie wagte es nicht, jemanden anzusprechen, sie war für den Moment froh um die Wärme und die Trockenheit an diesem Ort. Wenn die anderen sie ignorierten, war ihr das lieber, als wenn sie sie angriffen. So konnte sie vielleicht eine halbwegs ruhige und vor allem warme Nacht verbringen und am nächsten Tag im Hellen hoffentlich ihr Auto unter den Schneemassen wieder finden.
Es entstand einige Unruhe, als ein großer, muskulöser Mann mit dunklen Haaren und erstaunlich hellen Augen die Höhle betrat. Er brauchte nur eine Sekunde um sie zu bemerken. Als er auf sie zukam, verengten seine Augen sich und nahmen einen beinahe feindlichen Ausdruck an.
„Was soll das?", fragte er mit einer Stimme, die wie Reibeisen klang, rau und knurrend. Er hatte nicht einmal laut gesprochen, doch Meggie war sich sicher, dass jeder in der Höhle ihn gehört hatte. „Wer hat das da angeschleppt?" Erschrocken wich Meggie zurück, die gerade hatte Mut sammeln wollen um sich vorzustellen. Davon hielt der Mann offenbar wenig.
„Ich", sagte der Mann in dem roten T-Shirt, der Meggie hergebracht hatte. Er wusste, es brachte nichts, wenn er es verschwieg. Ihr Anführer würde es so oder so erfahren.
„Espen", sagte der Fremde, der sie so abfällig gemustert hatte und drehte sich erst dann zu ihrem Retter um. „Wieso sitzt ein Menschenweib an meinem Feuer und wärmt sich in meiner Höhle?", fragte er scharf, was Meggie dazu brachte, aufzustehen.
„Er hat mir das Leben gerettet, ohne ihn wäre ich dort draußen - "
„Dich hat niemand gefragt, Menschenweib! Also Epsen? Ich höre?"
„Sie ist oder wird mein Weibchen", sagte er ohne jegliche Emotion. Ihr Geruch hatte ihn angezogen, sie passte perfekt zu ihm und würde seine Welpen austragen.
„Bitte?!", entfuhr es Meggie entsetzt, was redete der Mann denn da? Gar nichts würde sie! „I-ich bitte nur um... nur diese Nacht, bitte. Morgen früh bin ich wieder weg, sobald es hell ist und suche mein Auto..."
„Ich sagte dir schon, dein Auto ist weg. Du bleibst hier und wirst meine Welpen austragen oder wirst zu Steak verarbeitet, das ist deine Wahl", sagte Espen entschieden, das würde er ihr noch beibringen, dass sie nicht einfach dazwischen redete, wenn sie nicht gefragt worden war.
Wütend fuhr Meggie auf. „Ich bin doch keine Geisel, hast du sie noch alle?!", fuhr sie besagten Espen an. „Was seid ihr, Einsiedler-Spinner, die Touristen verarschen? Langsam ist mal gut, ihr könnt die versteckten Kameras rausholen." Das war ja kaum zu glauben und sie hatte Espen beinahe gedankt, dass er sie vor der Kälte gerettet hatte. „Ich lasse mich hier nicht festhalten und schon gar nicht vergewaltigen, das ist pervers!" Hastig zog sie ihren Mantel wieder an, sie musste hier dringend weg. Angst kroch wieder in ihr auf. War sie nun von der grausamen Kälte in eine Horde grausamer Männer geraten, die sie einer nach dem anderen vergewaltigen würden? Das war der reinste Horror und sie merkte, wie die Angst erneut in Panik zu kippen drohte.
„Leute, es gibt morgen gerillten Mensch zum Frühstück. Allerdings Tiefkühlmensch", sagte Espen in die Runde und ging weiter in die Höhle. „Der Schneesturm ist noch stärker geworden. Ich werde dich dieses Mal nicht retten, auch wenn ich mich im Gegensatz zu dir hier auskenne und andere Möglichkeiten der Orientierung habe", fügte er noch hinzu, ehe er nach hinten verschwand. Er wusste, Mike würde sie nicht gehen lassen und er wollte nicht sehen, wie er ihr die Kehle durchbiss.
Meggie zauderte. Sie hatte offenbar die Wahl zwischen dem sicheren Kältetod und einer Vergewaltigung von Menschen ohne jegliche Moral - denn sie nahm nicht an, dass diese ein Spiel trieben, sie meinten alles, was sie sagten, auf perfide Art und Weise ernst. Unsicher sah sie zum Höhlenausgang, der pechschwarz war. „Wer seid ihr?", fragte sie leise und tief verunsichert. Sie wollte noch nicht sterben, nicht in dieser Nacht, nicht auf diese Weise. „Was... was muss ich tun um bleiben zu dürfen?" Vor Angst begann sie erneut zu zittern, doch ihr Überlebenswille war stärker als der Fluchtgedanke.
„Eine von uns werden und dann meine Frau", sagte Espen ohne sich wieder umzudrehen. „Wähle weise und wähle schnell. Denn die nächste Entscheidung, die du triffst, wird so oder so deine Endgültige sein", fügte er hinzu und ging weiter zu seinem Schlaflager und ließ Meggie mit Mike alleine, denn alle anderen hatten sich ebenfalls zurückgezogen oder waren noch nicht wieder da.
Meggie fiel es wie Schuppen von die Augen. Natürlich, sie musste in einer dieser bescheuerten Natursekten gelandet sein, die lebten wie die Steinzeitmenschen oder so ähnlich. Wobei diese hier es offenbar noch eine Spur weiter trieben. „Was heißt 'eine von uns'?", fragte sie mit angstvoller Stimme. Wieso ging Espen jetzt weg, wenn er behauptete, sie zur Frau - genauer, zu seinem 'Weibchen' - nehmen zu wollen? Dem Mann mit den hellen Augen traute sie noch weniger. „Ich...ich kann doch bezahlen für die Nacht, ich h-habe fünfzig Dollar bei mir... bitte..."
„Entscheide dich, sonst nehme ich dir die Entscheidung ab", sagte Mike und sah sie ungeduldig an. „Ich gebe dir zwei Minuten." Damit wandte er sich ab und trat in den Eingang der Höhle um dort auf die Entscheidung dieser Menschenfrau zu warten. Ihm gefiel es noch immer nicht, dass Espen sie einfach so mitgebracht hatte, aber gegen die Instinkte war Man(n) machtlos. Dies wusste er und würde Espen da auch keinen Vorwurf machen, aber gefallen musste es ihm nicht.
Unschlüssig stand Meggie da. Eigentlich zog sie alles nach draußen, keine Sekunde wollte sie noch hier bleiben. Draußen allerdings lauerte der Tod. Sie würde einen anderen Weg finden müssen... später in der Nacht konnte sie vielleicht fliehen, wenn der Morgen nicht mehr fern war. Dann waren ihre Überlebenschancen größer und im Hellen fand sie sich leichter zurecht. „I-ich werde bleiben", hörte sie sich leise sagen, auch wenn sie noch immer keine Ahnung hatte, wer diese Menschen eigentlich waren und auf was sie sich hier einließ. Sie musste wirklich wahnsinnig sein. Aber dieser Wahnsinn rettete ihr - für den Moment - zumindest das Leben, bis sie eine Möglichkeit fand, dem zu entkommen.
Mike nickte. Damit hatte er gerechnet, dass sie sich so entscheiden würde. Alles andere wäre auch Wahnsinn gewesen, aber gefallen musste es ihm nicht. „Joana!", rief er in die Höhle hinein und wartete bis diese kam. Als sie neben ihm stand, schenkte er ihr ein kleines Lächeln. „Dies ist Espens Zukünftige, nimm dich bitte ihrer an, ich weiß nicht wie sie heißt, aber vielleicht verrät sie es dir ja. Mensch, dies ist meine Frau, benimm dich also, sonst bekommst du es mit mir zu tun", sagte er und trat weiter in die Höhle um sein eigenes Lager auf zu suchen. Was vom Hauptraum der Höhle nicht zu sehen war, dass sie sich teilte. Es gab noch drei weitere Höhlen, eine etwas Kleinere in welcher sie Vorräte jeglicher Art lagerten und zwei etwa gleich große Höhlen die als Schlafräume dienten. Einer war für die Frauen, der zweite für die Männer und in diesen begab er sich um sich zur Ruhe zu betten. Er wusste, er konnte sich auf Joana verlassen, sie würde es bemerken, wenn die Frau versuchen sollte zu fliehen, was er ihr nicht raten würde.
Joana trat auf die Fremde zu. „Komm mit mir. Wir machen dir schnell ein Lager zurecht, dann kannst du dich ausruhen“, sagte sie neutral und schob die Frau vor sich her.
Unsicher sah Meggie die Frau an, die von dem Mann sogar ein Lächeln bekommen hatte. Was würde sie geben für ein Lächeln, ein einziges freundliches Wort, eine winzige Geste des Willkommens. Doch alles was ihr entgegen schlug war Feindseligkeit und Ablehnung, der Mann von eben hatte sie behandelt wie ein Ding und nicht wie einen Menschen. „I-ich bin Meggie", stellte sie sich schließlich vor, vielleicht war diese Joana ja etwas freundlicher als ihr vermeintlicher Mann. „U-und danke für deine Hilfe." Mehr traute sie sich nicht zu sagen, es schien nicht erwünscht, dass sie überhaupt etwas sagte und so folge sie Joana einfach in den hinteren Teil der Höhle.
„Joana, aber das sagte Mike ja eben schon", meinte diese und ging in die Vorratshöhle. Sie sah sich kurz um und nahm schließlich eine Isomatte und einen Schlafsack. „Ich hoffe, dies genügt dir. Eigentlich benutzen wir diese Dinge nur für unsere Kinder, deshalb musst du auch gleich leise sein, wenn du in die Schlafhöhle der Frauen kommst, denn dort schlafen die Kleinen ebenfalls", erklärte sie und führte Meggie weiter, bis sie schließlich in der richtigen Höhle waren. „Hier kannst du dir dein Lager bauen", sagte sie und legte die Dinge, die sie aus der Vorratshöhle mitgenommen hatte, auf den Boden, ehe sie zu ihrem eigenen Schlafplatz ging, der nur wenige Meter entfernt war.
Meggie versuchte angestrengt etwas zu erkennen, doch hier, wo keine Feuer mehr brannten, musste sie sich eher voran tasten und war froh, nirgends ernsthaft gegen zu stoßen.
„Danke", flüsterte sie leise, als sie sich daran erinnerte, im Schlafraum leise zu sein. Vorsichtig tastete sie nach den Dingen auf dem Boden und legte erst die Matte aus, ehe sie den Schlafsack darauf ausrollte. Dann setzte sie sich hin und zog ihre Schuhe aus um in den Schlafsack zu kriechen, etwas, was ihr unheimlich laut vorkam, vor allem, als sie den Reißverschluss zu zog. Sie legte ihren Mantel über sich, der sie zusätzlich wärmte und drehte sich auf die Seite. Eine ganze Weile konnte sie nicht einschlafen, doch irgendwann siegte die Erschöpfung der letzten Stunden und sie driftete in einen unruhigen Schlaf, in dem Espen, Mike und Joana sich in kannibalische Bestien verwandelten.
weil mir gerade danach ist und Ria danach gefragt hatte und überhaupt - die letzte Story von Kathy und mir, die wir binnen weniger Tage zusammen fertig gestellt haben.
Leider wird sie das Ende des Postens auf fanfiktion.de nun nicht mehr erleben, aber ich denke es ist in ihrem Sinne, wenn ich diese Story, die uns beiden sehr ans Herz gewachsen ist, mit euch teile.
Die Story ist vollkommen frei erfunden, alle Ähnlichkeiten sind reiner Zufall.
Wie viele Kapitel es werden, ist noch nicht ganz klar, da wir einen zusammenhängenden Text geschrieben haben und erst nach und nach aufteilen wollten. Bisher sind es vier Kapitel, es werden schätzungsweise sechs bis sieben, grob überschlagen.
1. Wolfsheulen
Es war sehr kalt, Meggie hatte den Eindruck, dass alle Kleiderschichten der Welt sie nicht wärmen konnten. Warum war der Winter in Kanada nur so verflucht eisig? Dazu war es gerade erst Nachmittag und wurde bereits dunkel. So würde sie ihr Auto nie finden. Sie hatte die verfluchte Dunkelheit unterschätzt. Dabei hatte es nur ein kurzer Spaziergang zu dem Kratersee sein sollen und nun fand sie ihr Auto nicht mehr, weil es angefangen hatte zu schneien. Natürlich, dachte sie mit wachsender Verzweiflung, wenn, dann kam alles zusammen.
War sie nicht gerade eben erst hier gewesen? Der Baum sah doch genauso aus, wie der, den sie erst vor fünf Minuten passiert hatte. Oder sahen hier alle Bäume mittlerweile gleich aus? Sie wünschte, sie hätte die Taschenlampe dabei, die sie dank ihres Vaters immer im Handschuhfach hatte. Aber nein, wenn sie diese brauchte, war sie entweder unerreichbar oder die Batterien waren alle.
Dort lag auch ihr Handy, wie ihr fluchend einfiel, als sie ihre Jackentaschen durchsuchte. Also musste sie es weiter versuchen, wenn sie nur die Gegend besser erkennen könnte. Aber es schneite ohne Unterlass, sodass sie nur wenige Meter weit sehen konnte. Ihr war bisher nie klar gewesen, wie plötzlich ein solcher Schneefall einsetzen konnte. Woher auch? Sie war aus den Südstaaten der USA, sie war hier nur zur Recherche für ihren Artikel. Sie hatte keine Ahnung von Schneefällen. 'Reiß dich zusammen, Megan Ashcomb!', rief sie sich zur Ordnung, blieb einen Moment stehen und atmete mit geschlossenen Augen tief durch. Im nächsten Moment jedoch erstarrte sie. War dass das Heulen eines Wolfes gewesen?
Ohne es wirklich zu bemerken, beschleunigten sich ihre Schritte, ebenso wie ihr Herzschlag und ihre Atmung. In Vorbereitung auf ihren Artikel hatte sie nur wenig über diese Gegend gelesen, aber eines hatte in jeder Literatur gestanden: dass es hier Wölfe gab. Innerlich fluchend über ihre Dummheit, erst so spät hier her gekommen zu sein, lief sie weiter. Megan sah sich immer wieder hektisch um, als wären die Wölfe schon direkt hinter ihr. Da, wieder ein Geräusch. Kamen die Wölfe etwa näher? Wieder beschleunigten sich ihre Schritte. Sie rannte und ihre Puste wurde beständig weniger. Einen Moment verschnaufen, dachte sie und blieb schwer atmend stehen, als zum dritten Mal ein Geräusch erklang, viel näher als noch die letzten beiden Male. Nervös sah sie sich um. Aber noch immer konnte sie in der Dunkelheit und dem dichten Schneetreiben nichts erkennen. Zudem hatte es diesmal anders geklungen als die vorigen Male. Irgendwie – menschlicher.
„Auto, wo ist das verflixte Auto!", fluchte sie und war schon fast den Tränen nahe. Sie kam hier nicht weg. Sie hatte sich hoffnungslos verlaufen und irrte ohne Handy, ohne Ortung, vor allem ohne Sicht im Schneetreiben in einer Gottverlassenen Gegend irgendwo in den kanadischen Rockys umher. „Das hast du super hingekriegt, Meggie, ganz klasse!" Es musste eine Lösung her und das sobald wie möglich. Dabei wurde es von Minute zu Minute dunkler, sie war verschwitzt und kaputt, sie fror entsetzlich und war kurz davor, ganz in Panik zu verfallen. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen kühlen Kopf.
Wieder ein Heulen, sofort schossen ihr Adrenalin und ihr Herzschlag wieder in die Höhe. „Oh Gott", wimmerte sie und sah sich hektisch um.
„Bitte bleibt wo ihr seid, ich bin nicht hier. Lasst mich doch einfach in Frieden!" Sie begann wieder zu laufen um diesem entsetzlichen Heulen zu entkommen, doch in ihrer Panik und wegen der äußeren Umstände konnte sie nicht sagen, ob sie überhaupt vom Fleck kam. Vor Erschöpfung und Angst sank sie schließlich weinend in den Schnee, nur um kurz darauf wieder in die Höhe zu springen. Sie durfte nicht aufgeben, sie würde erfrieren, wenn sie sitzen blieb und aufgab.
Sie lief und lief, wusste nicht, ob sie ihrem Ziel näher kam oder sich von diesem nur noch weiter entfernte. Das wenige an Orientierung was sie gehabt hatte, hatte sie schon lange verloren. Der Schnee, die Dunkelheit, dazu noch die Panik. Und nun kamen auch noch Tränen dazu, die die Sicht noch verschlechterten. Wieder ein Geräusch.
„Nicht, aufhören, verschwindet!", rief sie und presste ihre behandschuhten Hände seitlich an den Kopf um sich die Ohren zuzuhalten. Sie wollte diese Laute nicht mehr hören, sie wollte hier weg. Sie wollte wieder nach Hause, in die Südstaaten.
Meggie stolperte, wobei ihr die Mütze vom Kopf fiel. Hastig setzte sie sie wieder auf, achtete nicht auf den Schnee, der in ihren Haaren verblieb. Sie wollte nur noch hier weg und rannte, blind vor Angst und Panik, weiter. Sie konnte kaum noch etwas sehen, bald würde es vollkommen dunkel sein.
„Nein, bitte... ich will nur nach Hause", flüsterte sie und spürte, wie ihre Tränen an den Wangen fest froren. Sie zitterte heftig und es fiel ihr immer schwerer, auf den Beinen zu bleiben. Ihre Muskeln waren ermattet und sie war mittlerweile so erschöpft vom Herumirren, dass sie immer wieder stehen blieb und spontan die Richtung wechselte. Die Angst verlieh ihr ungeahnte Kräfte, doch sie wusste, dass auch die bald am Ende waren. Dann war sie allein in der Nacht, im bitterkalten Schnee und mit den Wölfen, die sie mit ihrem Geheul einzukreisen schienen, bis sie ihren Atem meinte im Nacken spüren zu können.
„Nein, ich werde nicht aufgeben!", sagte sie sich und lief weiter, stolperte, stürzte. Stand aber wieder auf und lief weiter. Sie würde hier lebend herauskommen, auch wenn sie noch nicht wusste, wie. Sie hatte schon vieles erlebt und nicht alles war schön gewesen. Sie war aus allem gestärkt hervorgegangen und so würde es nun auch hier sein. Wieder ein Laut, aber dieses Mal gelang es ihr diesen auszublenden. Stattdessen lief sie weiter und schaute ungläubig, als sie meinte im Schneegestöber etwas Rotes zu sehen. Hatte sie es etwa geschafft, war sie bei ihrem Leihwagen angekommen?
„Du wirst es nicht finden, Menschenfrau", hörte sie zu ihrem Entsetzen eine tiefe Stimme und erkannte bald darauf, dass das Rot zu einem T-Shirt gehörte, in welchem ein großer Mann mit dunklem Bart und dichtem Haar steckte. Er schien nicht zu frieren, was Meggie unbegreiflich schien. Er trug doch nur ein T-Shirt! Der Fremde schüttelte leicht den Kopf. „Dein Auto ist nicht mehr hier, es hat keinen Sinn, weiter kopflos herum zu rennen."
„Haben... haben Sie ein Auto? Können Sie mich in die Stadt bringen?", fragte sie hoffnungsvoll, vielleicht war er einer der Ranger der Gegend? Erleichterung durchflutete Meggie, hatte sie also doch Glück im Unglück?
Der Fremde lachte, ein dunkles, beinahe bellendes Lachen. „Was soll ich mit einem Auto, Menschenfrau? Bedaure, ich kann dich nicht in die nächste Stadt bringen. Aber an einen anderen Ort..."
„Was für ein Ort?", fragte Meggie panisch, etwas stimmte mit diesem Mann nicht. Nicht nur, dass er nicht zu frieren schien, mitten im Nirgendwo in Jeans und einem roten T-Shirt im Schneetreiben stand und offenbar kein Auto hatte, was ihn her gebracht hatte. Es war seine Ausstrahlung, etwas in seiner Stimme, was Meggie frösteln ließ. Dieser Mann war ihr unheimlich.
„Le-leben Sie hier?", fragte sie und schlang die Arme um sich selbst, das Adrenalin sank in den Keller, was ihr Zittern und ihre Erschöpfung nun vollends zum Vorschein brachte. Der Fremde entblößte eine Reihe unnatürlich spitzer Zähne.
„Könnte man so sagen. Dort ist es warm und trocken und wenn du hier draußen nicht erfrieren willst, rate ich dir, mit zu kommen."
Meggie schluckte. Was sollte sie tun? Der Mann hatte Recht, wenn sie hier blieb, würde sie erfrieren. Sie konnte sich kaum noch bewegen. Ihre Glieder waren von den wenigen Minuten, die sie hier stand, wie eingefroren, zudem war sie vollkommen erschöpft. Aber der Fremde jagte ihr nur durch seine bloße Anwesenheit eine wahnsinnige Angst ein. Welche Option sollte sie wählen? Hier im Nirgendwo erfrieren und als Wolfsfutter enden oder mit dem Mann mitgehen und dort, wo immer er sie hinbringen wollte, nach einer Möglichkeit zu fliehen suchen? Vielleicht war der Mann einfach ein Einsiedler und nicht mehr an Menschen gewöhnt, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Es gab für alles eine Erklärung. Dass er sie 'Menschenfrau' genannt hatte, hatte sie für den Moment erfolgreich ausgeblendet.
„Ich danke Ihnen", sagte sie, als der Mann an ihr vorbei stapfte und eine bestimmte Richtung anzusteuern schien, folgte sie ihm einfach. Es war auf jeden Fall besser, als hoffnungslos im Schnee herum zu irren und auf den sicheren Kältetod zu warten.
Der Weg erschien Meggie wie eine Ewigkeit. Sie fror, sah kaum wohin sie trat und es fiel ihr mit jedem Schritt schwerer, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Sie musste darauf achten, den Fremden nun nicht aus den Augen zu verlieren. Dies bedeutete, dass sie mit seinem Schritt mithalten musste, was alles andere als einfach war. Er bewegte sich scheinbar mühelos durch Schneetreiben, Dunkelheit und Kälte und dies dazu sehr zielstrebig. Unsicher sah Meggie sich um, ihr war, als wären sie keineswegs die einzigen, die durch die Dunkelheit wanderten.
„Ich kann nicht mehr", sagte sie leise, als sie ihre Schritte beschleunigen musste, weil der Mann dies ebenso getan hatte. Sie fiel auf die Knie und sah den roten Fleck, den sie noch vor eine Weile für ihren Leihwagen gehalten hatte, wieder größer werden, als der Mann zurückkam. Missmutig blickte er sie an, schien einen Moment zu überlegen, ehe er sie hochhob und sich wie ein Sack mit Federn über die Schulter warf. Meggie stieß einen überraschten Laut aus, wagte es aber nicht sich zu wehren, auch wenn ihr diese Position mehr als unangenehm war. Wie konnte der Mann sie einfach so locker hochheben? Gut, sie war kein Schwergewicht, aber auch kein Fliegengewicht.
Der Unbekannte sagte keinen Ton, sondern stapfte einfach weiter und schien vergessen zu haben, dass Meggie ein lebendes Wesen war. Sie hatte ihre Mütze verloren, so fielen ihr die Haare wie ein Schleier über den Kopf, was immerhin die Schneeflocken aus ihrem Gesicht fern hielt. Meggie merkte, wie sie trotz all der Umstände schläfrig wurde, die Aufregung und Panik zuvor forderten jetzt ihren Tribut. Immer wieder blinzelte sie und zwang sich, wach zu bleiben. Ob er beschlossen hatte, sie bis in die nächste Stadt zu tragen? Das war doch absurd und unter anderen Umständen hätte sie nun gelacht. Doch nun blieb sie weiterhin reglos auf der Schulter des unheimlichen Fremden liegen und wagte es kaum, tief zu atmen, geschweige denn zu sprechen.
Plötzlich und so unerwartet, dass Meggie einen überraschten und halb ängstlichen Laut von sich gab, hob der Mann sie herunter und stellte sie in den Schnee. Beinahe hätten ihre Beine einfach nach gegeben, so weich waren ihre Knie.
„Wir sind da", sagte er mit einem leichten Grollen in der Stimme, welches Meggie unangenehm frösteln ließ. Als sie aufsah, erkannte sie direkt vor sich eine Felsspalte, in der sich offenbar eine Höhle befand. Sie hob gerade an etwas zu sagen, als jemand im Eingang dieser Höhle erschien, der erst sie, dann ihren Begleiter finster anblickte. Das Blickduell dauerte einen langen Augenblick und Meggie konnte nicht sagen, worum es dabei wirklich ging. Schließlich trat der aus der Höhle Gekommene beiseite, was Meggie als Einladung verstand, einzutreten.
Drinnen empfingen sie eine Helligkeit und Wärme, mit welcher sie nicht gerechnet hatte. Als sie sich umdrehen wollte um zu fragen, wo sie sich befand, war der Mann im roten T-Shirt ihr nicht gefolgt. Stattdessen hörte sie leise und leicht wütende Stimmen, auch wenn sie nicht verstand was diese sagten. Also drehte Meggie sich wieder um, um die Höhle genauer betrachten zu können. Auf vielen Felsvorsprüngen standen brennende Kerzen, in der Mitte brannte ein Feuer und sie fragte sich, warum nicht die ganze Höhle voller Rauch war. Aber als sie zur Decke sah, bemerkte sie dort eine Art Luftabzug, zumindest würde sie dies in einem normalen Haus so bezeichnen.
„Wer bist du, was machst du hier?", hörte sie eine weibliche Stimme aus dem hinteren Teil der Höhle, den sie bisher nicht bemerkt hatte, da dieser im Dunklen lag.
„Ich habe dich etwas gefragt, Mensch", fragte die Frau erneut. Meggie fragte sich, ob alle die hier lebten dieses leichte Knurren in ihrer Stimme hatten und unfreundlich klangen? Zumindest wusste sie nun schon, dass der Mann, der sie her gebracht hatte, kein Einsiedler war. Ein Sonderling ja, aber kein Einsiedler. Ob dies gut oder schlecht war, würde sich erst noch zeigen müssen.
„Antworte endlich!", wurde die Stimme etwas lauter und die Frau trat näher.
„I-ich bin mit--" Sie sah sich hektisch um, doch ihr Retter war noch immer nicht im Inneren der Höhle angelangt. „Also, ich hatte mich verlaufen und da hat mich der Mann im roten T-Shirt gefunden und bot mir an, hier her zu kommen", erklärte sie etwas kleinlaut, holte dann aber tief Luft und straffte etwas die Schultern. „Ich bin Megan Ashcomb", stellte sie sich vor und reichte der Fremden die Hand.
„Espen", schnaubte die Frau, das war so typisch für diesen. Das er aber auch immer so ein weiches Herz haben musste. „Susan", stellte sie sich nun Frau vor und umrundete Megan. „Hmm, viel ist aber nicht an dir dran. Dachte ich könnte dich übers Feuer hängen und rösten. Menschenfleisch schmeckt roh nicht wirklich gut.“
Meggie entfuhr ein nervöses Kichern. „Wo genau bin ich hier? Lebt ihr alle hier in dieser Höhle? Mitten in der Einöde?", fragte sie in der Hoffnung etwas über diesen seltsamen Ort zu erfahren. „Uhm, kann ich mich irgendwo hinsetzen? Ich bin ziemlich viel gelaufen...", fragte sie unsicher, als ihr auffiel, dass es quasi kein Mobiliar in dieser Höhle gab. Wie schliefen diese Leute, mitten auf dem Steinfußboden?
Susan musterte die Frau. „Fühle dich frei, setz dich wo du einen Platz findest oder ist das für deinen menschlichen Hintern nicht weich genug?", wollte sie bissig wissen und entfernte sich wieder. Sie wollte gleich nicht hier sein, wenn ihr Anführer sehen würde, dass ein Mensch in ihrer Behausung war.
Meggie blickte Susan etwas verunsichert an. „Nein, nein, das... geht schon, danke", sagte sie und zog nun doch ihren warmen gefütterten Mantel aus, da es ihr so sehr warm wurde und dieser ihr als weiche Unterlage dienen konnte, wenn es schon keine Stühle oder Kissen gab. Susan war offenbar nicht gut auf sie zu sprechen und ging einfach, Meggie fragte sich, wohin. Gab es hier noch anschließende Räume, die sie wegen des schummrigen Lichts des hinteren Teils nicht sehen konnte? Und wieso hatte sie so abfällig geklungen, als Meggie ihr erzählt hatte, wer sie her gebracht hatte? Espen... ein komischer Name, fand Meggie. Wo blieb der eigentlich? Er hatte sie ohne ein Wort hier her geschleppt und schien nun wie vom Erdboden verschluckt.
Meggie wagte es nicht, jemanden anzusprechen, sie war für den Moment froh um die Wärme und die Trockenheit an diesem Ort. Wenn die anderen sie ignorierten, war ihr das lieber, als wenn sie sie angriffen. So konnte sie vielleicht eine halbwegs ruhige und vor allem warme Nacht verbringen und am nächsten Tag im Hellen hoffentlich ihr Auto unter den Schneemassen wieder finden.
Es entstand einige Unruhe, als ein großer, muskulöser Mann mit dunklen Haaren und erstaunlich hellen Augen die Höhle betrat. Er brauchte nur eine Sekunde um sie zu bemerken. Als er auf sie zukam, verengten seine Augen sich und nahmen einen beinahe feindlichen Ausdruck an.
„Was soll das?", fragte er mit einer Stimme, die wie Reibeisen klang, rau und knurrend. Er hatte nicht einmal laut gesprochen, doch Meggie war sich sicher, dass jeder in der Höhle ihn gehört hatte. „Wer hat das da angeschleppt?" Erschrocken wich Meggie zurück, die gerade hatte Mut sammeln wollen um sich vorzustellen. Davon hielt der Mann offenbar wenig.
„Ich", sagte der Mann in dem roten T-Shirt, der Meggie hergebracht hatte. Er wusste, es brachte nichts, wenn er es verschwieg. Ihr Anführer würde es so oder so erfahren.
„Espen", sagte der Fremde, der sie so abfällig gemustert hatte und drehte sich erst dann zu ihrem Retter um. „Wieso sitzt ein Menschenweib an meinem Feuer und wärmt sich in meiner Höhle?", fragte er scharf, was Meggie dazu brachte, aufzustehen.
„Er hat mir das Leben gerettet, ohne ihn wäre ich dort draußen - "
„Dich hat niemand gefragt, Menschenweib! Also Epsen? Ich höre?"
„Sie ist oder wird mein Weibchen", sagte er ohne jegliche Emotion. Ihr Geruch hatte ihn angezogen, sie passte perfekt zu ihm und würde seine Welpen austragen.
„Bitte?!", entfuhr es Meggie entsetzt, was redete der Mann denn da? Gar nichts würde sie! „I-ich bitte nur um... nur diese Nacht, bitte. Morgen früh bin ich wieder weg, sobald es hell ist und suche mein Auto..."
„Ich sagte dir schon, dein Auto ist weg. Du bleibst hier und wirst meine Welpen austragen oder wirst zu Steak verarbeitet, das ist deine Wahl", sagte Espen entschieden, das würde er ihr noch beibringen, dass sie nicht einfach dazwischen redete, wenn sie nicht gefragt worden war.
Wütend fuhr Meggie auf. „Ich bin doch keine Geisel, hast du sie noch alle?!", fuhr sie besagten Espen an. „Was seid ihr, Einsiedler-Spinner, die Touristen verarschen? Langsam ist mal gut, ihr könnt die versteckten Kameras rausholen." Das war ja kaum zu glauben und sie hatte Espen beinahe gedankt, dass er sie vor der Kälte gerettet hatte. „Ich lasse mich hier nicht festhalten und schon gar nicht vergewaltigen, das ist pervers!" Hastig zog sie ihren Mantel wieder an, sie musste hier dringend weg. Angst kroch wieder in ihr auf. War sie nun von der grausamen Kälte in eine Horde grausamer Männer geraten, die sie einer nach dem anderen vergewaltigen würden? Das war der reinste Horror und sie merkte, wie die Angst erneut in Panik zu kippen drohte.
„Leute, es gibt morgen gerillten Mensch zum Frühstück. Allerdings Tiefkühlmensch", sagte Espen in die Runde und ging weiter in die Höhle. „Der Schneesturm ist noch stärker geworden. Ich werde dich dieses Mal nicht retten, auch wenn ich mich im Gegensatz zu dir hier auskenne und andere Möglichkeiten der Orientierung habe", fügte er noch hinzu, ehe er nach hinten verschwand. Er wusste, Mike würde sie nicht gehen lassen und er wollte nicht sehen, wie er ihr die Kehle durchbiss.
Meggie zauderte. Sie hatte offenbar die Wahl zwischen dem sicheren Kältetod und einer Vergewaltigung von Menschen ohne jegliche Moral - denn sie nahm nicht an, dass diese ein Spiel trieben, sie meinten alles, was sie sagten, auf perfide Art und Weise ernst. Unsicher sah sie zum Höhlenausgang, der pechschwarz war. „Wer seid ihr?", fragte sie leise und tief verunsichert. Sie wollte noch nicht sterben, nicht in dieser Nacht, nicht auf diese Weise. „Was... was muss ich tun um bleiben zu dürfen?" Vor Angst begann sie erneut zu zittern, doch ihr Überlebenswille war stärker als der Fluchtgedanke.
„Eine von uns werden und dann meine Frau", sagte Espen ohne sich wieder umzudrehen. „Wähle weise und wähle schnell. Denn die nächste Entscheidung, die du triffst, wird so oder so deine Endgültige sein", fügte er hinzu und ging weiter zu seinem Schlaflager und ließ Meggie mit Mike alleine, denn alle anderen hatten sich ebenfalls zurückgezogen oder waren noch nicht wieder da.
Meggie fiel es wie Schuppen von die Augen. Natürlich, sie musste in einer dieser bescheuerten Natursekten gelandet sein, die lebten wie die Steinzeitmenschen oder so ähnlich. Wobei diese hier es offenbar noch eine Spur weiter trieben. „Was heißt 'eine von uns'?", fragte sie mit angstvoller Stimme. Wieso ging Espen jetzt weg, wenn er behauptete, sie zur Frau - genauer, zu seinem 'Weibchen' - nehmen zu wollen? Dem Mann mit den hellen Augen traute sie noch weniger. „Ich...ich kann doch bezahlen für die Nacht, ich h-habe fünfzig Dollar bei mir... bitte..."
„Entscheide dich, sonst nehme ich dir die Entscheidung ab", sagte Mike und sah sie ungeduldig an. „Ich gebe dir zwei Minuten." Damit wandte er sich ab und trat in den Eingang der Höhle um dort auf die Entscheidung dieser Menschenfrau zu warten. Ihm gefiel es noch immer nicht, dass Espen sie einfach so mitgebracht hatte, aber gegen die Instinkte war Man(n) machtlos. Dies wusste er und würde Espen da auch keinen Vorwurf machen, aber gefallen musste es ihm nicht.
Unschlüssig stand Meggie da. Eigentlich zog sie alles nach draußen, keine Sekunde wollte sie noch hier bleiben. Draußen allerdings lauerte der Tod. Sie würde einen anderen Weg finden müssen... später in der Nacht konnte sie vielleicht fliehen, wenn der Morgen nicht mehr fern war. Dann waren ihre Überlebenschancen größer und im Hellen fand sie sich leichter zurecht. „I-ich werde bleiben", hörte sie sich leise sagen, auch wenn sie noch immer keine Ahnung hatte, wer diese Menschen eigentlich waren und auf was sie sich hier einließ. Sie musste wirklich wahnsinnig sein. Aber dieser Wahnsinn rettete ihr - für den Moment - zumindest das Leben, bis sie eine Möglichkeit fand, dem zu entkommen.
Mike nickte. Damit hatte er gerechnet, dass sie sich so entscheiden würde. Alles andere wäre auch Wahnsinn gewesen, aber gefallen musste es ihm nicht. „Joana!", rief er in die Höhle hinein und wartete bis diese kam. Als sie neben ihm stand, schenkte er ihr ein kleines Lächeln. „Dies ist Espens Zukünftige, nimm dich bitte ihrer an, ich weiß nicht wie sie heißt, aber vielleicht verrät sie es dir ja. Mensch, dies ist meine Frau, benimm dich also, sonst bekommst du es mit mir zu tun", sagte er und trat weiter in die Höhle um sein eigenes Lager auf zu suchen. Was vom Hauptraum der Höhle nicht zu sehen war, dass sie sich teilte. Es gab noch drei weitere Höhlen, eine etwas Kleinere in welcher sie Vorräte jeglicher Art lagerten und zwei etwa gleich große Höhlen die als Schlafräume dienten. Einer war für die Frauen, der zweite für die Männer und in diesen begab er sich um sich zur Ruhe zu betten. Er wusste, er konnte sich auf Joana verlassen, sie würde es bemerken, wenn die Frau versuchen sollte zu fliehen, was er ihr nicht raten würde.
Joana trat auf die Fremde zu. „Komm mit mir. Wir machen dir schnell ein Lager zurecht, dann kannst du dich ausruhen“, sagte sie neutral und schob die Frau vor sich her.
Unsicher sah Meggie die Frau an, die von dem Mann sogar ein Lächeln bekommen hatte. Was würde sie geben für ein Lächeln, ein einziges freundliches Wort, eine winzige Geste des Willkommens. Doch alles was ihr entgegen schlug war Feindseligkeit und Ablehnung, der Mann von eben hatte sie behandelt wie ein Ding und nicht wie einen Menschen. „I-ich bin Meggie", stellte sie sich schließlich vor, vielleicht war diese Joana ja etwas freundlicher als ihr vermeintlicher Mann. „U-und danke für deine Hilfe." Mehr traute sie sich nicht zu sagen, es schien nicht erwünscht, dass sie überhaupt etwas sagte und so folge sie Joana einfach in den hinteren Teil der Höhle.
„Joana, aber das sagte Mike ja eben schon", meinte diese und ging in die Vorratshöhle. Sie sah sich kurz um und nahm schließlich eine Isomatte und einen Schlafsack. „Ich hoffe, dies genügt dir. Eigentlich benutzen wir diese Dinge nur für unsere Kinder, deshalb musst du auch gleich leise sein, wenn du in die Schlafhöhle der Frauen kommst, denn dort schlafen die Kleinen ebenfalls", erklärte sie und führte Meggie weiter, bis sie schließlich in der richtigen Höhle waren. „Hier kannst du dir dein Lager bauen", sagte sie und legte die Dinge, die sie aus der Vorratshöhle mitgenommen hatte, auf den Boden, ehe sie zu ihrem eigenen Schlafplatz ging, der nur wenige Meter entfernt war.
Meggie versuchte angestrengt etwas zu erkennen, doch hier, wo keine Feuer mehr brannten, musste sie sich eher voran tasten und war froh, nirgends ernsthaft gegen zu stoßen.
„Danke", flüsterte sie leise, als sie sich daran erinnerte, im Schlafraum leise zu sein. Vorsichtig tastete sie nach den Dingen auf dem Boden und legte erst die Matte aus, ehe sie den Schlafsack darauf ausrollte. Dann setzte sie sich hin und zog ihre Schuhe aus um in den Schlafsack zu kriechen, etwas, was ihr unheimlich laut vorkam, vor allem, als sie den Reißverschluss zu zog. Sie legte ihren Mantel über sich, der sie zusätzlich wärmte und drehte sich auf die Seite. Eine ganze Weile konnte sie nicht einschlafen, doch irgendwann siegte die Erschöpfung der letzten Stunden und sie driftete in einen unruhigen Schlaf, in dem Espen, Mike und Joana sich in kannibalische Bestien verwandelten.