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Re: Kapitel 1

Verfasst: Mi 7. Apr 2010, 00:47
von Tjeika
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Shaya Zarin
15. April 143. Jahr des Lichtes, Mittag
An Bord der Meria
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Shaya spürte die Panik aufkommen. Und sie hörte sie auch aufkommen. Doch es waren nicht nur ihre eigenen Gedanken, es waren vor allen Dingen die von Toyan, um den sie sich jetzt mehr als um jemanden sonst und mehr als jemals zuvor um jemanden, sorgte.
"Toyan, was hast du?", fragte sie sorgenvoll, panisch - ängstlich?
Ja, sie hatte Angst um den, der einst ihr Feind war. Doch das war nicht mehr so und das spürte Shaya in jenen Sekunden mit aller Gewalt.
"Nicht... was ist los?", fragte sie ebenso besorgt, wie zuvor auch schon.
Viel zu schnell setzte sich Shaya auf. Und sogleich wurde sie auch dafür gestraft. Die Sicht verschwamm vor ihren Augen und ihr Gleichgewichtssinn spielte ihr erneut einen miesen Streich. Doch Shaya nahm alle Kraft zusammen, die ihr noch geblieben war - wieviel Kraft einem Sorge doch schenken konnte... - und krabbelte auf allen Vieren die wenigen Meter, die sie noch von Narea und Toyan, der neben ihr saß, trennten.

Re: Kapitel 1

Verfasst: Mi 7. Apr 2010, 01:02
von Cassiopeia
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Toyan Kerim
15. April 143. Jahr des Lichtes, Mittag
An Bord der Meria
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Toyan versuchte, ruhig zu atmen, doch die Panik, die er bisher so erfolgreich unterdrückt hatte, wollte nun gewaltsam zurück kehren. Hektisch blickte er zu Nareas Hinterkopf, dem nassen Tuch und dem heraus getrennten Streifen Stoff aus Shayas Saum ihrer Tunika. So einfach... eigentlich. So vorsichtig es ging, hob er beide Hände zu seinem eigenen Hinterkopf, schrie dann jedoch schmerzhaft auf. Er war auf der Kante von der Kiste gelandet, als der Dämon ihn beseite... geworfen hatte. Die Stelle war aufgeplatzt, geschwollen und das Hämatom bereitete sich nun nach innen aus. Sein Körper signalisierte ihm mit allen Mitteln Stopp! Doch Toyan wollte es nicht hören, er konnte, durfte noch nicht aufhören...
Shaya war plötzlich bei ihm - wie hatte sie das geschafft?
"Ich.. ich bin... ich wurde...", setzte er an, brach jedoch wieder ab, als Shaya scharf die Luft einsog; sie hatte seine Wunde also entdeckt. Toyan seufzte. "Ich will doch nur das hier zu Ende bringen, danach kann mein Körper machen, was er will. Nur noch... die paar Minuten." Es klang regelrecht flehend und vielleicht hatte er wirklich zu den Göttern gesprochen, er wusste es nicht. Mit letzter Kraftanstrengung hob er das nasse Tuch an und legte es auf die Wunde an Nareas Hinterkopf.
"Muss... verbinden", murmelte er, alles erschien ihm auf einmal unerträglich schwer und anstrengend, selbst das Tuch schien Tonnen zu wiegen und seine Feinmotorik verabschiedete sich ebenfalls. Hilflos sah er Shaya an, unfähig, weiter zu sprechen.

Re: Kapitel 1

Verfasst: Mi 7. Apr 2010, 01:09
von Tjeika
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Shaya Zarin
15. April 143. Jahr des Lichtes, Mittag
An Bord der Meria
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Shaya zitterte und das lag nicht nur daran, dass sie womöglich so etwas, wie eine Gehirnerschütterung hatte. Sie sorgte sich um Toyan. Mehr als gesund war, wie Shaya annahm. Seine Wunde sah alles andere, nur nicht gut aus. Vergessen war ihre eigene Verletzung. Alles, was nun für sie zählte, war, dass Toyan wieder gesund wurde. Nicht, dass ihr Körper das genauso sah, doch sie versuchte das, so gut es ging, zu ignorieren.
Mit zitternden Fingern griff sie nach dem Lappen, der in Toyans Hand lag. Doch ihre Finger zitterten zu sehr, ihre Sicht war viel zu verschleiert, als dass sie gleich den Lappen traf, vielmehr waren es nun seine Finger. Das Kribbeln, welches sich in ihren eigenen Fingern ausbreitete, war irgendetwas zwischen unheimlich angenehm und unglaublich irritierend. Doch dafür war nun keine Zeit, keine Zeit, darüber nachzudenken. So tastete sie mehr, als dass sie zielsicher danach griff, nach dem Lappen und nahm ihn Toyan aus den Fingern. Dann tastete sie mit ihrer anderen Hand nach dieser Heilkräutermischung, die glücklicherweise nicht allzu fern lag. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, ehe sie sie erreicht hatte und ehe sie den Lappen darin eingetunkt hatte.
"Nicht aufgeben, hörst du? Nicht aufgeben!", sagte sie mit ebenso zitternder Stimme, wie ihre Hände zitternden - und beinahe in einem schon flehendem Tonfall.
"Wir brauchen dich noch!", sagte sie lauter und vollkommen überzeugt.
"Ich brauche dich noch", flüsterte sie dann leise, ehe sie den Lappen, der nun voll des Suds der Heilkräuter war, an Toyans Wunde legte.

Re: Kapitel 1

Verfasst: Mi 7. Apr 2010, 01:23
von Cassiopeia
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Toyan Kerim
15. April 143. Jahr des Lichtes, Mittag
An Bord der Meria
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Ich brauche dich doch...
Vier Wörter, die sämtliche Gedanken für wenige Sekunden aus seinem Kopf zu fegen schienen. Dann zuckte er zusammen, als etwas Nasses, warmes seine Wunde berührte - er hatte gar nicht mit bekommen, dass Shaya ihm den Lappen aus der Hand genommen hatte. Wohl aber hatte er ihre Berührung gespürt, beruhigend und... schön. Er wurde von Sekunde zu Sekunde verwirrter, konnte aber nicht mehr tun als es einfach geschehen lassen. Er schloss die Augen und wäre die Behandlung nicht so unangenehm gewesen, hätte er sie beinahe genossen.
"Danke", hauchte er, die Augen noch immer geschlossen und bemüht, an gar nichts zu denken, er wollte es Shaya nicht noch schwerer machen. Diese Aufgabe forderte vermutlich ihre letzten Kräfte, er musste sich zusammen reißen, verdammt! Aber ihre Berührungen waren so...sanft... und er wollte sie nicht verletzen, indem er sich nun zurück zog, wo sie sich bis zu ihm geschleppt hatte. Nicht, dass er sich überhaupt zurück ziehen wollte... doch vor ihm lag noch immer Narea, wie ihm mit einem Mal drängend bewusst wurde und er musste sie verbinden.
Aber wie, wenn er seinen Händen nicht trauen konnte? Da kam ihm die Fremde in den Sinn, würde sie ihm helfen, Narea zu versorgen? Vielleicht... konnte er Shaya bitten sie zu fragen? Denn auf ihn reagierte sie eher eingeschüchert...

Re: Kapitel 1

Verfasst: Mi 7. Apr 2010, 01:32
von Tjeika
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Shaya Zarin
15. April 143. Jahr des Lichtes, Mittag
An Bord der Meria
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Narea wandt sich zu Aziza herum. Toyan brauchte seine Frage nicht laut aussprechen, sie hatte ihn - und alles, was er in den letzten Sekunden gedacht hatte - nur allzu gut gehört.
"Könntest du uns vielleicht helfen?", fragte sie in so freundlichem Tonfall, wie es ihr momentaner Zustand - und ihre andauernde Verwirrung - zuließen.
Sofort wandt sie sich wieder Toyans Kopfwunde zu. Sanft und schön hatte er gedacht, als sie ihn berührt hatte. Und ein leises Lächeln schlich sich auf Shayas Gesicht. Aber sie hatte auch gemerkt, dass es ihm Schmerzen bereitete.
"Es tut mir leid, ich will dir nicht wehtun, im Gegenteil", murmelte sie, als sie weiter mit dem Lappen über seine Wunde strich und als sie meinte, dass es nun genug sei, strich sie noch einmal sanft über Toyans Haar.
Dann wandt sie sich noch einmal um und reichte den Lappen an Aziza weiter.

Re: Kapitel 1

Verfasst: Mi 7. Apr 2010, 01:49
von Cassiopeia
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Toyan Kerim
15. April 143. Jahr des Lichtes, Mittag
An Bord der Meria
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Toyan war beinahe enttäuscht, als Shaya den Lappen fort nahm, dafür sog er die direkte Berührung, als sie über sein Haar strich, regelrecht in sich auf. Bei den Göttern, was passiert hier?, dachte er und blinzelte hektisch, ehe er sich langsam umdrehte und Shaya ein dankbares Lächeln schenkte. Doch er sagte nichts, jedes Wort zwischen ihnen hätte die Vertrautheit zerstört, so fand er. Er strich ihr kurz über die Hand, wandte sich dann aber der Fremden zu, deren Namen er sich peinlicher Weise noch immer nicht gemerkt hatte. Doch sie hatte genickt und hielt nun unsicher den blutigen Lappen in der Hand.
"Säubere ihn erst in diesem Wasser", sagte er und wies auf eine Schüssel mit kaltem, normalen Wasser, "und tunke ihn dann in dieses", er wies auf die Schüssel mit dem Kräutersud. "Das Problem ist, dass du auch am Arm, der Schulter, verletzt bist, daher... versuche einfach, das Tuch auf ihre Kopfwunde zu halten, ich binde es fest."
Die Fremde tat wie geheißen, Toyan versuchte den Umstand, dass Shaya noch immer direkt bei ihm saß, nicht zu sehr auf sich wirken zu lassen.
"Sehr gut, jetzt einfach fest halten, ich... ich mach das...", sagte er und versuchte umständlich, das Stück stoff unter Nareas Kopf hindurch zu schieben. Es war anstrengender als erwartet, Schweißperlen standen auf seiner Stirn, doch endlich hatte er den Knoten geschafft und ließ ihren Kopf vorsichtig wieder hinab sinken.
"Ich danke Euch", sagte er ehrlich zu der Fremden und spürte, wie nun auch die letzte Anspannung aus seinen Gliedern wich. Erschöpft ließ er sich nieder, lehnte sich an die Holzwand, die ihnen Schatten spendete. Im letzten Moment konnte er sich davon abhalten, den Kopf zurück zu lehnen. Dann sah er Shaya und die Fremde an. "Braucht eine von euch etwas? Trinken vielleicht?", fragte er und wollte aufstehen, um zumindest sich selbst etwas von der Kräutermischung zu gönnen, doch seine Muskeln versagten ihm den Dienst. Zitternd ließ er sich wieder zurück sinken und hoffte einfach, dass Iyad sich halbwegs um ihren Kurs kümmerte.

Re: Kapitel 1

Verfasst: Mi 7. Apr 2010, 01:55
von Tjeika
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Shaya Zarin
15. April 143. Jahr des Lichtes, Mittag
An Bord der Meria
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Aziza schüttelte den Kopf und es schien beinahe, als dass sich sich in der Ecke versteckte, sich verkroch, als sie sich wieder dorthin setzte, wo sie zuvor gesessen hatte, einige Meter von Narea, Toyan und ihr selbst entfernt.
"Aziza, ihr Name ist Aziza", sagte sie leise, als sich Shaya nun ebenfalls an der Holzwand anlehnte.
Von Aziza, der sie eben noch aufmunternd und dankbar zugelächelt hatte, blickte sie nun wieder zu Toyan. Er sah ganz und gar nicht gesund aus.
"Du solltest dich etwas schonen", sagte sie dann und musterte ihn ebenso besorgt, wie ihre Stimme geklungen hatte.
Und ohne es zu wollen, hatte sie ihm auch schon eine Strähne aus dem Gesicht gestrichen.

Re: Kapitel 1

Verfasst: Mi 7. Apr 2010, 02:09
von Cassiopeia
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Toyan Kerim
15. April 143. Jahr des Lichtes, Mittag
An Bord der Meria
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Schonen war ein gutes Stichwort, fand Toyan. Was anderes blieb ihm auch gar nicht übrig. Überhaupt war er gerade einfach nur unsagbar müde. Shaya saß neben ihm und blickte ihn an, sanft war ihre Berührung, als sie ihm eine Haarsträhne aus der Stirn strich. Beinahe... zärtlich. Er lächelte, während seine Augen wieder die ihren suchten, es war ein schönes Gefühl, in ihnen zu versinken, als wollte er nie wieder daraus auftauchen. Sich in ihnen verlieren...
Erschrocken blinzelte er, als ihm bewusst wurde, was er dachte. Doch lange reichte seine Kraft dafür nicht, seine Augen fielen ihm immer wieder zu und seine Gedanken wanderten zu ihr zurück. Sollte sie es doch mit bekommen, das tat sie wahrscheinlich sowieso schon längst. Schließlich ließ er die Augen ganz zu und merkte nicht, wie er leicht gegen sie sank, ein vertrautes Gefühl begleitete ihn in den lang ersehnten Schlaf...

Re: Kapitel 1

Verfasst: Mi 7. Apr 2010, 02:16
von Tjeika
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Shaya Zarin
15. April 143. Jahr des Lichtes, Mittag
An Bord der Meria
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Shaya lächelte. Sie wusste gar nicht mehr, ob es nun seine oder ihre Gedanken gewesen waren und erst, als Toyan sich an sie lehnte und reichlich schnell einschlief, hatte sie gemerkt, dass es ihrer beider Gedanken waren. Und so strich sie sanft über seinen Rücken zu seinem Arm, eher in Gedanken, als dass sie es mitbekam und auch sie merkte, dass sie allmählich müde wurde - oder war sie es schon die ganze Zeit über gewesen? Shaya konnte es nicht sagen, all die Aufregung und dieses Gefühlschaos hatten sie so sehr abgelenkt, dass sie gar keine Zeit gehabt hatte, darüber nachzudenken. Und so lehnte sie nun ihrerseits ihren Kopf gegen die Bordwand, an der sie gelehnt saß, beließ ihre Hand auf Toyans Arm und schlief nun auch ihrerseits mit einem zufriedenen, ja beinahe schon glücklichen Lächeln auf den Lippen ein.
So sehr sie das alles auch verwirrt hatte, sie war froh, dass es Toyan genauso erging, es gab ihr ein Gefühl von Sicherheit, ja Geborgenheit, welches sie in dieser Form noch niemals verspürt hatte.

Re: Kapitel 1

Verfasst: Do 8. Apr 2010, 08:38
von Herbststurm
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Aziza N’buku
15. April 143. Jahr des Lichtes, Mittag
An Bord der Meria
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Dem ersten tiefen Atemzug an Bord des Piratenschiffes folgte Schweigen. Leichen und Feuer um sie herum und langsam, ganz langsam realisierte sie, dass es hier nicht mit rechten, nicht mit NICHTMAGISCHEN Dingen zu ging.
Sie hatte keine Wahl und sie folgte den Fremden auf deren Schiff, auch wenn sie auf die Versicherung des Manne, der später von Shaya mit dem Namen Toyan angesprochen wurde, sie sei auch dort weiterhin frei, keine zwei Kupfermünzen gewettet hätte. Frei und Magier – das war ein Widerspruch in sich. Denn selbst, wenn es den unwahrscheinlichen Fall netter Magier gab, waren sie doch unfreiwillig immer die Überlegenen. Man kam mit ihnen aus, solange man ihnen nicht im Wege stand. Wer hinderte sie daran, Azizas Blut ebenso auf dem Deck zu verteilen wie das der Matrosen?

Ängstlich und misstrauisch kauerte sie in einer Ecke und beobachtete sie. Ihr Umgang untereinander war vertraut. Sicher reisten sie schon eine Ewigkeit miteinander. Ein Grund, Ihnen zu trauen? Immerhin hatten sie sie nicht in ein rotes Mus aus Körperflüssigkeiten und Fleisch verwandelt. Noch nicht. Warum auch immer sie nicht, aber sie lebte noch. Sie verbanden sogar ihre Schulter und sie ließ es einfach stumm geschehen, auch wenn sie bei jeder noch so kleinen Berührung zurückzuckte. Sie mochte keine Nähe. Und schon gar nicht die von ihnen.
Dennoch half sie, als sie aufgefordert wurde, und säuberte die Kopfwunde der bewusstlosen Frau. Der Empathin, wie der Mann irgendwann betonte. Aziza wusste nicht genau, was Empathen machten oder konnten, aber sie meinte sich zu erinnern, dass sie Gefühle erspüren und sicher auch manipulieren konnten. Bestimmt konnten sie das.

Als sie fertig war, war sie froh, als sie sich wieder in ihre Ecke zurück ziehen konnte. Sie traute ihnen nicht. Kein Stück. Man konnte niemandem vertrauen. Sie zog ihre Beine eng an ihren Körper und versuchte sich so klein wie nur irgend möglich zu machen. Wenn sie sie nicht sahen, würden sie vielleicht vergessen, ihr etwas zu tun.
Mit einer gewissen Erleichterung beobachtete sie, dass Toyan und Shaya sich miteinander gut genug beschäftigten, um sie nicht zu bemerken. Sie wagte nicht die Augen zu schließen, obwohl sie müde war. Aber die Anwesenheit von eindeutig Magiern machte sie nervös. Sogar nervöser als Piraten, da wusste man zumindest, was einen erwartete und wie man dem am besten entgehen konnte.