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Gon
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Gon lächelte und verschwand im Schatten der höhle, wurde wieder eins mit dem Felsen, der über Jaedens Schlaf wachte.



Marek
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Die Büffel kamen am nächsten Morgen. Die erste Sichtung hatte bei Sonnenaufgang statt gefunden und kurz darauf herrschte große Betriebsamkeit in dem kleinen Lager. Waffen wurden zusammen gesucht und so getragen, dass sie beim Laufen nicht behinderten. Dann gab Marek das Zeichen, los zu laufen. Der Rest würde beim Lager bleiben und den Transport vorbereiten.

Jaeden & Solmon
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Es war eine unruhige Nacht gewesen. Jaeden war von wilden Träumen heimgesucht worden. Er war in eben dieser Höhle gewesen - und dann hatten sich die Steine aus den Wänden gelöst und ihn von oben herab unter sich begraben. In einem anderen Traum hatte ihn ein riesiger Findling über die Felsenebene gejagt und ihm hinterher geschrien, er würde die Steine niemals verstehen können. Und in einem weiteren war er von anderen Elementaren angegriffen worden. Jaeden hatte versucht, die Steine, sein Element um Hilfe zu bitten, doch sie hatten sich ihm verweigert, ihm den Rücken gekehrt.
Nach einem jeder dieser Träume war Jaeden schweißgebadet erwacht und hatte versucht, nicht gleich wieder einzuschlafen, weil er fürchtete, sonst an dem Punkt weiter zu träumen, wo er zuvor geendet hatte.
Am frühen Morgen war er so heftig herum gerollt, dass er im Halbschlaf aus den Fellen fiel und nun auf dem nackten Boden zum Liegen kam. Es schien, als hätten die Steine nur auf ihn gewartet, denn unerwartet traf ihn eine wohlige Wärme, die Angst löste sich, sein Herzschlag beruhigte sich deutlich und als er schließlich wieder gänzlich einschlief, lächelte er sogar.
Als er schließlich am Morgen die Augen aufschlug, runzelte Jaeden die Stirn. Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich auf die Felsen gelegt hatte, doch es fühlte sich gut und vertraut an. Eine Hand lag flach auf dem Boden, die Finger strichen sachte darüber und ein Summen schien ihm zu antworten.
"Das ist doch verrückt", flüsterte Jaeden und war versucht, die Augen wieder zu schließen und genau so wieder einzuschlafen. Doch nun, da er wach war, merkte er, dass er fror und jeder Knochen im Leib tat ihm weh, als hätte er eine Schlacht geschlagen, sodass er sich seufzend aufsetzte und nach dem Fell griff, um es sich wenigstens über die Schultern zu legen.

Solmon war nervös. Jede Jagd barg ihre Gefahren und ein jedes Mal war fraglich, ob alle, die aufgebrochen waren, auch wieder zurückkehren würden. Sie hatten erst vor kurzem zwei Jäger verloren - und anschließend durch den Sandsturm auch noch den Großteil der Beute. Ein unfairer Tausch. Heute hoffte Solmon auf mehr Glück für den Stamm, auch wenn er selbst nicht mitgehen würde. Er fühlte sich noch nicht bereit und so war er auch nicht enttäuscht gewesen, als Marek ihn bat, im Lager zu bleiben und mit den anderen, die zurück bleiben würden, alles vorzubereiten.
"Sie kommen zurück!", hörte er schließlich den Ruf der Wache und sah von den Steinmessern auf, die er gerade noch ein wenig schärfte. Im nächsten Moment war er auf den Beinen und erklomm den nächstbesten Vorsprung, um die Jagdgesellschaft selbst zu begrüßen.

Gon & Marek
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Gon beobachtete Jaeden schon eine ganze Weile. Als dieser halbwegs wach schien, trat Gon aus den Schatten hervor.
"Was macht der Schlaf mit den Menschen?", fragte er ihn und sah ihn neugierig an. Jaeden hatte sehr unruhig geschlafen und es war kein Zufall, dass er erst ruhiger geworden war, als er direkt auf dem Felsboden der Höhle gelegen hatte.

Sie kehrten wirklich zurück. Marek lief mit den anderen und gemeinsam zogen sie einen großen Bullen hinter sich her. Es kostete sie alle Kräfte, doch sie sangen und lachten ausgelassen über ihren Sieg. Es war ein unglaubliches Gefühl. Der Stamm war gerettet. Die Felle würden viele Mitglieder wärmen und das Fleisch viele Bäuche füllen über den Winter hinweg.

Jaeden & Solmon
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Jaeden war wenig überrascht, als er Gon erblickte. Vermutlich hatte er ihn die ganze Zeit über beobachtet.
"Nun, für gewöhnlich haben Körper und Geist während des Schlafes die Möglichkeit, sich ausgiebig zu erholen und neue Energie zu tanken", erklärte er es ungefähr. "Erinnerungen und Ereignisse werden gespeichert und verarbeitet. Manchmal eben in Träumen, wie ich sie heute Nacht hatte", gestand er und streckte sich ausgiebig. Wirklich erholt war er nicht, doch immerhin hatten die letzten Stunden auf den Steinen ihm ein wenig ruhen lassen.
"Offenbar haben mich die vielen Informationen mehr mitgenommen, als ich es erwartet hätte."

Aus der Ferne versuchte Solmon zu zählen, wie viele von ihnen zurück kehrten. Er zählte ein weiteres Mal, dann brach er wie die anderen in Jubelrufe aus und lief den Jägern entgegen. Sie alle kehrten zurück. Und dann noch mit solch großer Beute!
"Ihr habt es geschafft", rief er Marek entgegen und lachte begeistert, als er den riesigen Büffel sah. Er näherte sich schnell und ergriff eines der Seile, um beim Ziehen zu helfen.

Gon & Marek
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Gon hörte Jaeden aufmerksam zu. Schlaf war ihm fremd, doch er hatte es bei vielen Tieren und auch Menschen gesehen. Sie legten sich hin, schlossen die Augen und standen für Stunden nicht mehr auf. Nur ihr Atem verriet, dass der Tod nicht nach ihnen gegriffen hatte.
"Das gestern war nur der Anfang. Du wirst noch viele, sehr viele Informationen aufnehmen müssen." Er schob einen Stein, der fast so groß war wie er und damit immer noch nicht größer als Jaedens Hand, näher zu ihm.
"Wenn du bereit bist für mehr Informationen, lege deine Hand auf diesen Stein. Ich möchte dir etwas zeigen."

Marek lachte und jubelte und grinste. Ein kleiner Teil des Fells war um sein Speer gebunden.
"Wir sind gerettet! Diesen Winter leiden wir keinen Hunger und zerreiben Steine um etwas im Magen zu haben. Sieh dir dieses Prachttier an! Es war unglaublich!" Es war genau wie Jaeden gesagt hatte. Er würde ihm einen großen Teil des Fells schenken für diese Vorhersage. Die Schlucht hatte ihnen ermöglicht, diesen Bullen ohne Gefahr abzudrängen, anzugreifen und schließlich zu töten. Ihr Stamm war gerettet und der Rest der Herde zog weiter.

Jaeden & Solmon
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Das hatte Jaeden befürchtet. Es hätte ihn auch gewundert, wenn die gestrigen Informationen alles gewesen wären, was er erfahren würde. Zumal er ja noch nicht einmal in der Lage war, klar zu verstehen, was die Steine ihm sagten. Es war, als lernte er eine neue Sprache, ohne die nötigen Vokabeln zu haben, die es auch ihm verständlich machten. Doch vielleicht würde das ja bald so sein. Im Grunde konnte Jaeden es nicht abwarten, doch er musste sich wohl oder übel in Geduld üben, eine andere Wahl hatte er nicht.
Einen Moment blickte Jaeden auf den Stein, den Gon näher an ihn heran schob. Er fühlte sich ein wenig zwiegespalten, einerseits wollte er sofort weiter machen, andererseits wusste er auch, dass diese vielen Informationen auch ziemlich erschöpfend waren, vermutlich nach dem Aufstehen genauso sehr wie davor.
Also griff er erst einmal in sein Gepäck und holte etwas Trockenfleisch und seinen Wasserschlauch hervor, um eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen.
"Ist dies einer der gestohlenen Steine?", fragte er vorsichtig und deutete auf den Stein.

Der Bulle war in der Tat riesig. Und schwer vor allem. Doch nun kamen auch die anderen aus dem Lager angelaufen, alle mit einem Lachen im Gesicht stimmten sie in die Gesänge mit ein. Weitere Männer griffen nach den Seilen und mit vereinten Kräften, wie es schon seit jeher in ihrem Stamm gewesen war, zogen sie das Tier mitten ins Lager.
Solmon strahlte über das ganze Gesicht. Sicher, er hatte nicht direkt an der Jagd teilgenommen, doch er fühlte sich dennoch großartig. Er konnte sich nicht erinnern, dass sie jemals eine solch große Beute erlegt hatten.
"Wir sollten es sofort zerlegen", sprach Amjok, der von seinem Beobachtungsposten herunter gestiegen war und den Männern auf die Schultern klopfte. "Bevor es wie das Letzte im Sandsturm endet." Daran hatte niemand von ihnen Interesse und auch, wenn sich kein Sturm ankündigte, wäre es nur klug. Schließlich wäre das Fleisch dann auch viel einfacher zurück zu den Höhlen zu transportieren.
Irgendwann schaffte es Solmon, sich zu Marek durchzukämpfen.
"Hast du ihn erlegt?", fragte er begeistert und deutete auf das Stück Fell, das dessen Speerspitze zierte.

Gon & Marek
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Gon schüttelte seinen kleinen Kopf.
"Dieser Stein ist seit Jahrtausenden in dieser Höhle. Obwohl er nicht mehr fest mit dem Felsen verbunden ist, hat er die Erinnerungen der Höhle und des Felsens aus dem er stammt gespeichert. Diese Erinnerung möchte ich dir zeigen. Keine Sorge, ich werde dich leiten."

Marek strahlte. "Wir haben viele Speere geworfen, sehr viele. Aber Am Ende war es mein Speer der seine Kehle durchstieß", erklärte er mächtig stolz und schwang den Fellwedel ein wenig. Sein Vater würde platzen vor Stolz.
"Ich habe nur wirklich Sorge, wie wir in nach Hause bekommen. Er hat so viel Fleisch und große Knochen... ich wünschte, wir wären mir mehreren hier. Machen wir uns an die Arbeit. Holt die scharfen Beile und Messer! Und seid vorsichtig mit dem Fell!" Marek war noch ganz berauscht von dem Erfolg.

Jaeden & Solmon
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Während er Gon lauschte, trank Jaeden einen Schluck Wasser und riss ein Stück Trockenfleisch ab.
"Haben die vergessenen Steine auch Erinnerungen? Oder... nun ja, sterben sie, wenn wir Menschen sie herausschlagen aus dem Fels?", fragte er vorsichtig nach und begann, auf dem Fleisch herum zu kauen. Es musste ein alter Büffel gewesen sein, das Fleisch war zäh und sehnig. Doch es war besser als zu hungern.

"Gratuliere", grinste Solmon breit und schlug Marek auf den Rücken.
"Mach dir da mal keine Sorgen, den kriegen wir schon nach Hause", war er zuversichtlich. "Wir müssen nur ein paar mehr Tragen zum Ziehen haben, mit so viel Fleisch haben wir ja dann doch nicht gerechnet." Er konnte nicht aufhören zu grinsen. So eine große Beute hatte er noch niemals im Lager gesehen.
"Vielleicht häutest du ihn am besten selbst, wenn dir das Fell so wichtig ist", neckte er Marek, während sie sich der Mitte ihres kleinen Lagers näherten und schließlich anhielten.
"Das wird ein guter Winter werden", hörte Solmon Amjok sagen, der einen Schlauch an die Jäger reichte. Solmon war sicher, dass darin kein Wasser war, doch das hatten sich die Männer wirklich verdient.

Gon & Marek
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

Gon überlegte etwas.
"Die Erinnerungen, die einst in ihnen waren, verblassen mit der Zeit. Ohne Verbindung zum Mutterboden wird der Stein spröde und rau. Er verliert seine Energie und damit die Fähigkeit, gelesen zu werden. Je abrupter die Trennung, desto schneller der Prozess", versuchte er zu erklären. "Dieser Stein ist zwar lose, hat seinen Mutterboden, diese Höhle, aber nie verlassen. Er bildet eine Art Verstärker und du wirst durch ihn leichter erkennen, was ich dir zeigen will, als wenn du deine Hand nur auf den Boden legst."

Marek nahm den Trinkschlauch von Amjok entgegen und prostete ihm zu. Die Stimmung war ziemlich ausgelassen und er griff anschließend nach einem langen, scharfen Messer, dem Skit, und half mit bei dem Zerteilen. Wieder und wieder wurde die Jagd erzählt und wurde mit jeder Erzählung lebendiger und ausgeschmückter. Es war eine lange, schwere Arbeit, doch schließlich hatten sie Netze und Tragen mit Fleisch und Knochen gefüllt, so viel wie möglich war. Dicke Taue waren an den Büffel gebunden um ihn zu ziehen - das, was von ihm übrig war. Doch erst einmal wurde das Wichtigste Stück - das Herz - über offenem Feuer gegrillt. Es sollte die Jäger stärken und ihnen Glück bei der Heimreise bringen.

Jaeden & Solmon
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Morgen

"Tatsächlich?", runzelte Jaeden die Stirn und legte den Wasserschlauch beiseite, um den Stein anzusehen, den Gon zu ihm hingeschoben hatte. "Ich hätte erwartet, dass die Berührung mit der nackten Erde und den Steinen in ihr die Verbindung am stärksten machen würde." Dass dieser Stein, der seit jeher Teil dieser Höhle geblieben war, eine Art Katalysator darstellen sollte, überraschte ihn.
"Dann... nun", murmelte er, atmete einmal tief durch und legte seine Hand nach einem kurzen Blick zu Gon auf den Stein.

Während sie den Büffel zerlegten - das Fell hatte einer der Jäger zuvor sehr sorgfältig vom Fleisch getrennt und über einen Felsen zum Trocknen gelegt - wurde immer wieder erzählt, wie sie das Tier erlegt hatten. Letztendlich hatte Solmon das Gefühl, selbst dabei gewesen zu sein, als Marek den tödlichen Stoß ausgeführt hatte. Und mit jeder weiteren Erzählung wurde das Herzklopfen sogar noch mehr.
Schließlich saß er bei den anderen am Feuer und strich kurz über das Fell.
"Das wird sich hervorragend als Schlaflager eignen", versicherte er Marek und grinste. "Pass auf, dass dich die Mädels nun nicht umscharen, um einen Platz darauf zu bekommen", neckte er lachend und Amjok neben ihm prustete.