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Anoara
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Die Tage vergingen langsam, sehr langsam, fand Anoara. Doch dann war es soweit: ein großer Schwarm Vögel näherte sich und würde in ihrer Route direkt über ihre Höhlen fliegen.
Sie wollten drei Vögel fangen. Anoara konnte genau einschätzen, wie viele es waren und wo sie lang flogen, konnte diese Informationen aber nur vage weiter geben, wollte sie sich nicht offenbaren. So besprach sie die wichtigen Informationen mit Samaa und bereitete mit ihr zusammen heimlich ihre Abreise vor.
Dann war es soweit. Die Abfang-Fallen waren gestellt, gespannt warteten sie auf den Anflug des Schwarms.
Dann war es soweit. Die Sonne verschwand hinter einer dunklen Wand. Fliegende Körper, so groß wie zwei Menschen, unendlich elegant und kraftvoll.
"Jetzt!", rief Anoara als sie nahe genug waren. Die Seile wurden senkrecht nach oben geschossen und wickelten sich um die Körper, Füße oder Flügel der Vögel.
Zwei Vögel wurden schließlich zu Boden geholt. Sie schrien und gerieten in Panik. Kein schöner Anblick, doch es war notwendig. Bald würde die Panik sich legen und sie konnten zu den Vögeln Vertrauen aufbauen. Anoara hoffte, es würde ihnen schnell gelingen.

Samaa
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Samaa konnte es im Grunde kaum erwarten, dass irgendwann mal Vögel vorbei kommen. Andererseits war sie auch dankbar für die Zeit, die sie noch hatten. So konnten sie und Aella immer kräftiger werden und sie hatte Zeit, um sich immer wieder mit ihren Fähigkeiten auseinander zu setzen und dazu zu lernen.
Doch schließlich war es so weit, die Vögel kamen und Samaa war sehr aufgeregt. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass dies wirklich klappen konnte. Beeindruckt sah sie die großen Tiere an und hätte fast vor lauter Staunen über sie vergessen mit anzupacken.
Als die Vögel am Boden waren hielt sich Samaa dann doch etwas zurück. Die anderen Frauen waren geschickt darin,diese am Boden zu halten, obwohl die Vögel mit ihren Flügeln umsich schlugen und deutlich in Panik waren. Samaa hatte Sorge, dass jemand verletzt werden konnte, doch es war deutlich zu sehen, dass die Frauen Erfahrung mit diesen Geschöpfen hatten.
Nur wie es gelingen sollte, dass sie wirklich auf diesen Vögeln fliegen konnte, dass erschloss sich Samaa nicht. Es waren wilde Vögel, offenbar nicht gewillt, ihnen zu vertrauen. Bei dem Gedanken, auf ihnen zu fliegen, wurde es Samaa mulmig und sie zweifelte daran, dass das eine gute Idee war.
"Und man kann sie wirklich zähmen?", fragte sie Anoara, zu der sie getreten war.

Anoara
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Anoara nickte.
"Natürlich nicht für immer. Aber für eine kurze Zeit können sie sich auf uns als Menschen einlassen. Das Wichtigste ist das Futter und dass sie unsere Nähe kennen lernen. Dass wir ihnen nicht schaden. Darum ist es wichtig, ruhig mit ihnen zu sprechen und ihnen auf keinen Fall Schmerzen zuzufügen - sie hier zu fangen ist genug Stress für sie. sie sind Vögel, sie wollen in die Luft. Das dürfen sie auch bald wieder, wir würden sie nie zu lange fest halten. Wenn bis dahin keine Bindung entstanden ist, dann ist das so und sie werden wieder in die Freiheit entlassen. Wir würden sie auf keinen Fall als Gefangene festhalten."

Samaa
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Samaa sah sie noch immer etwas skeptisch und ehrfurchtsvoll an.
"Wie kann ich dir helfen?", fragte sie Anoara weiter. "Ist es nicht verrückt, sie teilen letzten Endes mein Element, aber sie sind wirklich frei dort draußen, wenn man sie nicht gerade einfängt.", schmunzelte sie ein wenig.
"Bist du schon mal auf einem Vogel geflogen?"

Anoara
Edaira-Gebirge
150. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

"Vor langer Zeit einmal", sagte Anoara leise. "Viele Jahre her. Wenn du willst, zeige ich dir den Umgang? Das dürfen eigentlich nur erfahrene Jägerinnen machen, aber ich weiß, dass du die Vögel respektierst und achtest. Und wenn wir mit ihnen fliegen wollen, sollten sie dich kennen lernen. Komm!"
Sie nahm Samaas Hand und zog sie mit sich zu den Gehegen, die sie gebaut hatten für die ersten Tage der Zähmung.
"Da sie gerade erst angekommen sind, sind sie noch sehr aufgebracht", erklärte sie den Lärm, die die Vögel machten. "Hier unten am Boden ist alles fremd für sie. Wir geben ihnen das, was sie kennen: ihre Beutetiere und Wasser zum trinken. Mit glück verlieren sie ihre Angst."

Samaa
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Zögerlich ließ sich Samaa von Anoara mitziehen und schließlich stand sie vor den Vögeln. Ihr Herz klopfte schneller und sie konnte plötzlich die Panik der Vögel spüren. Sie zuckte zusammen, da sie dieses Gefühl überraschte. Aber sie waren dem Wind und der Luft so sehr verbunden, wie es Samaa hoffte, sie eines Tages auch sein würde.
"Vögel verbinden irgendwie Luft und Erde. Sie schweben durch die Luft, brüten aber doch irgendwie auf oder nahe der Erde oder eben an Felsen. Ich weiß ja nicht, wie es bei diesen hier ist. Sie würden dadurch unsere Elemente verbinden.", lächelte Samaa.
"Sie sind wunderschön.", flüsterte sie. "Ich kann mir noch immer nicht vorstellen, dass man sie fliegen kann."

Anoara
Edaira-Gebirge
150. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Anoara sah mit einem Lächeln zu Samaa bei deren Worten.
"Das stimmt, darüber habe ich noch gar nicht nach gedacht", gab sie zu, fast ein wenig gerührt, "aber du hast total Recht. Sie leben in der Luft und doch entsteht ihr neues Leben am Boden. Ein schöner Gedanke, dass sie wie eine Verbindung zwischen uns sind", stimmte sie Samaa zu.
"Sieh dir ihre Größe an. Wenn sie ihre Flügel ausbreiten, sind sie gewaltig. Sie können uns ohne Probleme auf ihrem Rücken tragen. Wir haben zwei Weibchen gefangen. Wir brauchen nur noch Namen. Mir gefällt Tara irgendwie, was meinst du?"

Samaa
Edaira-Gebirge
150. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

"Ja, ihre Flügel sind gewaltig und wenn sie damit ausholen, nun ja, ich denke, einen Schlag überlebt man nicht...", ergänzte Samaa Anoaras Ausführung. Ihr Respekt vor diesen großen Tieren ging definitiv nicht verloren.
"Tara gefällt mir auch", stimmte sie zu. "Ich wäre für Andrá, das bedeutet Atemluft.", lachte Samaa.

Anoara
Edaira-Gebirge
150. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

"Oh, das klingt schön!", fand Anoara. "Tara und Andrá, das gefällt mir!"
Neugierig schaute sie wieder zu den Vögeln. "Ich bin wirklich gespannt, ob es uns gelingt, dass sie Zutrauen entwickeln. Vielleicht zumindest eine von ihnen." Dann kämen sie nach Maeren, viel schneller als wenn sie laufen müssten. Und Anoara wollte unbedingt nach Maeren. Irgendwo dort wartete Jaeden. Und die große Welt.

Samaa
Edaira-Gebirge
150. Tag im 2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

"Ich kann es mir nach wie vor nicht vorstellen, auf ihnen fliegen zu können. Aber ich vertraue dir und bin wirklich sehr gespannt darauf, wie das funktioniert und ob sie uns vertrauen werden. Eine Hilfe wäre es auf jeden Fall.", Samaa blickte die zwei Vögel an. In einer Maschine fliegen war das eine, aber auf einem Vogel... Noch nie hatte sie davon gehört. Sie hatte bisher immer der Technik vertraut, dies war etwas ganz anderes. Es waren Lebenwesen mit ihrem eigenen Willen.
"Was müssen wir tun?"