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Samaa
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Mittag

Samaa nickte dankbar Esla und Anaora zu. Ihr letzte wacher Blick fiel auf ihre kleine Tochter, die gerade selber friedlich schlief. Hatte sie nicht etwas von ihrem Vater? Mit einem Lächeln und dem Gewissen, in Sicherheit zu sein, schlief sie schließlich ein.
Sie hatte einen traumlosen, tiefen Schlaf. Sie war so erschöpft.
Irgendwann wachte sie von einem leisen Wimmern auf, aus verquollenen Augen blickte sie auf ihre Tochter. Mit noch immer schweren Knochen richtete sie sich etwas auf, hob ihre Tochter an die Brust und ließ sie trinken. Sie mußte sich sehr zusammenreißen, nicht gleich wieder einzuschlafen.
Und sie war froh, als ihre Tochter fertig war und selber wieder einschlief. So konnte sich Samaa ebenfalls noch mal hinlegen und schlafen.
Sie wußte nicht, wie lange sie wirklich geschlafen hatte, als sie wieder erwachte. Sie fühlte sich etwas besser. Ihre Tochter atmete ruhig neben ihr, sie sah so friedlich aus, was Samaa ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Sie stützte ihre Kopf auf ihre Hand und beobachtete den Schlaf ihrer Tochter. Sie hoffte, sie würde in einer guten Welt aufwachsen und dass sie für sie eine gute Mutter sein konnte.
Vorsichtig setzte sie sich auf, um die Kleine nicht zu wecken und sah sich zum ersten Mal ganz bewußt in der Höhle um. War das wirklich das Umfeld, in dem sie ihre Tochter aufwachsen lassen wollte? Wahrscheinlich war es für ihre Tochter lange nicht so undenkbar, wie es für sie selber war. Alles war so primitiv, keine Technik und irgendwie keine Sicherheit. In ihrem Kopf mußte sie so einiges Überdenken und Entscheidungen treffen.
Ihre Tochter wurde unruhig und als sich Samaa zu ihr beugte, ahnte sie etwas... allerdings wußte sie nicht, wie sie die Windel wechseln mußte. Sie fühlte sich so unnütz und unbeholfen. Sie hatte ein Kind zur Welt gebracht und wußte noch nicht mal, wie die einfachsten Handgriffe gingen. Vorsichtig richtete sie sich auf und nahm ihre Tochter auf den Arm.
Sie trat in den großen Raum der Höhle und ihre Augen suchten nach Esla, die sie schließlich fand. Sie ging, mit etwas wackligen Beinen zu ihr. "Esla, ich glaube, ich brauche deine Hilfe.", gab sie etwas betreten zu.

Esla
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Mittag

Esla saß in der Höhle und besserte eine Decke aus, als Samaa sie ansprach. Sie lächelte, als sie erkannte, was das Problem war und erhob sich.
"Oh, aber sicher. Komm, ich zeig dir alles. Dann kannst du es selbst machen."
Sie sah Samaa überrascht an. "Du bist schon auf?" Doch Samaas Gang wirkte alles andere als sicher und Esla hielt es für besser, die junge Frau wieder zurück zu bringen. Sie war noch sehr schwach.
"Vorhin habe ich nach dir gesehen. Da hast du tief und fest geschlafen", sagte sie, es war ein sehr schönes Bild gewesen. "Hast du Hunger oder Durst? Du musst dich gut versorgen, du und deine Tochter braucht die Energie und Nahrung und viel Flüssigkeit."

Samaa
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Mittag

Auf wackeligen Beinen folgte Samaa Esla. Sie schaute ihr genau zu, wie sie ihr kleines Mädchen wickelte, damit sie es dann selber übernehmen konnte.
"Es ist für mich ungewohnt, in so einer passiven Rolle zu sein. Ich bin sonst immer aktiv, habe funktioniert und eben gearbeitet. Ich fühle mich gerade so nutzlos.", Samaa seufzte. Sie hatte sich mit ihrer neuen Rolle noch nicht abgefunden.
"Aber ich habe wirklich gut und tief geschlafen. Es war ja doch alles sehr anstrengend. Ich bin nur froh, dass die Kleine ebenfalls geschlafen hat.", sie lächelte schwach.

Esla
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Mittag

Esla zeigte Samaa alles in einzelnen Schritten, damit sie es verstand und selbst machen konnte beim nächsten Mal.
"Was hast du denn zuhause gemacht? Beruflich, aber auch privat? Wie hast du gelebt?", fragte sie neugierig. "Und eine Sorge - du musst hier nicht krampfhaft eine Aufgabe finden. Du hast vor wenigen Stunden erst entbunden! Oh, da fällt mir ein, wir wollen am Abend ein kleines Willkommensfest für deine Tochter feiern, wenn du einverstanden bist. Ein neues Kind Marrekhs begrüßen."

Samaa
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Mittag

Samaa merkte, dass ihr etwas schummrig wurde, nahm daher ihre kleine Tochter wieder auf den Arm und setzte sich auf das Lager, in dem sie vorhin noch geschlafen hatte.
"Ein Fest?!", Samaa war irritiert und erfreut zugleich. Sie war sehr gerührt von dieser Aufmerksamkeit, damit hätte sie nun wirklich nicht gerechnet. Sie sollte sich unbedingt noch einen Namen für ihr Kind überlegen.
"Das ist sehr aufmerksam, natürlich freue ich mich darüber, dann lerne ich vielleicht auch die anderen hier kennen, die mich hier so liebevoll aufgenommen haben.", sie nickte dabei unterstützend.
Ihre kleine Tochter wurde etwas unruhig, weshalb Samaa ihr die Brust gab und dabei anfing zu erzählen: "Ich habe in Faaron als Chemikerin in einem sehr großen Unternehmen gearbeitet. Die Arbeit bestimmte mehr oder weniger den Tag, es gab immer viel zu tun. Ich bin verheiratet. Mein Mann ist ebenfalls Chemiker, daher war es uns möglich, unsere Dienste gut abzustimmen. Wir besit... besaßen eine kleine, aber sehr schöne, helle Wohnung im 10. Stockwerk in einem sehr guten Viertel.", fing Samaa an zu erzählen. "Es war ein gutes Leben, welches wir führten - finde ich. Es hat uns an nichts gefehlt, wir konnten das Leben genießen.", Samaa stockte kurz. "Dann wurde ich schwanger, aber wir hatten noch kein Erlaubnisschein... ich hätte abtreiben müssen. Unsere Welt brach zusammen, wir wünschten uns dieses Baby einfach zu sehr.", aus Samaas Augen liefen Tränen und sie streichelte ihre kleine Tochter.

Esla
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2. Quartal des Jahres 2457
Mittag

Esla setzte sich vorsichtig zu Samaa und hörte aufmerksam zu. Das klang in der Tat nach einem guten Leben. Gute Bezahlung, Eigentumswohnung, glückliche Ehe. Ein Leben in klaren Strukturen und Rahmenbedingungen, die auf einander abgestimmt waren. Etwas Unvorhergesehenes passierte in einem solchen Leben nicht.
"Ein sehr großer Unterschied zu diesem Leben", sagte sie verstehend. "Und du bist aus Verzweiflung hier her gekommen, nicht, weil du aus deinem Leben ausbrechen wolltest. Aber mit deinem Kind kannst du nicht zurück in dein altes Leben. Du kennst das lückenlose System der Überwachung. Deinen Überwachern ist ein Fehler unterlaufen, als du schwanger wurdest. Dein Kind wird in keinem Geburtenregister Marrekhs auftauchen. Offiziell gibt es euch nicht mehr."
Es waren deutliche Worte, doch sie mussten gesagt werden. Esla lächelte leicht. "Das kann auch ein Vorteil sein. Du bist Frei von allem."

Samaa
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2. Quartal des Jahres 2457
Mittag

"Ja, ein großer Unteschied. Im Grunde war uns auch gar nicht bewußt, was unsere Flucht bedeuten würde. Wir wußten nur, dieses Kind sollte leben, weil es ein Teil unseres Lebens ist. Aber wir wollten zusammen fliehen und dann ging alles schief. Ich weiß nicht, ob ich meinen Mann jemals wieder sehen werde... zurück werde ich nicht können. Dessen bin ich mir bewußt. Aber hier draußen fühle ich mich so unnütz.", sie seufzte. Eslas Worte waren ganz klar und beängstigend. Wie sollte es nur weiter gehen?
"Frei... ein merkwürdiges Wort. Ich weiß gar nicht so genau, was dies eigentlich bedeutet. Ich habe mich in meinem alten Leben nicht unfrei gefühlt. Klar, war es sehr vorgegeben, aber das gab auch sehr viel Sicherheit. Die habe ich nun nicht mehr. Viele Entscheidungen wurden einem abgenommen. Jetzt treffe ich plötzlich für mich und mein Baby Entscheidungen.", Samaa seufzte erneut. "Das wirkt wie der weite Ozean, man sieht kein Ende und fühlt sich verloren.", gestand sie.

Esla
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Mittag


Esla nickte verstehend.
"Ich weiß, was du meinst. Es ist eine große Umstellung und du musst sie nicht an einem Tag bewältigen. Du bist hier nicht allein. Hier sind einige aus der Stadt und du bist alles andere als unnütz. Es ist vielleicht nicht so anspruchsvoll wie ein Chemielabor, aber wir haben für jeden eine Aufgabe. Wenn du möchtest, kannst du mit Essen zubereiten. Der Sturm lässt uns noch nicht raus und wird noch eine Weile andauern, daher kannst du dich in Ruhe mit den Höhlen und den anderen Bewohnern hier vertraut machen."

Samaa
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Mittag

"Essen kochen...", Samaa mußte kurz lachen. "Ich gebe zu, ich kann nicht kochen. Das mußte ich bisher nie tun. Schon als Kind nicht... ich kann mir ein Brot schmieren.", Samaa erötete ein wenig. Sie war scheinbar, was das Lebenspraktische anbelangte eine ganz große Niete.
"Nicht sonderlich hilfreich hier draußen...", sie seufzte und schwieg einen Moment. "zu was für eine unselbständigkeit ich erzogen worden bin, erschreckend.", sprach sie leise und nachdenklich. Ihr wurde dies erst jetzt so richtig bewußt, was ihr bisheriges Leben für Auswirkungen hatte, die sie bisher nie gesehen hatte.

Esla
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Mittag

Esla lachte leise.
"Nicht doch! Dann lernst du es. Es ist ganz einfach. Eines nach dem anderen, Liebes. Wir machen die Feier zusammen, wir können sie zusammen vorbereiten. Eines nach dem anderen. Du hast viel zu verarbeiten. Gib dir die Zeit dafür. Es kann nicht alles auf einmal geschehen und du kannst nicht alles auf einmal begreifen."