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Aceio
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Abend

Aceio war etwas überrascht, wie gut Eza das sicherlich traditionell angebrachte Verhalten einer Frau zeigte. Ryorr schien davon zumindest nicht im mindesten irritiert und so versuchte auch Aceio, nicht weiter darauf einzugehen. Er hatte schon bei seinem ersten Aufenthalt erfahren, dass Frauen in der Gegenwart von Männern wenig zu sagen hatten. So gern er Eza auch direkt einbezogen hätte, hätte er damit wohl direkt die Gunst Ryorrs verspielt. Das durfte er sich dieses Mal nicht leisten.
Ryorr hingegen hob nur eine Augenbraue als einzige Gesichtsregung.
"Piraten?" Er schüttelte den Kopf. "Ehrenwerter Herr Aceio, sagt mir, wieso sollte ich einen so weiten Handelsweg eingehen mit der Gefahr auf Piraten zu treffen? Port Soles liegt sehr weit im Osten, einige Wochen weit."
Aceio nickte leicht. "Das ist richtig, Hoher Herr. Die Küsten von Sombal oder Cyran und damit deren Märkte sind weitaus näher. Doch auch ungeschützter. Und glaub mir - viele jener Waren werden ohnehin nach Port Soles weiter verkauft für einen weitaus höheren Preis als Eure Händler in den Erstverhandlungen erzielen. Wäre es da nicht gerechter, direkt an die Stadt der Sonne zu verkaufen?"
Der König von Cyran war ein gerissener Händler, das wusste Aceio. Er musste es irgendwie schaffen, ihn auszustechen, damit es die Kassen von Port Soles waren, die klingelten, und nicht die Cyrans.
"Die Piraten sind eine Plage, Herr. Sie kreuzen auf den Meeren, vor allem zwischen Seyîn und Cyran. Nun, wo das Land Bélan nicht länger aus dem Handelsbund Chomas ausgeschlossen ist, werden sie auch Euer Reich aufsuchen und Schmugglerhäfen errichten. Soll Euer Volk durch Schmugglerware auf dem Schwarzmarkt bei uns bekannt werden oder durch ehrenhaft angebotene Ware, die einen fairen Preis erzielt?"

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Abend
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Eskya wusste, dass sie gegenüber Aceio sicherlich noch etwas zu erklären hatte. Aber sie ging lieber auf Nummer sicher. Sie wollte Ryorr nicht noch weiter in die Enge treiben, als sie es ohnehin schon getan hatte. Daher hatte sie es für richtig und wichtig erachtet, ihn vor einem so wichtigen Mann wie Aceio respektvoll zu behandeln. Das konnte Aceios Anliegen nur von Vorteil sein.
Einen kurzen Seitenblick zu Aceio erlaubte sie sich. Ryorr würde nicht weiter auf sie achten. Da konnte sie wenigstens indirekt in das Gespräch eingreifen.
Ganz knapp nickte sie, in der Absicht - und Hoffnung - Aceio interpretierte sie richtig. Sie mussten Bélan militärisch unterstützen, damit das hier zu ihrer aller Vorteil laufen würde. Angefangen eben auch mit den Besatzern.
Aber zunächst würde zählen, was Ryorr dazu bisher zu sagen hatte. Er gab sich skeptisch. Und wie sie zugeben musste, durchaus zurecht.

Aceio / Ryorr
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Abend

Ryorr ließ einen bedeutenden Moment verstreichen, ehe er reagierte.
"Fahrt fort, Aceio. Ihr habt meine Aufmerksamkeit. Wie soll Ihr für diesen genannten Schutz sorgen?"
Aceio lächelte leicht. Er nahm Ezas kurzen Seitenblick und Nicken sehrwohl wahr und erkannte ihre Mitteilung. Er würde versuchen, sie bestmöglich zu übermitteln.

"Mit Verlaub, Hoher Herr, Euer Reich war lange Zeit sehr isoliert. Wir bieten Euch Unterstützung an, in Schiffen und Militär, Euren Weg nach Osten zu sichern. Dazu besitze ich die richtigen Kontakte zu den Kreisen der Piraten. Auch sie wollen am Ende nur Geld." Dafür würde Nyath sorgen, dass die Handelsschiffe nicht angegriffen wurden und die Piraten dennoch entlohnt würden. Schutzgeld, das war Aceio klar. Doch notwendiges, verschmerzbares Schutzgeld für das, was er umzusetzen gedachte.

Es dauerte lange, bis Ryorr antwortete.
"Als unserer Erster Herr Nalahr auszog um den Weg nach Choma zurück zu gewinnen, nahm er unsere Flotte mit", räumte er ein. "Keiner von ihnen kehrte je zurück. Kein einziges Schiff. Wir haben keine Erfahrung mit dem Seehandel und es wäre töricht, etwas anders zu behaupten."
Er sah Aceio abschätzend an.
"Ihr bietet Militärische Hilfe, Schiffe, einen freien Hafen und die Abwehr von Piraten. Was fordert Ihr dafür?"
Ah, dachte Aceio. Endlich begannen die Verhandlungen.
"Die Öffnung der Häfen von Bélan und den Beitritt in den Handelsbund Chomas. Offiziell."

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Abend
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Eskyas Mundwinkel zuckten nun doch. Ganz leicht nur und man würde es nur sehen, wenn man ihre Mimik genau betrachtete.
Innerlich jedoch klopfte sie sich selbst auf die Schulter. Das hier würde zu einem Erfolg werden - sowohl für Ryorr, der seine Stellung festigen konnte, für Aceio, der Port Soles den Rang verschaffen würde, den es brauchte, um sich selbst auf den Thron zu installieren, als auch für beide Reiche, die beide profitieren würden.
Und natürlich für Eskya, die hiermit Bélan hatte helfen können, das ihr durchaus am Herzen lag, als auch Aceio einen Vorteil verschaffen konnte. Und der lag ihr auf gewisse Art auch am Herzen.
Und sie hatte Ryorr bewiesen, dass sie geschickter war, als er selbst. Das war nur ein kleiner Triumph für sie selbst, den sie derzeit allerdings gut gebrauchen konnte.
Jetzt mussten sie sich nur noch einig werden.

Aceio / Ryorr
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Abend

"Trete ich dem Bund bei, handele ich ebenso mit Sombal und Cyran", bemerkte Ryorr. "Ich kann meinen Händlern dann nicht befehlen, welchen Hafen sie anzulaufen haben. Wenn Ihr einen Handel zwischen Bélan und Port Soles wollt, das, wenn ich richtig informiert bin, im Land Embra liegt, dann brauchen wir keinen Handelsbund. Dann brauchen wir einen exklusiven Vertrag."
Aceio lächelte leicht und neigte den Kopf. Dass diese Idee von Ryorr selbst kam und ihn glauben ließ, was wäre seine eigene Idee, war ungemein von Vorteil.
"Sehr wohl, Hoher Herr. Es wäre mir eine Ehre, diesen Vertrag mit Bélan zu schließen."
Ryorr erwiderte das Lächeln minimal.
"Ihr seid kein Herrscher Eures Landes. Seid Ihr befugt, einen derartigen Vertrag zu schließen?"
Aceio seufzte innerlich auf. Musste er dem Zweiten Herrn nun die politische Lage in Embra erklären?
"Versteht Port Soles eher als Stadtstaat, Hoher Herr", versuchte er daher eine Erklärung. "Es gibt andere kleinere Unterstaaten in Embra - wie Reibe im Norden oder Duka im Osten. Es steht Euch selbstverständlich frei, auch mit ihnen Handel zu treiben. Doch in Port Soles allein leben siebenmal so viele Menschen wie in Duka. Wir sprechen von einer Kaufkraft von siebenhunderttausend Menschen."
Bei der Zahl weiteten sich die Augen Ryorrs einen winzigen Moment. Er hatte nicht gewusst, dass so viele Menschen in einer Stadt leben konnten!
"So steht Ihr dann vor mir als Handelsvertreter der Stadt Port Soles", konstatierte er und nickte leicht. "Ich werde einen Vertrag aufsetzen lassen zwischen Bélan und Port Soles, über Eure Gewährleistung des Schutzes der Handelsroute und deren Schiffe sowie Unterstützung durch Schiffe und Militär. Im Gegenzug öffnen wir die Häfen für Eure Waren und treten nach einer Probezeit von einem Jahr in den Handelsbund Chomas ein."

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Abend
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Aceio war geschickt. Äußerst geschickt. Ryorr mochte es entgangen sein, doch Eskya selbst hatte durchaus das diplomatisch äußerst kluge Manöver durchschaut, das Aceio da eingeleitet hatte.
Und Aceio war noch weit geschickter vorgegangen, als es darum ging, zu belegen, dass er sehr wohl befugt war, für Port Soles Verträge abzuschließen.
Ryorrs Erstaunen war beinahe greifbar, dazu musste sie ihn nicht einmal direkt ansehen, als er begriff, um was für ein Handelsvolumen es sich im Bestfalle handeln konnte.
Endlich schüttelten beide Männer die Hände. Es war geschafft. Das war ein wahrer Coup - und würde Cyran mitnichten gefallen. Das war das Problem, dem sie sich als nächstes widmen mussten, unweigerlich.

Aceio / Ryorr
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Abend

Erleichtert ergriff Aceio die Hand des Zweiten Herrn Ryorrs. Es war geschafft, der Vertrag mündlich besiegelt. Jetzt durfte ihnen nichts mehr dazwischen kommen bis sie die Verträge beiderseits unterschrieben und besiegelt hatten.
"Lasst uns nun überlegen, wie wir Cyran und Sombal aus meinem Hafen schicken." Das würde sehr unhöflich werden und vielleicht sogar einen gewaltigen Angriff bedeuten.
"Sagt, wie viele Schiffe bringt Ihr zu Eurer Unterstützung?"
Aceio ahnte, wohin das führen konnte.
"Wenn wir Cyran angreifen und Sombal, stehen wir schnell im Krieg mit beiden Ländern. Ich schlage eine diplomatische Lösung vor. Ich nehme an, Ihr habt bereits mit beiden Abgesandten gesprochen?"
Ryorr nickte. "Gewiss. Doch ein Angebot wie Eures konnte mir keiner unterbreiten", sagte er nicht ohne eine gewisse Genugtuung. "Erweist mir die Ehre eines gemeinsamen Abendmahls, mein ehrenwerter Herr, gemeinsam mit Eurer Begleitung." Er sah das erste Mal in diesem Gespräch wieder zu Eza und neigte leicht den Kopf. Es war ausgeschlossen, sie nicht einzuladen als Erste Herrin Bélans - auch, wenn das niemand hier wusste.
"Ich werde auf Euer Angebot einer diplomatischen Lösung eingehen und die Abgesandten ebenfalls einladen - nach dem Essen. Das Essen selbst soll unser Anlass zur Feier dieser Einigung sein."

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Abend
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Eskya nickte leicht, als Ryorr das versteckte Respektzollen äußerst geschickt unterbrachte. Aceio musste nicht wissen, weswegen genau sie mit an der Tafel sitzen würde. Sie wusste es, Ryorr wusste es. Das genügte für den Augenblick.
Dennoch wusste sie auch, dass Aceio das Angebot zu Essen ausschlagen würde. Zumindest für heute Abend. Es galt einiges zu bereden. Und auch Ryorr würde Zeit brauchen Dinge in die Wege zu leiten.
Die Einladung war im Grunde reine Höflichkeit. Erneut war sie es, die Aceio einen kurzen, aber eindeutigen Blick zuwarf.

Aceio / Ryorr
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Abend

Aceio brauchte Ezas Seitenblick nicht zu lesen um zu wissen, was sie ihm sagen wollte. Er deutete eine leichte Verbeugung an vor Ryorr.
"Verzeiht meine Unhöflichkeit, Hoher Herr, doch heute Abend muss ich Euch leider absagen. Es ist bereits nach Sonnenuntergang und ich muss einiges mit meiner Flotte besprechen und Vorbereitungen treffen. Ich freue mich darauf, mit Euch zu speisen, wenn alle Verträge unterschrieben und gesiegelt sind. Es wäre mir eine Ehre, Herr", sagte er und verneigte sich nun wirklich.
Ryorr lächelte minimal und nickte.
"So soll es sein. Die Ehre ist ganz meinerseits, werter Herr Aceio. Ich freue mich auf unsere Geschäfte - und das Essen in Eurer Gesellschaft. Wenn Ihr zufrieden seid, erlaubt mir, Euch in die Empfangshalle zurück zu geleiten und meine Einladung für morgen Abend auszusprechen."
"Wir freuen uns darauf", sagte Aceio und sprach bewusst für sich und Eza. "Vielen Dank für die Ehre dieses Gespräches, Hoher Herr."
Ryorr geleitete sie durch den Gang zurück und verabschiedete sich noch einmal von Aceio, während er Eskya nur einen sehr kurzen Blick zuwarf. War dies ihr Werk gewesen? Dann verstand er sehr gut, weshalb sie die Erste Herrin geworden war.

Niemand hielt sie auf als sie den Palast verließen und Aceio erlaubte sich ein leises aber tiefes Aufatmen, als sie an der frischen Luft waren.
"Unglaublich", murmelte er lächelnd. Sie hatten es wirklich geschafft.

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Eskya "Eza" Zarin
Bélan-Inseln
Anfang Februar
146. Jahr des Lichts
Abend
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Eskya folgte schweigend, aber zufrieden lächelnd. Sie alle waren zufrieden - und sie alle hatten heute Abend gewonnen. Wenn ein Pakt, bei dem alle gewannen, kein guter Pakt war!
Als Ryorr sie auf die eher verdeckte Art verabschiedete, nickte sie dezent und unauffällig. Er hatte alles bestens ausgeführt, das durfte er durchaus wissen.
Und sie hatte heute etwas Entscheidendes herausgefunden: Ihr Wort hatte hier auf den Bélan-Inseln noch großes Gewicht! Mehr noch, wenn sie es drauf anlegte, dann könnte sie ihn sogar stürzen.
Das dürfte noch von Vorteil sein. Doch vorerst war es gut, dass Ryorr ganz offiziell die Geschicke des Reiches in der Hand hielt. Und, wenn sie ehrlich war, sie hatte nicht das geringste Interesse daran, Bélan zu beherrschen.

"Es ist geschafft", atmete auch Eskya erleichtert auf.
Sie schenkte Aceio ein warmes, ja, strahlendes Lächeln.
"Und dies ist allein Eurem Verhandlungsgeschick zu verdanken!", erkannte sie an.
Nun war sie es, die ihn am Liebsten geduzt hätte.