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Anoara
Edaira-Gebirge
152. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

Anaora kam nicht mehr dazu, zu antworten. Fast zeitgleich öffneten die beiden Vogeldamen ihre Flügel weit, stießen einen Schrei aus und holten mit weiten Schwingen aus. Anoara musste sich stark festhalten und traute ihren Augen kaum, als sie wirklich abhoben. Die Höhle und die Felsen unter ihnen, in denen sie ihr ganzes Leben verbracht hatte, wurden immer kleiner und der Blick über die Landschaft immer größer.
"Wir fliegen!", rief sie begeistert und völlig überwältigt. "Wir fliegen nach Maeren!"

Samaa
Edaira-Gebirge
152. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

Und plötzlich hoben sie ab. Samaa spürte die Muskeln unter sich, wie sie kraftvoll die Flügel bewegten, welche sie schließlich in die Luft hoben. Kurzzeitig überkam dann Samaa doch die Panik. Die Welt unter ihnen wurde immer kleiner und sie hatte keine Kontrolle mehr darüber, was passierte. Doch Andrá vermittelte ihr Ruhe und der Wind, der sie nun auf ganz andere Art und Weise berührte, half ihr sich zu beruhigen.
Nun endlich konnte sie auch zu Anoara blicken. "Es ist wirklich unglaublich!", rief sie zu ihr rüber. Dass sie nun wirklich auf dem Weg nach Maeren waren, war nicht zu fassen. Vorsichtig blickte sie nach unten, der Planet sah von hier oben so friedlich aus. Wie lange würden sie wohl unterwegs sein?
"Bereust du deine Entscheidung?"

Anoara
Edaira-Gebirge
152. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

"Niemals!", antwortete Anoara strahlend. Auch, wenn sie hier oben weit fort von dem Boden war, der ihr Sicherheit gab, fühlte sie sich gut. Sie vertraute Tara und wusste, ihr würde nichts geschehen. Sie würde sie sicher nach Maeren bringen. Auch wenn Anoara keine Ahnung hatte, wie lange sie fliegen würden - und ob und wann die Vögel eine Pause brauchten. Daran hatte sie gar nicht gedacht.
Doch erst einmal waren sie gerade erst los geflogen. Einmal richtig in der Luft wurde Tara ruhiger und gleichmäßiger, ließ sich auf der Luftströmung treiben. Anaora fühlte sich unglaublich frei.

Samaa
Edaira-Gebirge
152. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

Aella jammerte etwas auf Samaas Rücken, doch an die kam sie im Moment nicht dran. Samaa hoffte, dass sich ihre Tochter wieder beruhigen würde. Sie hatte sich zum Glück noch eine warme Decke Griffbereit hingelegt. Hier oben war es doch deutlich kühler, daher kuschelte sie sich in die Decke und noch etwas näher an das Gefieder.
Samaa lächelte zu Anoara. "Es ist unglaublich, dass sie uns tragen.", Samaa fühlte sich unheimlich dankbar. Was würden wohl Jaeden und Marek sagen, wenn sie die Beiden sehen werden. Für sie mußte das auch unglaublich aussehen.

Anoara
Edaira-Gebirge
152. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

Anoara teilte das Gefühl, auch sie war völlig überwältigt von dem Gefühl und empfand tiefe Dankbarkeit für Tara. Sie hatten sie gefangen und fest gehalten und nun trugen die Vögel sie dennoch hoch durch die Luft.
"Es sieht alles so winzig aus", meinte sie und schaute etwas wehmutig herab. Der Boden fehlte ihr jetzt schon, das sichere Gefühl, die tiefe Ruhe der Felsen Marrekhs. Die Luft war ihr fremd und es war ihr ein wenig unheimlich, so völlig ohne Bodenkontakt hoch über die Landschaft zu fliegen.
Dabei gab es unglaublich viel zu entdecken. Hügelketten, Felsformationen und Schluchten, Gräben und tiefe Spalten, die plötzlich ein Muster ergaben, das ihr aus Bodennähe nicht aufgefallen war. Ungeheuer fasziniert betrachtete Anoara die Landschaft, die ihr so vertraut und fremd zugleich war.

Samaa
Edaira-Gebirge
152. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

Marrek zog unter ihnen vorbei. Aella hatte sich wieder beruhigt, aber sie würde sicherlich bald hungrig werden, dann mußten sie auf jeden Fall landen. Die Frage war nur, würden die Vögel sie dann noch mal auf ihren Rücken lassen? Das beunruhigte sie ein wenig. Sie streichelte über das Gefieder. "Danke", sprach sie leise zu dem Vogelweibchen. Diese Art zu reisen erleichterte ihnen einiges. Wenn sie runter schaute, hatte sie manchmal das Gefühl, sie erkannte Strukturen. War sie damals, als sie mit dem Wind gereist war, auch hier lang gekommen?
"Ja, alles so ganz anders, als vom Boden, wo man sich kaum einen Überblick verschaffen kann... geht es dir gut, hier oben. Du bist deinem Element so weit entfernt wie nur möglich."

Anoara
Edaira-Gebirge
152. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

"Ein bisschen komisch ist es schon", gab Anoara zu, "wie ein tiefer Wunsch, eine Sehnsucht nach Vertrautem. Aber es ist okay."
Sie waren ja auch gerade erst los geflogen. Ob sie das in ein paar Stunden noch sagen würde, konnte sie nicht wissen. Aber sobald sie gelandet waren, würde sie ihren Geist tief in den Boden schicken und Marrekh von innen heraus spüren, das wusste sie allerdings.
"Wie fühlst du dich? So in der Luft, ganz frei?" Es musste ein ganz anderes Gefühl für Samaa sein, vermutete Anaora.

Samaa
Edaira-Gebirge
152. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

"Im ersten Moment war mir mulmig, aber jetzt ist es einfach wunderbar durch die Luft zu gleiten. Ich bin ganz ander mit meinem Element verbunden. Ich spüre es ganz anders. Ich bin irgendwie zu Hause hier oben.", antwortete Samaa lächelnd. Der Wind glitt durch die Federn ihres Vogels und ließ sie einfach gleiten. Fast war es, also würde der Wind sie nach Maeren tragen, ohne, dass die Vögel viel dafür tun mußten. Sie ließen sich einfach tragen und genau dieses Gefühl hatte Samaa auch: Sie ließ sich tragen.
"Ich bin gespannt, wie lange es wir hier oben aushalten. Es ist ziemlich frisch und ich weiß nicht, wie Aella das verträgt."

Anoara
Edaira-Gebirge
152. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

Anoara sah kurz zu Samaas Rücken, wo die kleine Aella festgebunden war in einem großen Tuch.
"Sag Bescheid, wenn es nicht mehr geht. Dann müssen wir irgendwie runter... außerdem ist es schon Nachmittag und wir sollten nicht die Nacht durchfliegen. Vielleicht kommen wir bis zum Abend ein gutes Stück weit und schaffen eine Landung in sicherer Umgebung, wo wir die Nacht bleiben können."
Und hoffentlich flogen die Vögel dann nicht fort, sondern trugen sie am nächsten Morgen weiter. Doch selbst, wenn nicht, waren sie schon jetzt weiter gekommen als an einem Tag überhaupt möglich war zu Fuß.

Samaa
Edaira-Gebirge
152. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Samaa fühlte sich erschöpft, auch wenn sie nur auf dem Rücken des Vogels saß, es strengte doch sehr an. Der Boden unter ihnen sah karg aus, offenes Gelände und alles rötlich. Samaa konnte nicht einschätzen, wie weit sie schon geflogen waren, es schien endlos gewesen zu sein. Und dennoch, die Vögel flogen einfach weiter, als wäre das alles ganz normal. Unglaublich, wie sehr sie ihnen halfen.
"Anoara, wir sollten langsam landen. Ich bin erschöpft und Aella mault auch schon eine Zeitlang herum. Ich denke, sie wird sich auch nicht beruhigen, bevor wir nicht gelandet sind."