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Mrs Murphy

Auch Mrs Murphy ließ sich wenig elegant zu Boden plumpsen. Nachdem sie etwas zu Atem gekommen war, streckte sie ein Hinterbein in die Höhe und begann, sich zu putzen. Warum auch immer.
"Das will ich dann aber sehen, wie du die Kläffer ohne unsere Hilfe so bearbeiten willst, dass er ein Fall für die Tierärztin wird", meldete sie sich etwas schnippisch zu Wort und putzte sich weiter.

Paulchen

"Wieso 'bearbeiten'? Wir lassen uns von ihm an der Ärztin vorbei jagen und sie fängt ihn dann, um uns zu retten. Und zur Belohung kriegt er 'ne Gratisuntersuchung, hehe!", erging sie Paulchen in Rachefantasien an dem Hund, der ihm auf die Nerven ging. Natürlich war das dummes Gerede, aber er fühlte sich besser dabei. Er begann, seine verletzte Pfote zu lecken. Das Krallenbett war eingerissen und hatte schon in der Praxis ein wenig geblutet. Jetzt, nachdem er so weit gerannt war, blutete es stärker und die Pfote tat ziemlich weh, auch wenn die Verletzung nicht auf der Lauffläche selbst lag. Auch seine wunde Nase brannte. Trotzdem wusste er instinktiv, dass das keine schwerwiegenden Verletzungen waren. Sie waren nicht gefährlich, sondern nur nervig. Dennoch war er durchaus für ein Schläfchen zu haben, aber nicht so kurz nach diesem Gerenne und auch nicht an einem Ort, wo mehrere Hunde bellten. Aber eine Weile hier zu bleiben und still zu halten war eine Zukunftsaussicht, die ihm gefiel. Außerdem hatte die Rennerei ihn hungrig gemacht. "Meint ihr, wir sollten dem Köter sein Futter klauen, solange er abgelenkt ist?", fragte er hoffnungsvoll in die Runde.

Laetitia

"Noch eine Hetzjagd stehe ich nicht durch. Nicht jetzt. Und dazu wird es kommen, wenn er uns erwischt.
Nein, ich denke mal, wir sollten dann gleich, wenn wir wieder zu Atem gekommen sind, langsam von hier verschwinden. Die Hunde haben nämlich ein Gutes: Diese Frauen werden uns wohl nicht in deren Nähe vermuten."

Mrs Murphy

"Wenn der Hund nicht verletzt ist, wird er sicher nicht eingefangen werden", meinte Mrs Murphy und putzte sich weiter, "dafür werden wir wahrscheinlich weiter gejagt werden und das können wir kaum länger überstehen. Reicht es nicht schon, dass wir Luna verloren haben? Je weniger wir werden, desto geringer werden unsere Chancen, etwas gegen diesen Doktor Feld ausrichten zu können. Falls uns das überhaupt gelingt."
Sie beendete ihre Putzerei legte sich erschöpft auf die Seite. Das Gebell war nervig, aber wenigstens klopfte ihr Herz nicht mehr so laut, dass sie es hören konnte.
"Futter klauen... du kommst ja auf Ideen... hier gibt es sicher auch Häuser, in denen Katzen gehalten werden und wo Katzenfutter vor der Terrassentür steht", sagte sie nach kurzer Überlegung, "danach zu suchen erscheint mir sinniger, als sich mit einem Hund anzulegen. Außerdem könnten wir mit anderen Katzen ganz bestimmt besser verhandeln."

Paulchen

"Ja ja ja", maulte Paulchen, "ihr habt ja Recht. Trotzdem hätte der Köter es verdient, den Ärzten in die Hände zu fallen." Das war natürlich auch Unsinn, denn der Hund hatte nichts Schlimmes getan - sie waren diejenigen gewesen, die in sein Revier eingedrungen waren. Aber das interessierte den Kater nicht - er war müde, hungrig und verletzt, kurz gesagt, er fühlte sich elend, und der Hund fühlte sich offenbar gut. Die Welt war ungerecht!

"Also schön, dann bleiben wir eben einfach unter diesem Strauch hocken und warten, bis alle weg sind. Der Hund, die Ärzte, und überhaupt alle. Das wird sicher eine Weile dauern." Mit diesen Worten legte er sich bequemer hin, fing dann aber gleich wieder an, seine Pfote zu bearbeiten. Im Stillen dachte er sich, dass es gut wäre, so lange zu warten, bis sie aufgehört hätte zu bluten. Dabei grummelte er leise vor sich hin: "VerdammteMenschenverwandelnmichineineKatzeundschickenmichzumTierarztundhetzenHundeaufmichundhabennichtmalzuEssenfürmich..." (Was natürlich auch Unsinn war - er war weder der Hellste noch war er im Moment sonderlich gut drauf, sonst hätte er bedacht, dass er ja auch ein Mensch war)

Laetitia

Sie schloss die Augen.

"Dann kann ich ja ein kleines Nickerchen halten. Weckt mich, wenn was ist", sagte sie.

Darauf legte sie den Kopf auf die Vorderpfoten.

Mrs Murphy

Mrs Murphy lauschte dem leisen Genörgel von Paulchen und sah dann zu Laetitia, bevor sie selbst ihren Kopf auf ihre Vorderpfoten legte. Sie nahm sich vor, nicht einzuschlafen, sondern wachsam zu bleiben und sich trotzdem zu erholen. "Schlaf ruhig", sagte sie leise und atmete tief durch. Allmählich entspannte sie sich etwas.

Sie warteten etwa eine halbe Stunde unter dem Strauch. Während dieser Zeit hörten die Hunde auf zu bellen und niemand kam bis hierher, um nach ihnen zu suchen. Auch auf der Straße war, soweit sie es sehen und hören konnten, alles ruhig. Die Frauen mussten aufgegeben haben. Inzwischen war es Mittag - der Tag war leicht bewölkt und kühl mit etwas Wind, für den Frühling also ganz angenehm. Die Gärten rings um sie herum lagen still und friedlich da. Die meisten Häuser schienen um diese Zeit leer zu stehen (oder die Bewohner hielten sich drinnen auf), und auf der Straße kam etwa alle 3-4 Minuten mal ein Auto vorbei.

Laetitia und Paulchen waren beide ein kleines bisschen verletzt, sie schon gestern, er heute früh, aber beide waren ganz gut beieinander. Mrs. Murphy war als einzige völlig unverletzt. Alle waren immer noch müde von der Aufregung und der Rennerei. Wären sie zu Hause gewesen, hätten sie jetzt erstmal ordentlich zu Mittag gegessen und sich danach auf die Couch gelegt. Aber sie waren nicht zu Hause, sie saßen an einem Frühlingstag unter einem Strauch in einem anonymen Standard-08/15-Garten irgendwo (sie vermuteten, sie wären in Waldhain, aber selbst das war bislang nicht bewiesen). Ihnen war klar, dass sie hier nicht bleiben konnten, und wenn sie bis zum Abend ruhen würden, hätten sie nicht mehr viel Zeit vom Tag übrig, um einen Unterschlupf für die Nacht zu finden. Für eine große Reise waren sie aber nicht in der nötigen Verfassung, das spürten sie alle.

Paulchen

Nachdem seine Wunde zu bluten aufgehört hatte, war er neben Laetitia etwas eingedöst. Wie es Katzen oft tun, so war auch er nicht völlig eingeschlafen, aber er ruhte mit geschlossenen Augen auf eingeschlagenen Vorderpfoten, lauschte den Geräuschen der Umgebung, von denen er instinktiv wusste, dass keines von ihnen eine Bedrohung darstellte, und sein Puls fuhr wieder herunter, bis er wieder ausgeglichen war. Dabei hing er seinen Gedanken nach und ertappte sich dabei, dass die meisten davon Katzengedanken waren, die sich oft um Mäuse (oder allgemein Futter) und hübsche Katzendamen drehten, manchmal auch um Revierkämpfe, und nur ganz gelegentlich blitzte dazwischen auch mal ein Menschengedanke auf, eine Erinnerung an einen lustigen Spruch eines Kumpels, an ein Computerspiel (v.a. an spannende oder lustige MP-Sessions) oder Ähnliches. Aber all dies wurde immer wieder übertönt vom Knurren seines Magens, und nachdem er eine ganze Weile kein Zeichen einer Gefahr mehr registriert hatte, fragte er leise und ohne die Augen zu öffnen: "Ich denke, jetzt ist es wieder ruhig, und ich finde, so langsam wird Futter doch echt wichtig, oder was meint ihr?"

Laetitia

Ohne die Augen zu öffnen antwortete sie.

"Ja, da hast du recht. Bloß wo bekommen wir etwas her? Wir können ja schlecht zu einem anderen Katzenhalter gehen, der uns füttert und dann gefangen nimmt und wieder zum Tierarzt bringt."