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Re: Auf der Suche nach Weisheit
Verfasst: Fr 26. Mär 2021, 21:53
von Erzähler
Chodi zeigte nach außen nicht, ob er überrascht war, er wirkte nur etwas betrübt. Er hörte auf, den Hund zu streicheln, ließ seine Hand aber weiter auf dem Kopf des Tieres ruhen, und sagte: "Du meinst das Fischerdorf flussabwärts, nehme ich an? Das ist noch nicht lange her. Also hast du gesehen, was dort passiert ist? (Chodi meinte, und Arnolt konnte das an der Art, wie er sprach und schaute, erahnen, dass der Alte nicht unbedingt glaubte, der Jäger hätte den Überfall persönlich beobachtet - auch aus den Spuren konnte ein Fachmann "sehen", was passiert war). Und weißt du auch, warum das geschah?"
Re: Auf der Suche nach Weisheit
Verfasst: Fr 26. Mär 2021, 22:04
von Spikor
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Bärnhardt
4. Tag, Abend, Frühling
Auf dem großen Fluss in Richtung Süden
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Bärnhardt hatte inzwischen ganz aufgehört, sein Essen auszupacken, und der Brotbeutel lag offen auf seinem Schoss, sogar die Hand war schon im Beutel, verharrte aber dort. Stattdessen blickte er zu Nanna und fragte weiter: "Kann man sich dagegen wehren? Ist es das, was Schamanen machen?" Natürlich wusste Bärnhardt, dass Schamanen allerlei Rituale durchführten, um den Segen der Geister baten und all sowas, aber er wusste auch, dass sie noch viel mehr taten, nur für sich, wovon die anderen Dorfbewohner nur wenig mitbekamen.
Für ihn war das spannend, denn mit dem Schamanen zuhause hatte er nie viel zu tun gehabt und mehr als Höflichkeiten hatten sie eigentlich nie ausgetauscht. Deshalb wusste Bärnhardt darüber auch nur, was er gesehen hatte und was die Leute erzählten, und er war schlau genug, den eigenen Augen und den Worten anderer nicht zuviel Glauben schenken zu wollen. Zum Einen war Bärnhardt tatsächlich einfach neugierig, zum Anderen fragte er sich aber auch, ob er der Geisterwelt bisher vielleicht zu wenig Beachtung geschenkt hatte. Schließlich schien sie mehr Einfluss auf das Leben der Menschen zu haben, als er gedacht hatte. Bis hin zu diesem Krieg hier, denn, soviel glaubte er verstanden zu haben, hier ging es um die Frage, welche Rituale die richtigen waren. Dass man darüber überhaupt streiten konnte, erstaunte ihn. Er hatte das alles immer für feststehend und selbstverständlich gehalten.
Re: Auf der Suche nach Weisheit
Verfasst: Sa 27. Mär 2021, 10:13
von Odin
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Arnolt
4. Tag, Abend, Frühling
Auf dem großen Fluss in Richtung Süden
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"So ziemlich. Ich bin mir nicht sicher, alles gesehen zu haben. Es hatte etwas mit deren Ritualstein zu tun. Vielleicht auch ein wenig wegen den Gästen", antwortete Arnolt etwas kurz angebunden.
Re: Auf der Suche nach Weisheit
Verfasst: Sa 27. Mär 2021, 21:15
von Erzähler
"So so, der Ritualstein. Und von den Gästen weißt du auch." Chodis Miene verriet nichts, und seine Stimme blieb ruhig und freunlich, aber er fixierte Arnolt mit seinen Augen, als er sagte: "Für jemanden, der nur etwas lange auf der Jagd war und von weit weg stammt, weißt du aber ziemlich viel über diese Gegend, mein Freund. Dann zeig doch mal, wie schlau du bist. Du sagst, unser Wachposten hat dir gegenüber die Gleichmacher erwähnt. Ich sage dir jetzt, dass sie der Grund für das Unglück jenes Dorfes waren und dass wir deshalb so auf der Hut sind, damit es uns nicht genauso ergehen mag. Was schließt du daraus? Und vergiss bei deiner Antwort den Ritualstein und die Gäste nicht."
Re: Auf der Suche nach Weisheit
Verfasst: So 28. Mär 2021, 10:17
von Odin
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Arnolt
4. Tag, Abend, Frühling
Auf dem großen Fluss in Richtung Süden
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"Ich laufe mit offenen Augen umher", meinte Arnolt und überlegte.
"Es scheint mir so, dass ihr vielleicht ebenfalls Gäste aufgenommen habt. Auf jeden Fall wollen die Gleichmacher dafür sorgen, dass die Rituale auf die gleichen Weise durchgeführt werden, wie bei ihnen, wofür es womöglich keinen Ritualstein braucht. Habe ich recht?
Mich würde aber vor allem interessieren, was die Gleichmacher sind und wo sie herkommen."
Re: Auf der Suche nach Weisheit
Verfasst: So 28. Mär 2021, 14:51
von Tjeika
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Nanna
4. Tag, Abend, Frühling
Auf dem großen Fluss nach Süden
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Nanna wog ein wenig den Kopf hin und her.
"Im Grunde ist es das, was wir tun. Wir versuchen, die Geister und Ahnen in Zaum zu halten oder auf unsere Seite zu ziehen. Die Opfer und Rituale sind für nichts anderes da."
Es war schwer vereinfacht ausgedrückt, aber so war es wohl am Ehesten zu verstehen.
Re: Auf der Suche nach Weisheit
Verfasst: So 28. Mär 2021, 22:59
von Spikor
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Bärnhardt
4. Tag, Abend, Frühling
Auf dem großen Fluss in Richtung Süden
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Bärnhardt nickte langsam. "Dann, glaube ich, verstehe ich so langsam, was hier das Problem ist. Ein paar Leute haben sich andere Methoden ausgedacht, um das zu tun, was ihr Schamanen macht, und jetzt streiten alle darum, ob das in Ordnung ist oder nicht. Vermutlich waren manchen die alten Methoden nicht mehr gut genug, vielleicht denken sie, dass ihre neuen Methoden besser funktionieren. Denn dass es nicht immer funktioniert, ist klar. Das hängt sicher davon ab, wie wütend die Geister sind, und auch, wie gut der Schamane ist. Eine bessere Methode, die öfter funktioniert, ist da sicher verlockend. Aber warum sind dann wieder andere so sehr gegen diese neue Methode?"
Das hatte er fast mehr zu sich selbst gesagt, während er immer noch konzentriert darüber nachdachte. Immerhin fuhr er jetzt damit fort, sein Essen auszupacken.
Re: Auf der Suche nach Weisheit
Verfasst: So 28. Mär 2021, 23:09
von Erzähler
Chodi blickte Arnolt weiterhin direkt an, aber der Jäger konnte sehen, dass sich etwas änderte im Blick das alten Mannes. Seine Stimme klang jetzt scharf, alarmiert, als er erklärte: "Wir haben niemanden aufgenommen, Arnolt. Wenn wir es hätten, wäre es uns genauso gegangen wie dem Nachbardorf. Wer Gleichmacher aufnimmt und sogar ihre Riten durchführt, der wird bestraft. So lautet das Gesetz des Königs! Also sag nie wieder einfach so ins Blaue hinein, jemand hätte Gleichmacher aufgenommen. Allein der Verdacht kann schon reichen, um ein Dorf ins Unglück zu stürzen!"
Chodi atmete zweimal durch, um sich wieder zu beruhigen. Immerhin schien ihn das davon überzeugt zu haben, dass Arnolt wirklich keine Ahnung hatte, denn nun war er wieder freundlicher und fuhr fort: "Aber du hast Recht, die Gleichmacher wollen die Rituale ändern. Aber es ist mehr, viel mehr. Sie wollen ändern, wie wir leben, und das gefällt vielen nicht, besonders nicht dem König. Deshalb bekämpft er die Gleichmacher, und das Dorf unten am Fluss war so dumm gewesen, Gleichmacher aufzunehmen und ihren Riten zu folgen. Dafür haben die Krieger des Königs sie bestraft. Wir sind nicht so dumm, und wenn du ein Gleichmacher wärst, dann könntest du hier keine Gastfreundschaft erwarten."
Re: Auf der Suche nach Weisheit
Verfasst: Mo 29. Mär 2021, 09:57
von Odin
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Arnolt
4. Tag, Abend, Frühling
Auf dem großen Fluss in Richtung Süden
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"Verzeih. Ich habe noch nicht durchgeblickt."
Jetzt blickte Arnolt schon eher durch. Die Gäste waren die Gleichmacher und die Angreifer waren Krieger des Königs. Das erklärt einiges. Zum Beispiel die Pfeilspitze aus Metall.
Er überlegte, ob er jetzt die Karten auf den Tisch legen soll, zögerte aber noch.
"Weißt du, woher diese Gleichmacher kommen? Der Kleidung der Gäste nach zu folgen, waren sie sehr wohlhabend."
Innerlich grinste er, da Nanna ihnen den letzten Segen nach dem alten Ritual gegeben hat. Diese Ironie gefiel ihm.
Re: Auf der Suche nach Weisheit
Verfasst: Mo 29. Mär 2021, 20:34
von Erzähler
Der Dorfälteste lachte laut auf, bevor er Arnolt antwortete: "Ha! Die sind nur gut angezogen, weil ihre Anhänger ihnen alles mögliche Spenden. Ist das nicht lustig? Sie predigen die Gleichheit von allen, aber sie kleiden sich besser als die anderen. Natürlich nur, um niemanden zu kränken, nicht wahr? Sie wollen ja nicht unhöflich sein, denn Geschenke abzulehnen wäre unhöflich. Ein Gleichmacher-Priester hat im Leben nichts gearbeitet, das kann ich dir versichern, mein Freund! Nur ihre neuen Rituale durchgeführt, sonst nichts, das ist seine ganze Arbeit." Chodis Stimme triefte jetzt vor Verachtung. "Sie sagen immer, dass die Geister Besitz verachten, weil sie ihn nicht mitnehmen könnten, und dass die Grabbeigaben eine Beleidigung der Toten wären. Als ob es nicht eine viel größere Beleidigung wäre, sie mit leeren Händen ins Schattenreich zu schicken! Und weil die Toten nichts bekommen sollen, bekommen es bei den Gleichmachern die Lebenden, und das freut natürlich die Habenichtse und Tunichtgute, all die Faulenzer und Schwätzer, die nun endlich mal so richtig von der Arbeit anderer profitieren können! Kein Wunder, dass diese Trottel den Gleichmachern die Türen einrennen!" Chodi regte sich so sehr auf, als ob er persönlich beleidigt wäre deswegen. Arnolts Frage nach der Herkunft der Gleichmacher schien er in seiner Wutrede vergessen zu haben.