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Re: 3. Bélan-Inseln
Verfasst: So 12. Apr 2020, 16:39
von Cassiopeia
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Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Mittag
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Aceio nahm jede noch so kleine Reaktion Haykims wahr - auch das Schulterzucken, ehe er sich dessen bewusst wurde. Innerlich seufzte er. Konnte es sein, dass Semra und Torjan Haykim hatten ausliefern wollen und ihn zu unrecht beschuldigten?
"Sie werden sterben", informierte er Haykim anstatt eines weiteren Schlages, "sie brachten eine Wanne mit Schwefelsäure versetzten Wassers in die Gemächer der Ersten Herrin, welche dem Anschlag auf ihr Leben nur knapp entkam. Dafür werden sie sterben, qualvoll. Semra nannte Euren Namen als den des Drahtziehers. Wenn Ihr also Euren Kopf aus der Schlinge ziehen wollt, beweist mir, dass Ihr unschuldig seid und wirklich nichts von den Anschlag wusstet."
"Ein Haus, das so groß ist, hat bestimmt einen Namen", überlegte ein Junge, "aber ich kenne ihn nicht. Vielleicht... Himmelspalast? Oder Meerespalast? Es ist nicht weit zum Meer von hier aus habe ich gesehen - und der Palast hat Türme bis in den Himmel!"
Re: 3. Bélan-Inseln
Verfasst: So 12. Apr 2020, 17:12
von Tjeika
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Eza & Haykim
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Mittag
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Haykim blinzelte.
"Das ist ein äußerst geschickter Anschlag. Zugegeben. Auch wenn ich sicherlich eine andere Methode gewählt hätte. Eine, bei der ich die Priester des Totenkultes nicht beleidigt hätte, indem ich das Heilige Wasser entwende", erklärte er dann irgendwo zwischen gelassen und irritiert.
"Hätte ich diesen Anschlag initiiert, dann hätte ich es sicherlich nicht auf eine Weise stattfinden lassen, die mich meinen Kopf kosten würde. Und derjenige, der dahintersteckt, wird sich unweigerlich wegen Blasphemie verantworten müssen."
Ein warmes Lächeln zierte Ezas Lippen, als die Namensvorschläge der Kinder kamen. Es waren schöne Vorschläge, welche, die tatsächlich nur von Kindern stammen konnten. Sie waren positiv und strahlten eine Art des Willkommens aus.
Im Gegensatz zum eigentliche Namen dieses Hauses.
"Vielleicht sollten wir diesen Palast umbenennen", überlegte sie, "eure Namen sind viel schöner als der, den dieser Palast einst erhalten hat. Man nennt ihn Knochenpalast."
Sie seufzte, als sie die Kinder betrachtete.
"Ich erzähle euch das aus einem guten Grund", begann sie dann etwas ernster zu werden.
"Ein Palast, das solch einen finsteren Namen trägt, steht in keinem Land, das so wunderbare Kinder wie euch beherbergen kann. In einigen Wochen gehen Aceio und ich auf Reisen und wir möchten, dass ihr uns begleitet. Weg von hier, weg von den Leuten, die euch so furchtbar behandelt haben."
Re: 3. Bélan-Inseln
Verfasst: So 12. Apr 2020, 19:45
von Cassiopeia
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Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Mittag
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Aceio ging um Haykim langsam herum und drückte ihm den Daumen unangenehm in den Halsnerv.
"Warum nannte Semra deinen Namen?", fragte er ihn, den Mund nahe an Haykims Ohr. "Was hat sie davon, dich auszuliefern? Warum will sie dich dem Galgen zuführen?"
Er ließ den Nervenpunkt los und musterte Haykim sehr aufmerksam. Sie mussten ihn dran kriegen. Wegen irgendetwas.
Die Blicke der Kinder waren groß und fragend.
"Wo werden wir hinfahren?", fragte ein Mädchen leise und hielt die Puppe, die es mitgenommen hatte, ganz fest im Arm.
"Warum kann ich nicht nach Hause? Seid Ihr auch wie die Leute und gebt uns weiter? Dann seid Ihr nicht besser als die!"
Re: 3. Bélan-Inseln
Verfasst: So 12. Apr 2020, 19:53
von Tjeika
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Eza & Haykim
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Mittag
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Haykim ließ sich nichts von den durchaus stark vorhandenen Schmerzen anmerken. Er biss sich auf die Unterlippe und kniff nur ein wenig die Augen. Doch kein Laut verließ seine Lippen.
"Das solltet Ihr wohl besser diese Semra fragen, mein König."
Dieses Mal gelang es ihm schon zumindest ein klein wenig besser, den Hohn aus seiner Stimme zu verbannen. Der fiese Druck auf die Halsnerven tat sicher sein Übriges dazu.
"Ich kann Euch diese Frage jedenfalls nicht beantworten. Sollte ich Euch oder Eure Gemahlin umbringen wollen, so seid gewiss, Ihr werdet wissen, wer Euren Tod wünscht."
Eza biss sich auf die Unterlippe. Das waren schwierige Fragen, die das Mädchen da stellte.
"Ich möchte euch in Sicherheit bringen. Ich möchte euch nicht einfach nur weggeben, ich möchte euch zum Vater meiner Tochter bringen. Das ist weit weg von hier und dort können euch die Leute, die euch gefangen hielten, nichts mehr antun."
Re: 3. Bélan-Inseln
Verfasst: So 12. Apr 2020, 21:39
von Cassiopeia
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Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Mittag
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"Du nanntest die Erste Herrin bereits ein Verräterin", erinnerte er Haykim, "deren Legitimation du nicht anerkennst. Das wären für mich Gründe genug, jemanden... aus dem Weg zu räumen. Aber gut. Gehen wir - für einen Augenblick - davon aus, du weißt wirklich nicht, wovon die Rede ist. Das könnte dir den Kopf retten. Was hat es mit den Kindern auf sich?"
Die Fragestunde war schließlich noch nicht beendet.
"Wo ist Eure Tochter?", fragte derselbe Junge wie zuvor. "Wieso leben sie nicht bei Euch?"
"Ich will nicht weit weg von hier", sagte das kleine Mädchen mit der Puppe leise. "Und wenn der Mann uns auch weg gibt? Warum wollt Ihr, das wir zu ihm gehen?"
Re: 3. Bélan-Inseln
Verfasst: So 12. Apr 2020, 21:46
von Tjeika
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Eza & Haykim
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Mittag
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"Nun, weil sie eine Verräterin ist", erklärte Haykim mit einem Schulterzucken.
Wie sollte er jemanden, der einen Verrat begangen hatte, denn auch sonst nennen?
"Aber ich bin dennoch nicht so irre, einen Mord an ihr in Auftrag zu geben. Wenn Eure Gattin stirbt, kommt meine Schwester an die Macht."
Er beugte sich, soweit es seine Fesseln zuließen, nach vorne und meinte leise, beinahe verschwörerisch: "Und das kann niemand wollen!"
Die Frage, die Aceio anschließend stellte, wusste er nicht so recht einzuordnen. Jedenfalls legte Haykim seine Stirn in Falten.
"Von welchen Kindern sprechen wir hier? Nur, damit ich die Frage recht verstehe."
Eza kratzte sich am Kopf. Das wurde alles immer komplizierter und sie fühlte sich tatsächlich ganz schön überfordert.
"Sie ist erwachsen und hat mittlerweile selbst einen Ehemann", beantwortete sie zunächst die Frage, die leichter zu beantworten war.
Dann atmete sie tief durch.
"Weißt du, hier gibt es Menschen, man nennt sie Sine, die Menschen wie uns, die wir zaubern können, nicht mögen. Sie neiden uns unsere Fähigkeiten. Und deswegen trachten sie nach unserem Leben. Ich würde euch am Liebsten allesamt bei mir behalten, ich würde für euch sorgen, euch die beste Ausbildung zukommen lassen. Doch damit schwebt ihr stets in der Gefahr, dass die bösen Männer zurückkommen. Ich möchte, dass ihr zu dem Vater meiner Tochter geht, weil ich ihm vertraue. Ich würde ihm mein eigenes Leben anvertrauen. Er ist der Einzige, der euch beschützen kann."
Re: 3. Bélan-Inseln
Verfasst: So 12. Apr 2020, 22:37
von Cassiopeia
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Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Mittag
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"Man könnte meinen, als ihr Bruder wärst du deiner Schwester loyal ergeben und wünscht ihr die Macht, den Thron zu besteigen", sagte Aceio ein wenig verwundert und lauernd zugleich. "Sie steht offen gegen die Erste Herrin und es ist kein Geheimnis, dass sie ihr den Tod wünscht. Was dich zum Mitwisser macht."
Daran gab es nichts zu rütteln.
"Von den verkauften", erwiderte Aceio knapp auf die Nachfrage zu den Kindern. Dieses Verhör ging gewaltig schief, hatte er den Eindruck. Und mit Gewalt würde er kaum mehr erreichen. Doch Eza würde es erwarten. Also musste er abwägen, wie vorzugehen war. Diese Antwort würde er Haykim noch geben. Dann würde er drastischere Maßnahmen anwenden müssen.
Es war Myra, die noch immer die Hand Ezas hielt, die leicht nickte.
"Es stimmt, was sie sagt", sagte das Mädchen leise und ernst. "Die Menschen hier sind böse, weil wir besonders sind. Doch der Mann, von dem sie spricht, er ist gutherzig und kann helfen. Er ist auch besonders", sagte sie und sprach das Wort dabei gesondert betont aus, als sei es ein Geheimnis, das sie eigentlich nicht weiter erzählen durfte.
Re: 3. Bélan-Inseln
Verfasst: Mo 13. Apr 2020, 13:20
von Tjeika
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Eza & Haykim
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Mittag
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"Oh, ich bin meiner Schwester loyal ergeben", antwortete Haykim und lachte leise, beinahe verzweifelt.
"Ich habe auch keine andere Wahl, sie ist... weit mächtiger, als man annehmen könnte. Dennoch, ich würde stets alles tun, um ihre Machtergreifung zu verhindern. Sie... ist dunkler, als Ielia es je hätte sein können. Sie ist der Albtraum eines jeden, der einen freien Willen schätzt. Sie ist wie Nalahr. Nur schlimmer."
So düster seine Worte waren, so düster sprach er sie auch aus.
Kurz noch brauchte Haykim um die Frage einzuordnen, dann nickte er knapp. Was hatte er auch schon zu verlieren? Sein Leben war verwirkt, davon ging er fest aus.
"Ich nehme an, ihr sprecht von den Magierkindern", schlussfolgerte er und nickte neuerlich.
"Wir schaffen sie außer Landes. Also... wir bringen sie zu Leuten, die sie außer Landes schaffen. Damit sie für uns und unsere Herrschaft keine Gefahr darstellen. Das wird seit jeher so getan. Nun, bevor Nalahr kam, hat man sie getötet. Er besaß immerhin die Gnade, sie am Leben zu lassen. Nur eben halt nicht hier."
Erleichtert atmete Eza aus und schloss gleichermaßen kurz die Augen, als Myra ihr zur Seite sprang.
"Er kann... mit den Toten und Geistern sprechen. Ein wenig wie die Totenpriester, nur, dass es eine Besonderheit ist, wie bei euch und nicht eine Sache des Tempels. Meine Tochter hingegen kann Gedanken lesen. So wie Myra das Wesen eines Menschen erkennen kann, kann sie dies mit Gedanken", erklärte sie die Besonderheit Nyaths.
"Und er ist stets gut zu Kindern. Ihr werdet es gut bei ihm haben", versprach sie sich ihrer Sache äußerst sicher.
Re: 3. Bélan-Inseln
Verfasst: Mo 13. Apr 2020, 14:01
von Cassiopeia
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Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Mittag
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Endlich, dachte Aceio. Endlich redete er.
"Es sind Kinder", wandte er ein und beobachtete Haykim aufmerksam. "Welche Gefahr kann von ihnen ausgehen? Von ihrer Magie? Wie können sie die Herrschaft bedrohen - wessen Herrschaft? Nalahrs? Iealias? Thojiras?"
Handelten sie nur auf Auftrag, weil es >immer so gemacht wurde< oder steckte da mehr dahinter, der Aberglaube, magische Kinder brachten Unglück?
Die Offenbarung von der Magie Nyaths überraschte einige Kinder.
"Dann... gibt es mehr wie uns? Und... sie sind keine bösen Menschen?", fragte ein Mädchen leise. Das war ihnen erzählt worden. Wieder und wieder. Dass sie Unglück brachten. Dass sie nicht normal seien. Dass sie weg mussten und andere in Gefahr brachten.
Re: 3. Bélan-Inseln
Verfasst: Mo 13. Apr 2020, 14:08
von Tjeika
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Eza & Haykim
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Mittag
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Haykim zuckte mit den Schultern.
"Nalahr hat sie weggeschickt und genauso handhaben wir das immer noch. Es gab stets gute Gründe, sich von Magiern fernzuhalten. Sie lehnen uns ab, das taten sie immer. Sie vertrieben uns Nekromanten und Blutmagier. Dieser Ort hier ist unsere letzte Zuflucht. Dies hier müssen wir vor ihnen schützen."
Er sah sie als Einheit, Nekromanten, Blutmagier. Sie alle waren Vertriebene.
"Nein, wir sind keine bösen Menschen. Wir sind einfach nur anders. Und Menschen, die anders sind, machen anderen Menschen Angst, weil sie diese Besonderheit nicht verstehen können", versuchte Eza es in Worte zu kleiden.