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Am Hafen von Lübeck
4. Juli 1517, Morgen
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"Du hast das gut gemacht, Junge. Und wenn du dich weiter so gut schlägst, wie hier am Steuer, dann bist du schneller Kapitän eines eigenen Schiffes, als du 'Die Königin unter den Schiffen, India' sagen kannst", grinste Kharecha und lotste Kara an das Steuer.
"Immer mit dem Wind gehen. Der Wind leitet dich", sprach an Kara ins Ohr und ließ dann ihre Hände los, als er sicher war, dass Kara das Steuer fest umfasst hielt.
"Aber lenke nicht zu sehr in den Wind hinein, sonst reißen uns alle Segel", sprach er lachend weiter.

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Am Hafen von Lübeck
4. Juli 1517, Morgen
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John beobachtete die beiden lächelnd und es war ein vertrautes Bild. Kara umfasste das Steuer fest und eine konzentrierte Falte hatte sich auf ihrer Stirn gebildet. John lehnte sich an die Reling und genoss den klaren Morgen und den Wind im Gesicht. Immer fester reifte der Entschluss ein eigenes Schiff zu besitzen und er würde alles tun, um dieses Ziel zu erreichen. Kara schlug sich gut, stellte John neidlos fest und Hamburg wurde immer kleiner im Hintergrund. Dann fiel ihm das Segel wieder ien und er sah nach oben. Der Wind war ein wenig aufgefrischt und John kniff die Augen zusammen. Hatte der Riss sich ein wenig vergrößert?
"Sir?", sagte er ohne den Blick vom Segel zu nehmen.
"Im Großsegel ist ein kleiner Riss. Ich denke, wir sollten es einholen und den Riss flicken, ehe es uns im nächsten Sturm komplett zerreißt", sagte er und deutete auf die Stelle, die er meinte.

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Am Hafen von Lübeck
4. Juli 1517, Morgen
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Kharecha wandt den Blick John zu, ehe er seinem Blick auch folgte und dann nickte. Kara hingegen blickte weiterhin konzentriert auf die See, die vor ihr lag.
"Stian, bleib bei Kara. Wir beide, John, werden uns mal um das Segel kümmern", sprach Kharecha und trat auf das Segel zu.
Dann hob er eine Hand, bevor auch nur irgendjemand auf die Idee kam, zu wiedersprechen.
"Es ist immer gut, wenn man nicht vergisst, was ein Schiff, wie solches ausmacht. Eine gute Mannschaft. Und da kann es nie schaden, wenn man einige Dinge selbst erledigt", sprach er weiter.
Kara lachte leise. Das war ihr Vater, wie er leibt und lebt.

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Am Hafen von Lübeck
4. Juli 1517, Morgen
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John sah Kharecha gelinde gesagt fassungslos an. Der Kapitän wollte sich um einen Riss im Segel kümmern? Das schien weiß Gott nicht angemessen.
"Sir, es ist nur ein kleiner Riss", wandte John vorsichtig ein.
"Ich bin sicher, dass ich ihn allein flicken kann." Wollte Kharecha sehen, ob er das tatsächlich konnte? Traute er ihm nicht?
Natürlich nicht. Er kannte John kaum. Vermutlich wollte er sich zunächste ein Bild von ihm und seiner Arbeitsweise machen. Also sagte John nichts weiter, sondern wartete, bis Kara unter Stians Anweisung die India aus dem Wind gedreht hatte und das Segel locker hing. Dann löste er die Seile, mit denen es am Mast befestigt war.

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Am Hafen von Lübeck
4. Juli 1517, Morgen
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"Noch ein wenig Backbord und dann halten", sprach Stian, ohne ihr auch nur ansatzweise ins Handwerk zu pfuschen.
"Er will dich nicht testen", sprach Thies, der neben John getreten war.
"Er macht das öfter. Jedes seiner Worte entspricht der Wahrheit", fuhr Thies fort und lächelte John an.
Kara hatte in der Zeit das Schiff aus dem Wind gedreht.
"Es kann losgehen", rief sie nach hinten, ohne den Blick von der See zu nehmen, die, ach, so wunderschön war.

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4. Juli 1517, Morgen
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John warf Kharecha kurz einen verwunderten Blick zu, ehe er die letzten Seile löste und begann, das Segel einzuholen. Der Riss war in der oberen Hälfte und als der Stoff weit genug unten war, nahm John ihn in die Hand und untersuchte die Ränder des Rissis.
"Der Stoff ist brüchig", stellte er ruhig fest und reichte es Kharecha, der noch immer neben ihm stand.
"Es würde nichts bringen, den Riss einfach zusammenzunähen. Besser, wir legen ein neues, festeres Stück Stoff darüber und geben ihm so mehr Halt."
Vorsichtig sah John den Kapitän an.
"Am Besten wäre ein neues Segel. Das hier wird immer wieder reißen", sagte er ruhig und hoffte, das Kharecha nicht so reagieren würde, wie ein anderer Kapitän es einst bei einer solchen Einschätzung von ihm getan hatte. Die blauen Flecken, die er damals für seine angebliche Dreistigkeit eingesteckt hatte, glaubte er heute noch zu spüren.

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4. Juli 1517, Morgen
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"Weiter halten", sprach Stian leise und Kara meinte, auch bei ihm einen Funken Stolz heraus zu hören.
"Gut erkannt, Junge", sprach Kharecha indes und klopfte John auf die Schulter.
Wenn Kara es richtig vermutete, dann war die Fehleinschätzung Kharechas eben ein Test gewesen, nicht aber das Segelwechseln an sich. Aber sie konnte sich da auch irren. Bei Kharecha konnte man nie wissen.
"Peter, geh' unter Deck. Da müssten noch Ersatzsegeln liegen", sprach Andres.

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4. Juli 1517, Morgen
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Ein wenig erleichtert atmete John auf und nickte Kharecha lächelnd zu.
Prüfung bestanden, scheint es, dachte er und grinste leicht.
"Ich werde dieses Segel dennoch flicken", sagte er und holte es vollständig herunter. Es konnte nie schaden, ein Ersatzsegel zu haben, auch wenn es alt und brüchig war.
Kaum hatte John das Segel zusammengelegt, kam auch schon Peter zurück und brachte ein neues. John erkannte auf einen Blick, dass es eine weitaus bessere Qualität hatte.
"Prüfung bestanden, was?", murmelte Peter ihm mit einem leichten Grinsen zu und John erwiderte das Lächeln. Der Mann war ein paar Jahre älter als er und hatte freundliche, graue Augen.
"Ja, scheint so", antwortete John genauso leise und kurz grinsten die beiden sich vielsagend an, ehe John sich wieder an den Kapitän wandte.
"Sir, wenn Ihr keine andere Aufgabe für mich habt, würde ich mich an das Segel machen", sagte er und fühlte sich von Minute zu Minute wohler an Bord der India.

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4. Juli 1517, Morgen
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"Doch, eine Aufgabe hätte ich da noch für dich", sprach Kharecha und blickte John schmunzelnd an.
"Sprich mir nach: Du!", forderte er John grinsend auf.
Kara musste lachen, es ging einfach nicht anders. Und auch einige andere Männer an Bord schienen sich kaum mehr halten zu können. Es war halt Kharechas Eigenart, dass er auf solche Förmlichkeiten, wie Ihr und Sir nicht sonderlich viel Wert legte. Eigentlich konnte er sie überhaupt nicht leiden, sah er sich doch als genauso vollwertiges Mitglied der Mannschaft, welches genauso - nicht mehr und nicht weniger - wichtig war, wie jeder andere hier an Bord der India.

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Am Hafen von Lübeck
4. Juli 1517, Morgen
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John stand mit dem großen Segel im Arm und gerunzelter Stirn da und kam sich schrecklich dumm vor. Er verstand nicht, was Kharecha von ihm wollte.
"Du?", sagte er unsicher und als Kharecha grinste, verstand John und kam sich noch dümmer vor. Er fühlte sich nicht wohl dabei, ihn zu duzen. Das hatte er noch nie getan, doch ganz offensichtlich legte Kharecha großen Wert darauf. Also zwang er sich zu einem Lächeln.
"Aye", sagte er und verkniff sich gerade noch das Sir.
"Wenn... du keine Aufgabe für mich hast, würde ich mich dann an das Segelflicken machen", versuchte er es erneut und die Worte fühlten sich seltsam in seinem Mund an.
Auf anderen Schiffen käme das Meuterei gleich, dachte er und sah Kharecha abwartend an.