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Re: ZWEI - Polaris (Seevolk)

Verfasst: Mo 6. Aug 2018, 21:14
von Cassiopeia
Ketyr / Jenaeh
Auf der Polaris
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Ketyrs Augen wurden groß als er sah, welche Welt sich tief unterhalb der Meeresoberfläche offenbarte. Er verspürte keinerlei Druck des Wassers, wie er erstaunt bemerkte. Als normaler Mensch mit Lungen konnte er sicher nicht so tief tauchen.
"Das ist ja unglaublich!", sagte er begeistert und fuhr mit den Händen durch das Seegras. Ketyr hatte noch nie zuvor Pflanzen gesehen. "Was... ist das? Sind das Tiere?" Fische hatte er schon mal gesehen, doch noch nie war er ihnen derart nahe gekommen, dass er sie berühren konnte.

Jenaeh nickte und blickte wieder zu den Monden.
"Meine Mutter erzählte mir früher, dass sie Geschwister seien", sagte sie nach einer Weile leise, "die sich zu festen Zeit verabreden um mit einander Zeit zu verbringen. Dann sehen wir sie gemeinsam. Ansonsten geht jeder für sich seine Bahn. Ich glaube, so wollte sie mir Verbundenheit und Unabhängigkeit vermitteln."

Re: ZWEI - Polaris (Seevolk)

Verfasst: Fr 10. Aug 2018, 14:02
von Therapistin
Tobis
Auf der Polaris
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Tobis nickte und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen.
"Das ist eine überaus treffende Geschichte", stimmte er Jenaeh zu. Natürlich kannte er sie bereits. Ebenso noch einige andere. Derlei Geschichten hatten ihn schon als kleines Kind fasziniert und auch heute als Erwachsener war dies nicht anders.
"Es ist mit den beiden ein wenig wie mit dem Seevolk", überlegte er und sah vom Himmel zum Wasser, in welchem sich die zwei Monde nun auf der ruhigen Oberfläche spiegelten. "Manchmal treffen sich zwei Stämme, tauschen sich aus, um dann wieder auf unbestimmte Zeit auseinander zu gehen."

Re: ZWEI - Polaris (Seevolk)

Verfasst: Fr 10. Aug 2018, 19:56
von Cassiopeia
Ketyr / Jenaeh
Auf der Polaris
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Janaeh lächelte leicht. Durch eine solche Begegnung war Ketyr entstanden. Der Junge wusste es nicht, wer seine biologischen Eltern waren. Janaeh würde schweigen über die Wahrheit, dass er ihr leiblicher Sohn war, wie es die Regeln geboten. Tobis wusste es, er hatte ihre Hand gehalten, da der Mann, den sie liebte, hunderte Seemeilen entfernt war.
"Ja, wir sind die Kinder der Sterne, die sich zufällig begegnen und dann um so heller leuchten für einen Augenblick", sagte sie leise. Sie blickte wieder zum Wasser.
"Er wird so schrecklich schnell groß. Eines Tages wird auch er auf ein anderes Schiff übersetzen. Und als Mann zurück kehren." Ihr brach es das Herz bei dem Gedanken an Abschied und Trennung.

Re: ZWEI - Polaris (Seevolk)

Verfasst: Fr 10. Aug 2018, 21:02
von Ayrina
Vaia
Auf der Polaris
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Vaia lachte über soviel Unwissenheit.
"Da hinten ist eine Qualle!", rief sie begeistert.
"Berühr sie nicht, das brennt fürchterlich!", warnte sie.

Re: ZWEI - Polaris (Seevolk)

Verfasst: Sa 11. Aug 2018, 20:52
von Cassiopeia
Ketyr
Auf der Polaris
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Ketyr war wie in einem Traum. Er hatte nie gewusst, dass es hier unten so viel buntes Leben gab. Die Menschen an Bord der Polaris dachten alle, dass unter ihnen nur schwarzes Nichts war. Die Fische, die sie fingen, waren alle ebenso schwarz und unscheinbar. Die Algen waren grau bis schwarz. Farben gab es hier nicht. Die kannte Ketyr nur vom Himmel, wenn die Sonne auf- oder unterging. Nie hätte er gedacht, dass hier unten so viele Farben existierten.
Fasziniert betrachtete er das Wesen, das Vaia als Qualle benannt hatte. So etwas hatte Ketyr noch nie gesehen. Es besaß keinen Körper, sondern nur eine Art halbrunden Kopf ohne Augen oder Mund. Direkt daran nach unten wuchsen lange, dünne Haare, die durch das Wasser trieben. Ketyr fand, es sah aus wie ein Zauberwesen.
"Wohin schwimmen wir?", fragte er Vaia neugierig. "Gibt es hier noch mehr Wasserelfen?" Er wollte sie unbedingt kennenlernen! Das musste er alles Tobis erzählen!

Re: ZWEI - Polaris (Seevolk)

Verfasst: Sa 11. Aug 2018, 21:39
von Ayrina
Vaia
Auf der Polaris
2. Quartal des Jahres 2457
Abend


"Zu den anderen!", lachte Vaia und schlug einen kleinen Looping.
"Oh sie werden so staunen, wenn sie dich sehen!"
Sie schwamm vorraus und dann zu Ketyr zurück, der ihr kaum folgen konnte.
"Komm! Komm!"

Re: ZWEI - Polaris (Seevolk)

Verfasst: Sa 11. Aug 2018, 22:07
von Cassiopeia
Ketyr
Auf der Polaris
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Vaia schwamm unglaublich schnell und Ketyr hatte in der Tat große Mühe, ihr zu folgen. Weiter und tiefer schwammen sie, bis Ketyr ein sanftes, hellblaues Leuchten ausmachen konnte. Je näher er kam, desto heller wurde es und dann sah er sie: die Elfen. Sie tanzten im Wasser, manche tief, manche sehr weit oben nahe der Wasseroberfläche. Vor lauter Staunen hielt Ketyr mitten in der Bewegung inne. Er hatte sie gefunden!

Re: ZWEI - Polaris (Seevolk)

Verfasst: Mo 13. Aug 2018, 15:02
von Therapistin
Tobis
Auf der Polaris
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Tobis sah von den Spiegelungen im Wasser zu Jenaeh und legte ihr eine Hand ruhig auf die Schulter.
"Du bist seine Mutter", sprach er leise. "Und du bleibst es, ganz gleich wann er fort geht, wie lange er dort bleiben wird, wo auch immer er sein mag. Du weißt es, wie es jede andere Mutter ebenfalls von ihrem Kind weiß, ganz egal, wer ihn aufgezogen hat. Du kannst stolz auf ihn sein. Und wenn er einst zurückkehren wird von seinen Lehrreisen, dann wird er mehr sein als nur ein Mann."

Re: ZWEI - Polaris (Seevolk)

Verfasst: Mo 13. Aug 2018, 19:19
von Ayrina
Vaia
Auf der Polaris
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Die kleine Elfe winkte ihm, ihr zu folgen und schwamm mitten in den Strudel der tanzenden Wasserelfen. Als die ersten Ketyr erblickten, hielten sie in ihren Bewegungen inne und starrten ihn an. Leises Getuschel erklang. Stolz schwamm Vaia neben ihm. Sie hatte ihn gefunden. Sie allein!

Re: ZWEI - Polaris (Seevolk)

Verfasst: Mo 13. Aug 2018, 19:46
von Cassiopeia
Ketyr / Jenaeh
Auf der Polaris
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Jenaeh atmete langsam durch und schenkte Tobis ein dankbares Lächeln.
"Er ist ein wahrer Juge des Seevolkes", sagte sie stolz, "immer in Veränderung und doch beständig. Er wird immer rastlos und voller Neugier sein, auf der Suche nach Neuem, nach Veränderung. Und doch wird er immer Ketyr bleiben, wie wir ihn kennen. Auch in hundert Jahren." Ein kleiner, aber tröstlicher Gedanke. Auch, wenn es undenkbar war, dass sie eines Tages statt einem Jungen einem Mann gegenüber stehen würde.

Ketyr schwamm mit langsamen Zügen und großen Augen durch die Elfen. Dass immer mehr auf ihn aufmerksam wurden und ihn anstarrten, machte es nicht leichter und er wünschte sich an die Wasseroberfläche zurück, zurück auf sein Schiff, zu dem, was er kannte.
Doch zugleich war das alles hier so unglaublich faszinierend, dass er sich förmlich an jedem neuen Anblick festsaugte.
"Was ist das?", fragte er, als er einen leuchtenden Korallenfelsen sah. Erst auf den zweiten Blick erkannte er, dass es eine Art Palast war. Der Palast der Wasserelfen. Ketyrs Herz schlug höher. Würden sie etwa dort hinschwimmen?

Ein eindeutig männlicher Wasserelf in einer Schuppenrüstung kam auf Vaia und Ketyr zu.
"Ein Luftatmer, hier? Erkläre das!", verlangte er barsch.