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Re: Kapitel 2
Verfasst: Sa 14. Aug 2010, 11:28
von Ayrina
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Narea
17. April 143. Jahr des Lichtes, Abend
Ausgang Dogan-Höhlen
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Nur widerwillig öffnete Narea die Augen, als sie Toyans Stimme hörte. Sie sah ihn an und brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, was er gefragt hatte. Die Kopfschmerzen waren zwar verschwunden, doch eine Taubheit hatte von ihr Besitz ergriffen, die alle Gedanken in zähen Honig zu verwandeln schien. Sie nickte ein wenig abwesend.
"Sicher", sagte sie, ohne genau zu wissen, wofür sie gerade ihre Zustimmung gab. Andererseits, spielte es noch eine Rolle? Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Dain mit den Schultern zuckte. Sie sah zu ihm und sein Gesicht zeigte keine Regung. Entweder war es ihm wirklich gleichgültig, oder er verbarg seine eigentlichen Gedanken tief in sich.
Narea beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken. Shaya hatte sich ebenfalls am Feuer niedergelassen und lächelte leicht, als Toyan sich neben sie setzte.
"Sicher", sagte sie leise und nickte dem Sine zu.
Narea schloss wieder die Augen und zwang sich, nicht auf die Wellen der Zuneigung und Anziehung zu achten, die von den beiden ausging.
"Wir sollten schlafen. Es war ein langer Tag", hörte sie Shaya noch sagen und zog die Beine enger an den Körper. Schlaf klang gut. Sie rollte sich auf den Steinen zusammen und wartete darauf, dass die Dunkelheit sie umfing.
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Layla
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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Vorsichtig setzte Layla die nackten Füße zwischen dem Unrat und den Abfällen im Hafen. Ihr Blick wanderte über die vereinzelten Stände, die verschiedene Waren anboten und den Kisten, die ab- oder aufgeladen worden. Am Anfang hatte sie die unterschiedlichen Schiffe bestaunt, die hier vor Anker gingen, doch inzwischen war ihr der Anblick vertraut und sie hatte kaum einen zweiten Blick für die Handels- oder Piratenschiffe. Stattdessen suchten die grünen Augen nach einem unbewachten Stand oder einer herrenlosen Kiste, wo sie wenigstens eine Kleinigkeit zu essen finden konnte. Sie hatte Hunger. Am Anfang war es schrecklich gewesen, doch inzwischen hatte sie sich an das Gefühl gewöhnt. Nur vage konnte sie sich daran erinnern, wie es gewesen war, satt in einem warmen Bett einzuschlafen. Ihr war es ganz recht so. Es machte es einfacher.
Aus den Augenwinkeln sah sie eine Kiste mit Äpfeln. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen. Langsam trat sie näher, die Augen musterten flink die umstehenden Leute. Drei Matrosen standen in der Nähe und lachten über irgendetwas. Layla achtete nicht darauf. sie strich sich das schmutzige, strohige Haar aus dem Gesicht und sah sich ein letztes Mal um. Dann griff sie blitzschnell nach einem der Äpfel und ließ ihn in den Falten ihres inzwischen viel zu weiten Gewandes verschwinden. Ohne auffällige Eile wandte sie sich ab und schlenderte weiter. Ihre Finger schlossen sich fest um die Frucht und sie musste dem Drang widerstehen, sofort in den Apfel zu beißen. Nur mit Mühe schaffte sie es, ein paar Gassen weiter zu gehen, ehe sie sich im Schneidersitz mit dem Rücken an eine Hauswand lehnte und ihre Beute hervorholte. Mit leuchtenden Augen betrachtete sie den leicht schrumpligen Apfel, ehe sie genüsslich hineinbiss und gierig ihr mageres Frühstück vertilgte.
Re: Kapitel 2
Verfasst: So 15. Aug 2010, 15:30
von Cassiopeia
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Toyan Kerim
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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Der Hafen war näher gewesen als gedacht und nach einem recht serpentinenreichen Weg nach unten hatten sie die Anlegestellen der Händler, Schmuggler und Piraten erreicht. Es war Markt, wie eigentlich immer, da es immer irgendetwas zu veräußern gab. Magier sowohl wie Sine, Kinder, Erwachsene, die froh waren, dass die Bruderschaft nicht jeden Schritt kontrollierte.
Toyan sah sich um, sie standen nicht unweit von einem Obststand. Hatte das Mädchen dort gerade einen Apfel geklaut? Toyan grinste, er würde jetzt nicht einschreiten und offenbar hatte niemand etwas bemerkt.
"Wir sollten und etwas stärken und dann zu den Kais gehen, vielleicht können wir uns hier auf dem Markt bereits etwas umhören, wer den Geheimnisvollen Fremden gesehen hat."
Er dachte an Shayas Worte zurück. Beim provisorischen Frühstück am Lager hatte sie ihnen erzählt, was sie gestern im kopf der Wachen gesehen hatte: Einen Mann, in edle Stoffe gekleidet. Das war leider auch schon alles gewesen und es war sicher, dass dieser Mann nun nicht mehr hier gewesen war. Doch vielleicht konnten sie hier ebenfalls Männer mit weiß. Blauer, edler Kleidung ausmachen. Er kam an einer Gasse vorbei und sah, dass dort auf den Stufen eines Eingangs das Mädchen saß und hastig ihren Apfel vertilgte. Ohne zuzögern ging Toyan auf sie zu. Jemand, der so geschickt war, konnte ihnen vielleicht von Nutzen sein. Zumindest auf diesem Markt.
"Guten Morgen, junge Dame", grüßte er sie höflich und versuchte auszumachen, ob sie eine Magierin oder Sine war.
Re: Kapitel 2
Verfasst: So 15. Aug 2010, 17:15
von Ayrina
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Layla
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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Entsetzen und Panik flackerten in den Augen des Mädchens, als der fremde Mann sie ansprach. Einige Sekunden saß sie wie erstarrt auf dem Boden, ehe sie sich langsam, mit dem Rücken an die Wand gepresst, aufstand. Sie musterte die anderen, die hinter dem Mann standen. Hatte man sie erwischt? Ihre Augen blickten die Gasse entlang und sie überlegte, ob sie es schaffen würde zu fliehen. Dann flackerte ihr Blick wieder zu Toyan und unmerklich spannte sich ihr Körper an.
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Narea
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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Irritiert hielt Narea inne, als Toyan sich an das Kind wandte. Mit einer Mischung aus Mitleid und Ungeduld musterte sie das Mädchen und lächelte leicht, als ihr Blick sie streifte. Sie wollte hier weg und sie fragte sich, was der Sine sich davon versprach, mit diesem Kind zu sprechen. Und auch das Mädchen schien alles andere als begeistert. Alles was Narea von ihr empfing, war Angst und der Wunsch zu fliehen.
Und Hunger.
Re: Kapitel 2
Verfasst: So 15. Aug 2010, 17:30
von Cassiopeia
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Toyan Kerim
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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"Oh, entschuldige", sagte Toyan hastig und trat einen Schritt zurück. "Ich wollte dich nicht erschrecken oder bedrängen." Er schenkte ihr ein Lächeln und hoffte, dass seine Stimme ruhig klang.
"Im Gegenteil, ich wollte dich um Hilfe bitten." Er sah, wie die Kleine ihn etwas ungläubig ansah. "Ich habe gesehen, wie du den Apfel gestohlen hast - keine Angst, ich bin nicht hier um dich zu maßregeln. Wir suchen jemanden und jemand wie du, der ungesehen bleiben kann und schnell ist, kann uns vielleicht helfen. Und du siehst aus, als bräuchtest du etwas zu Essen - als Belohnung gibt es ein Stück Braten. Ich verspreche dir, dass niemand von uns dich verraten wird."
Er hatte leider nicht viel zu bieten, doch vielleicht war der Hunger des Mädchens ja groß genug, dass sie ihnen helfen würde.
Re: Kapitel 2
Verfasst: Mo 16. Aug 2010, 16:27
von Tjeika
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Shaya Zarin
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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Shaya hätte gerne noch ein wenig vor den Höhlen verweilt. Am Liebsten alleine mit Toyan. Die sanften und viel zu rar gesähten Gesten zwischen ihnen weckten in ihr immer mehr und mehr den Wunsch, ein wenig Zeit alleine mit ihm verbringen zu können. Nicht nur, um die Zeit zu genießen. Es gab da immer noch die Angelegenheit um ihre wahre Identität als Piratin, die unbedingt zu klären war. Doch wie es schien, würde das noch ein wenig warten müssen. So sehr Shaya sich auch wünschte, Toyan endlich einmal die Wahrheit sagen zu können. Sie wollte ihn nicht länger belügen - oder im Glauben der Unwahrheit belassen.
Das Mädchen, vor dem sie nun standen und welches sich ein wenig ängstlich an die Hauswand presste, schien in der Tat unauffällig und geschickt genug zu sein, um ihnen behilflich sein zu können. Und sie konnte nur hoffen, wie Toyan es ebenfalls tat, dass ihr Appetit groß genug war, dass sie annehmen würde. Gespannt blickte sie zu dem kleinen Ding, dessen Name wohl Layla war, wie sie ihren Gedanken entnehmen konnte. Mit einem ehrlichen Lächeln bedachte sie die Kleine.
Re: Kapitel 2
Verfasst: Do 19. Aug 2010, 08:28
von Ayrina
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Layla
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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Nervös und noch immer mehr als angespannt musterte Layla die Menschen, die vor ihr standen. Es war eine mehr als eigenwillige Mischung, wie sie fand. Selbst für das Dogan-Reich. Und sie sahen alle ziemlich mitgenommen aus. Sie wollte sich gerade abwenden und davonlaufen, als der eine Mann ihr Braten anbot. Ihre grünen Augen weiteten sich und wie um sie zu verraten, knurrte ihr Magen vernehmlich. Sie kaute auf ihrer Unterlippe, während sie überlegte. Braten klang einfach zu verlockend. Und sie würde ausnahmsweise mal nicht stehlen müssen. Doch wer wusste schon, was diese Leute von ihr verlangen würden.
Schließlich nickte sie zögernd und ihr Körper entspannte sich ein klein wenig. Wenn ihr nicht gefiel, was sie von ihr wollten, konnte sie immer noch weglaufen.
Re: Kapitel 2
Verfasst: Do 19. Aug 2010, 10:18
von Herbststurm
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Aziza N'Buku
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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Auf die Frage Toyans hatte sie nicht geantwortet, als er wissen wollte, ob es für die anderen in Ordnung sei. Es war nicht in Ordnung. Zumindest nicht für sie. Namid schien in ihrer emotionalen Schräglage gefährlicher als .. als das, was hinter Aziza lag. Wie ein dräuende Schatten hatte sie die letzte Nacht, bevor sie im Hafen ankamen, einmal mehr das ungute Gefühl gehabt, dass etwas aus dem Dunkel sie anstarrte, dass etwas sie gefunden hatte und dass es Zeit war, einmal mehr zu verschwinden. Der Traum, den sie die Nacht hatte und in der fliegende Feuerbälle eine schmerzhafte Rolle spielten, taten dann das wenige übrige, um im Hafen, als die meisten der Gruppe beschäftigt waren, sich zu Narea zu stellen und kurz und leise "Danke - lebt wohl." zu sagen und dann in Windeseile, so schnell sie ihre wunden Füße trugen, in der nächsten schmalen Gasse zwischen Menschenmassen zu verschwinden.
Eine Flucht ist einfach, wenn man geübt ist. Und Aziza war inzwischen gübt. Sie konnte flink entgegenkommenden Menschen ausweichen, über Kisten und andere unvermittelt auftauchende Hindernisse springen und verstand es, einfach für andere unsichtbar zu werden und mit der Menschenmasse zu verschmelzen.
Es war, als säßen ihr Verfolger im Nacken und je weiter sie sich von der Gruppe entfernt hatte, desto mehr wurde sie das gefühl nicht los, dass sie sich nicht gut genug würde verstecken können.
Sie lief von einer Gasse in die nächste, in der Hoffnung, irgendwo ein eventuell geeignetes Versteck zu finden. Angst saß ihr in den Knochen und beherrschte einmal mehr ihr ganzes Denken.
Re: Kapitel 2
Verfasst: Do 19. Aug 2010, 10:40
von Ayrina
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Narea
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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Mehr als überrascht wandte Narea den teilnahmslosen Blick von dem Mädchen ab und sah zu Aziza. Hatte sie richtig gehört? Doch die Stelle, an der die junge Frau eben noch gestanden hatte, war verwaist. Suchend ging ihr Blick über die Menschen am Hafen, doch sie konnte Aziza nirgendwo sehen. War sie gerade einfach fortgelaufen? Sie wusste, dass die Sine immer Angst vor ihnen gehabt hatte und das Namids Angriff letzte Nacht sicher nicht hilfreich gewesen war, doch das überraschte sie dann dennoch.
"Aziza?", rief sie und wusste doch gleichzeitig, dass sie keine Antwort erhalten würde. Ihr Blick ging zu den anderen.
"Ich denke nicht, dass wir sie hier zurücklassen sollten. Nicht hier im Dogan-Reich", sagte sie und schlechtes Gewissen klang in ihrer Stimme mit. Sie selbst war vermutlich auch nicht ganz unschuldig daran, dass Aziza jetzt die Flucht ergriff.
"Genausogut können wir sie gleich umbringen."
Haidir fuhr sich gemächlich mit der Hand über den kurzen, pechschwarzen Bart, ehe er das Tuch wieder zurecht zog. Sein Blick wanderte über die Menschen hier im Hafen und ohne sich umzusehen wusste er, dass auch seine zwei Begleiter sich aufmerksam umsahen. Hier verlor sich die Spur. Entweder bedeutete das, Aziza war ihnen entwischt, oder sie war noch immer hier. Haidir hoffte auf letzteres, denn Apke Lamani N'Buku wurde langsam ungeduldig. Und er war nicht gerade für seine Nachsicht bekannt. Der Häuptling wollte seine Tochter zurück und das um jeden Preis. Versagen würde er nciht dulden.
Der Wüstenkrieger ignorierte die neugierigen Blicke der Menschen, mit denen sie die blauen Linien und Zeichen auf seinem Gesicht und denen seiner Männer musterten. Er nickte knapp und die kleine Gruppe setzte sich in Bewegung. Wenn Aziza hier war, würden sie sie finden. Sich unauffällig umsehend gingen sie die engen Straßen entlang, als er aus den Augenwinkeln etwas sah. Eine junge Frau in der Kleidung ihres Stammes. Ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht und er gab seinen Männern ein Zeichen, anzuhalten.
"Scheint, als hätte unsere Suche ein Ende", murmelte er leise und machte sich an die Verfolgung.
Re: Kapitel 2
Verfasst: Do 19. Aug 2010, 10:52
von Herbststurm
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Aziza N'Buku
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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Das unbestimmte Gefühl, dass sie verfolgt wurde, wurde immer stärker und sie sah sich hektisch um. Ob ihr jemand aus der Gruppe folgte? Ob sie sie vielleicht nicht gehen lassen wollten aus Angst, sie könnte irgendwem verraten, wo sie waren, wer sie waren und was sie planten? Doch was sie war, war weit schlimmer - es waren eindeutig Wüstenkrieger. Sie hatten sich nicht einmal die Mühe gegeben sich zu tarnen und hielten geradewegs auf sie zu.
Einem Hasen ähnlich täuschte sie an, flitzte dann rechts, dann links und schnellstens um die Ecke. Der Boden unter ihren Füßen flog nur so dahin. Es war erschreckend, wie ähnlich es war, wie sehr es ihrer ersten Flucht ähnelte. Der Boden war damals aus Sand gewesen und das rennen war dadurch weit schwerer. Dafür hatte sie hier Tag und Licht, die Hoffnung, dass irgendwer einschreiten würde, wenn es denn zum äußersten käme. Immer tiefer rannte sie in das Labyrinth der kleinen Gassen hinein, in der Hoffnung, ihre Verfolger einmal mehr abschütteln zu können.
Re: Kapitel 2
Verfasst: Do 19. Aug 2010, 10:58
von Ayrina
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Haidir
18. April 143. Jahr des Lichtes, Morgen
Hafen, Dogan-Reich
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Selbst wenn Haidir nicht Azizas Gesicht erkannt hätte, ihre Reaktion war mehr als verräterisch. Im gleichen Moment, wo Aziza losrannte, nahmen er und seine Begleiter die Verfolgung auf. Für die großgewachsenen, kräftigen Männer, war es schwieriger, sich durch die Menschen zu schlängeln, doch als der Wüstenkrieger seinen Säbel zog, wichen die Leute ihm automatisch aus. Zufrieden bemerkte er, wie der Abstand zu seiner Beute langsam geringer wurde und ihr Vorsprung mehr und mehr schmolz.
"Bleib stehen", rief er ihr in der Sprache des Wüstenvolkes zu und beschleunigte seine Schritte ein weiteres Mal. Immer wieder schlug sie Haken, doch das würde sie nicht retten. Nur noch wenige Schritte trennten ihn von ihr und er streckte die Hand aus.