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Re: DREI - östliches Edaira-Gebirge

Verfasst: Di 17. Sep 2019, 21:45
von Cassiopeia
Anoara
Edaira-Gebirge
153. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Vormittag

"Dann ist sie schon sehr lange verlassen", seufzte Anoara. "Oder die Menschen im Norden vergessen zu schnell das, was einmal war. Das wäre sehr ignorant."
Doch das würden sie vielleicht heraus finden. Anoara sah zu einem der riesigen Stahlgerippe, das einst ein Hochhaus gewesen war, und drehte sich dann zu ihrem Vogelweibchen um.
"Wie können wir euch nur danken für eure Hilfe?", fragte sie und strich dabei über die weichen Federn am Hals. "Ohne euch wären wir Monate unterwegs und würden Jaeden und Marek vielleicht niemals treffen. Ihr habt uns so selbstlos geholfen. Fliegt jetzt. Ihr seid frei, frei wie der Wind."

Re: DREI - östliches Edaira-Gebirge

Verfasst: Mi 18. Sep 2019, 20:49
von Siria
Samaa
Edaira-Gebirge
153. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Vormittag

"Die Menschen im Norden, Menschen wie ich, wir haben nicht viel Zeit für Vergangenheit. Das aktuelle Leben hält einen immer auf Trab. Man funktioniert. Nur wenige Menschen haben die Zeit und die Muße, sich mit den alten Dingen auseinander zu setzen. Daher werden solche Städte vergessen. Sie sind nicht wichtig im Hier und Jetzt.", versuchte sie Anoara zu erklären. "Ich will nicht sagen, dass das Richtig ist, es erleichtert einem aber das Leben.", während sie darüber sprach, war es, als würde sie von anderen Menschen reden. Dabei war sie selber so gewesen. Lange Zeit - letzten Endes, bis sie schwanger wurde. Das neue Leben in ihrem Bauch, brachte sie zum Umdenken, zum Zweifeln, ob das, was sie erlebte, wirklich richtig war. Aber Menschen, die ein anderes Leben wollten, zahlten zum Teil einen hohen Preis dafür.
Auch Samaa ging zu ihrem Weibchen, sie hörte Anoaras Worte und lächelte. "Frei wie der Wind... ja, so fühle ich mich tatsächlich auch. Frei, seit dem ich die Enge und Hektik der Stadt hinter mir gelassen haben.", sie drückte den Vogel. "Ich weiß, wir sehen uns wieder. Dort oben oder wo anders, wo der Wind uns eben hinbringt. Wir leben im selben Element und sind dort zu Hause. Ich freue mich auf ein Wiedersehen.", Samaa ging einen Schritt zurück und es war ihr, als hätte sie neue Freunde gefunden. Anders als Menschenfreunde und doch so vertraut. Sie verspürte auch keine Traurigkeit mehr, sondern Glück und Freude. Sie war sich sicher, dass es nicht das letzte Mal war, wo sie die Vögel sah.
Dann schwangen sie ihre Flügel und verursachten einen starken Wind. Einen Wind der Freiheit und Unendlichkeit. Langsam und würdevoll erhoben sie sich in die Luft.

Re: DREI - östliches Edaira-Gebirge

Verfasst: Mi 18. Sep 2019, 21:29
von Cassiopeia
Anoara
Edaira-Gebirge
153. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Vormittag

Anoara sah den beiden Vögeln lange nach, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Langsam holte sie tief Luft und entließ sie wieder.
"Ich werde sie vermissen", seufzte sie und sah zu Samaa und ihrer Tochter.
"Diese Reise war unglaublich. Wir sind tatsächlich hier. In Maeren. Einer toten, verlassenen Stadt, die kaum einer mehr kennt. Und irgendwo hier laufen Jaeden und Marek durch ebendiese Wege und suchen uns... hoffentlich."
Sie sah wieder zu den zerfallenen Gebäuden.
"Kannst du dir vorstellen, wie sie einmal aussahen und es... beschreiben? Ich würde es gerne vor mir sehen können... es muss einmal beeindruckend gewesen sein, als es noch nicht zerstört und zerfallen war, glaube ich."
So entsetzt sie anfangs war, langsam erwachte die Neugier in ihr und sie versuchte diese ihr so fremde Welt zu verstehen. Wie hatten die Menschen hier gelebt, wie waren ihre Höhlen, diese gebauten Häuser, die bis in den Himmel zu ragen schienen, gebaut? Wie hatten sie diese Wege gebaut, die keine Verbindung mehr zum Stein darunter hatten? Sie wollte am liebsten alle Antworten auf alle Fragen auf einmal haben.

Re: DREI - östliches Edaira-Gebirge

Verfasst: So 22. Sep 2019, 10:00
von Siria
Samaa
Edaira-Gebirge
153. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Vormittag

Auch Samaa blickt den Vögeln hinterher. Doch sie war nicht mehr traurig, ihr Herz sagte ihr, sie würde sie wiedersehen. Dann blickte sie sich um. Ja, sie konnte es sich vorstellen, auch wenn sie in einer noch moderneren Stadt gelebt hatte. Die Häuser glichen sich dennoch stark.
"Wir stehen hier auf einer Straße. Wäre hier Leben, würden wir jetzt nicht mehr leben, weil wir umgefahren worden wären...", Samaa zögerte, wie sollte sie Anoara dies nur alles erklären? Fahrzeuge, elektrisches Licht, das alles hatte sie noch nie gesehen. Wie erklärete man moderne Technik?
"Es ist schwierig, dir zur erklären, wie es hier aussah und was es alles an Technik gab, wenn du so etwas noch nie gesehen hast. Erklärte sie ehrlich.", sie blickte sich um. "Selbst ich kenne diese alte Technik nur noch zum Teil oder aus Filmen oder Erzählungen. Der Fortschritt ging so schnell, dass das hier für mich selber nur ein Museum ist.", sie mußte kurz lachen. "Entschuldige, ich glaube, ich nehme lauter komische Wörter für dich in den Mund... das hier ist, als würdest du die alten Höhlenzeichnungen ansehen. Alte Geschichten und dies hier ist, wie eine alte Höhle die du findest, in der Menschen früher ein Mal gelebt haben und ihr Leben aufgezeichnet haben. In der Stadt, in der ich gelebt habe, war alles schon etwas anders."
Samaas Blick fiel auf ein großes Tor, welche wie ein Garagentor zu einem Parkhaus aussah. Hier auf der Straße stand kein einziges Auto, aber vielleicht stand dort noch eines. Sie fasste nach Anoaras Hand. "Lass uns mal schauen, ob es dort noch Autos gibt.", es war wie eine Geschichtsstunde und Samaa war selber ganz aufgeregt, ob sie fündig werden würden.

Re: DREI - östliches Edaira-Gebirge

Verfasst: So 22. Sep 2019, 10:17
von Cassiopeia
Anoara
Edaira-Gebirge
153. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Vormittag

Anoara verstand in der Tat kaum ein Wort. Es war wie eine vollkommen fremde Welt, eine fremde Sprache, die Samaa so fließend sprach. Als Samaa den Vergleich zu einer alten Höhlenzeichnung machte, verstand Anoara ein wenig, was diese meinte. sie war ihr dankbar, dass sie immer wieder versuchte, ihre Welt in der Sprache von Anaora zu erklären.
Als sie dann plötzlich etwas entdeckte und das Wort "Auto" benutzte, zog Anaora die Augenbrauen hoch. Was auch immer das war, es war offenbar sehr stark und hätte sie längst getötet - soviel hatte sie immerhin verstanden.
"Samaa!", sagte sie, mehr ein Zischen als ein Rufen, "ist das nicht viel zu gefährlich? Wenn dieses - Auto - uns angreift, wenn wir in seine Höhle kommen?!" Denn genau danach sah es aus, als Samaa auf einen großen Eingang des kaputten Hauses zuging.

Re: DREI - östliches Edaira-Gebirge

Verfasst: So 22. Sep 2019, 10:40
von Siria
Samaa
Edaira-Gebirge
153. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Vormittag

Beinahe hätte Samaa laut losgelacht. Der Gedanke, eines angreifenden Autos war wunderbar. Aber anstatt zu lachen, lächelte Samaa nur. "Ein Auto kann uns nicht angreifen, es braucht sozusagen einen Befehl von einem Menschen. Hier ist kein Mensch außer uns. Es lebt nicht in dem Sinne, es besteht aus Material, so wie... wie diese Straßenlaterne. Fass sie an. Sie ist kalt, aber sehr stabil.", selbst Samaa hielt ihre Hand an den Laternenpfahl. "Da wo ich her komme, gibt es diese Art von Lampen gar nicht mehr. Sie haben Licht in der Nacht gemacht. Wie Feuer, aber viel heller und nicht wärmend. Die ganze Stadt war so hell wie am Tag. Man konnte alles sehen, nur die Sterne nicht mehr.", erklärte Samaa. "Autos bestehen auch aus Material, welches erstmal kalt ist.", es war wirklich schwierig das zu erklären und Samaa hoffte, dass sie eines fanden. Schließlich standen sie vor dem Tor, dass noch halb geöffnet stand. Offenbar hatte es sich verkanntet. "Vertraue mir, uns greift hier kein Auto an."

Re: DREI - östliches Edaira-Gebirge

Verfasst: So 22. Sep 2019, 10:53
von Cassiopeia
Anoara
Edaira-Gebirge
153. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Vormittag


Anoara fand, dass diese Welt, aus der Samaa kam, immer verwirrender klang. Prüfend und sehr vorsichtig berührte sie den Laternenpfahl. Er war kalt und fühlte sich ganz anders an als Stein. Anoara kannte Stein und Holz als Baumaterialien, aber das hier war keines von beidem. Sie sah daran hinauf und versuchte sich vorzustellen, wie dieser Pfahl, offenbar aus dem komischen Ende weit oben, Licht machen sollte wie Feuer.
Stirnrunzelnd schüttelte sie schließlich den Kopf und folgte Samaa skeptisch. Das Tor zu der Höhle - dem Haus, verbesserte sie sich in Gedanken - war halb offen.
Anoara fand es ziemlich unheimlich, dort hinein zu gehen und sie fand Samaa unglaublich mutig. Sicherheitshalber hielt sie sich ein wenig hinter Samaa - das hier war ihre Welt, nicht Anoaras. Hier konnte sie nicht die Jägerin sein, die sie bei ihrer Höhle gewesen war.

Re: DREI - östliches Edaira-Gebirge

Verfasst: So 22. Sep 2019, 11:11
von Siria
Samaa
Edaira-Gebirge
153. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Vormittag

"Die Laterne ist aus Eisen. Also einem Material, welches aus der Erde gewonnen wird. Auch wenn es jetzt ganz anders aussieht, so hat es einen natürlichen Ursprung. So wie die Häuser, mit ihren Stahl und Beton oder Stein. Die Dinge werden aufbereitet und verformt.", war eine heruntergebrochene Erklärung.
Samaa war sich sicher, dass es viel einfacher war, aus ihrer Welt in die von Anoara einzutauchen, als umgekehrt. Wie lange würde Anoaras Welt noch so unberührt sein? Würde die moderne Welt letzten Endes nicht alles vereinnahmen? Aber diese Gedanken wollte Samaa nicht aussprechen.
Stattdessen traten sie in die Garage ein. Es fiel zum Glück noch genügend Licht hinein, so dass man sich umsehen konnte. Samaas Herz schlug schneller. "Sieh nur, da steht tatsächlich noch eines.", freute sie sich. Es war wirklich wie in einem Museum. So und so karg und verlassen die Straßen da draußen wirkten, hier schien die Zeit doch noch ein wenig stehen geblieben zu sein. Es standen noch andere Dinge herum, die Samaa jedoch erstmal nicht interessierten. "Das ist ein Auto!", freute sie sich.

Re: DREI - östliches Edaira-Gebirge

Verfasst: So 22. Sep 2019, 11:29
von Cassiopeia
Anoara
Edaira-Gebirge
153. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Vormittag

Anoara war ganz seltsam zu Mute, als sie eintraten. Hier war das Licht anders und es standen Dinge herum, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Ihr Herz klopfte sehr schnell, doch bald begriff sie, dass keines der Dinge am Leben war und sie angreifen würde.
"All das hier haben Menschen gemacht?", fragte sie staunend. Etwas der Erde zu entreißen, umzuformen und neu zu machen war ihr nicht ganz fremd, sie kannte schließlich ebenso Werkzeuge, die hergestellt und verformt wurden. Nur nicht in solch einer Größe und Form.
"Du hast vorhin gesagt, auf der Straße waren ganz viele dieser Autos. Es hätte uns das Leben genommen, wenn wir einfach auf der Straße gestanden hätte zu der Zeit, als es die Autos dort noch gab. Aber dass sie Befehle von Menschen bekamen... was - was tut ein Auto? Warum wurden sie gemacht?", fragte sie und ihr Blick huschte über die Formen - die Türgriffe, die Reifen, die Stoßstange, das leicht abgerundete Dach. Vorsichtig berührte sie das Material, durch das man durchsehen konnte. Es war in manchen Rahmen schon gebrochen und machte es leichter hinein zu sehen.
"Es hat nichts drinnen, wie eine kleine Höhle!", stellte sie überrascht fest. "Mit einer... Bank?" So ähnlich kam es ihr zumindest vor, als sie die Rückbank erblickte.

Re: DREI - östliches Edaira-Gebirge

Verfasst: So 22. Sep 2019, 12:16
von Siria
Samaa
Edaira-Gebirge
153. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Vormittag

Samaa blilckte sich um, ehe sie Anoara antwortete: "Ja, das haben alles Menschen hergestellt. Um das Leben einfacher zu machen. Ich denke, hier hat jemand gelebt, der sehr viel Macht hatte. Diese Dinge waren alle sehr teuer und eine private Garage in Mitten dieser Stadt zu haben, hieß, viel Macht zu besitzen.", vermutete Samaa. So genau konnte sie das auch nicht sagen, da sie die sozialen Verhältnisse dieser Zeit nicht kannte.
Sie widmete sich wieder dem Auto, welches so alt und doch so schön aussah. "Diese Autos wurden noch von Menschen gefahren. Sie sind eingestiegen und sind z.B. zur Arbeit gefahren. So wie uns die Vögel hier her gebracht haben, so bringen Autos einen dorthin wohin man will. Aber früher, da steuerte man noch selber. Heute steigt man ein und sagt wohin man möchte, dann bringt das Gefährt einen auch dorthin. Heute besitzt man auch kein eigenes mehr. Man bestellt zu einer bestimmten Uhrzeit eines. Das ist dann pünktlich da und bringt einen zum Ziel. Entweder in ungefähr so großen Fahrzeugen wie diesem hier oder in noch größeren, in denen mehrere drin sitzen." sie zog am Türgriff und die Tür ging quietschend auf. Samaa lachte vor Freude. "Das ist so spannend!", es war wie in einem dieser alten Filme. Etwas umständlich setzte sie sich mit Aella auf den Beifahrersitz.
"Komm, setz dich rein.", forderte sie Anoara auf. "Früher gab es sowas wie Ampeln auf den Straßen. Die regelten den Verkehr, damit nicht alle durcheinander fuhren. Wenn wir hier damals über die Straße hätten gehen wollen, hätten wir eine Ampel suchen müssen, die uns zeigt, wann wir gehen dürfen. Heute ist das anders. Die Häuser sind alle mit Tunneln verbunden. Manche überirdisch, die meisten jedoch unter der Erde. So mußte man keine Straße kreuzen. Eigentlich mußte man überhaupt nicht mehr ein Gebäude oder Haus wie dieses hier verlassen. Man ging von Gebäude zu Gebäude oder durch das Tunnelsystem unter der Erde. Es gibt auch sowas wie dieses Auto nur größer, die aber nur unter der Erde durch Tunnel fahren. Dadurch hatte ich auch keine Verbindung zum Wind. Er hat mich nur selten berührt, dann wenn ich mit meinem Mann mal Zeit hatte, um spazieren zu gehen. Das war jedoch selten.", Traurigkeit schwang in ihrer Stimme mit. Ihr erschien dies alles sehr weit weg und surreal. Wie konnte sie damals so nur leben?