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Réigam
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Früher Abend

Réigam hörte zu, konnte sich aber nur begrenzt einen Reim auf das alles machen. Offenbar wollte Aceio die Händler aufgeschlossen stimmen für einen Kontakt mit den westlichen Inseln. Na gut, warum nicht? Was Réigam dabei etwas irritierte, war die Rolle, die Traditionen in Aceios Ansprache spielten. Waren die wirklich so wichtig, wenn es ums Geschäft ging? Worauf wollte er eigentlich hinaus? Und wozu versammelte er die Kaufleute hier in diesem Versteck, also in aller Heimlichkeit? Er hielt sich weiter im Hintergrund und hörte zu.

Aceio / Toyan
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
früher Abend

Aceio wusste, jetzt kam der wichtige Part. Die Kaufleute hatte er vorerst auf seiner Seite. Jetzt musste er die Magier gewinnen und jene, die mit ihm die Bruderschaft gestürzt hatten. Jene, deren Anführer er einst gewesen war.
"Die Bruderschaft hat jeden Handel mit den Inseln im Westen verboten", sprach er deutlich weiter. "Zu dieser Stunde erreichen die letzten Schiffe der Flotte aus Sombal die Bélan-Inseln. Sie sind nicht in Frieden gekommen. Sie sind aus Rachgier gekommen. Sie werden das tun, was die Bruderschaft mit den freien Magiern all die Jahrhunderte tat - sie unterdrücken und ihre Ressourcen plündern. Sie ermorden. Für viele des Festlandes sind die Bewohner der Bélan-Inseln keine Menschen. Sie sind in diesen Ländern nur bekannt unter dem Namen ihres einstigen Anführers. Er nahm die Hälfte seines Volkes in den Tod. Doch jene, die dort blieben, wollen leben. In einer für sie neuen Welt. Sie bezahlen den Preis, den Nalahr mit seiner Armada Nekromanten erkaufte. Er verkaufte sein Land, sein Volk. Nun sind sie der Rache der Küstenländer im Westen ausgesetzt. Unkontrollierter Rache. Gegen ein wehrloses Volk."
Er machte eine kleine Pause um die Wirkung seiner Worte abzuschätzen.
"Auch wir waren einst wehrlos. Aber wir wehrten uns. Gegen die Bruderschaft, gegen die Nekromanten. Das Volk Bélan hat keine Möglichkeit, sich zu wehren. Darum brauchen sie unsere Hilfe."

Toyan versuchte noch immer zu begreifen. Ihm schien es, als ob Aceio das wiederholte, was er damals getan hatte. Eine Gruppe Freiwilliger für ein Unterfangen zu gewinnen, das einem viel größeren Plan dienen sollte. Aceio versuchte, Handel und Ausbeutung hinter Hilfe zu verstecken. Er versuchte, die Kaufleute und Magier aus Port Soles gegen die Befehlshaber und Seemächte Sombals aufzubringen. Choma war im freien Fall. Und Aceio versuchte es zu nutzen.

Shaya Kerim & Eskya Zarin
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
früher Abend

Shaya legte den Kopf schief und betrachtete Aceio einen Augenblick. Was er sagte, würde fruchten. Gegen all ihre Bedenken.
Und ein Teil von ihr stimmte dem, was Aceio sagte, auch zu. Immerhin kannte sie es nur zu gut, gejagt zu werden, für das, was sie war.
"Damit hat er sie", raunte sie Toyan leise zu und ein leises Seufzen folgte ihren Worten.
"So sehr er recht hat, er wird es für seine Zwecke nutzen", fügte sie genauso leise flüsternd an.

Réigam
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Früher Abend

Von seiner leicht zurückgezogenen Position aus konnte Reígam nicht verstehen, was Shaya zu Toyan sagte, aber ihm war klar, dass sie Aceios Plan kommentierte, und sie wirkte zwiegespalten. Auch er erkannte das Problem - Aceio wollte, dass die Leute von Port Soles die Bélan-Inseln vor den Leuten aus Sombal beschützten. Als Argumente nannte er Profit durch Handel und Mitgefühl durch das gleiche Schicksal, auch wenn dies etwas konstruiert klang. Es war wohl nicht falsch, aber man konnte es sicher auch anders sehen. Nun, die Kaufleute wären sicher auf Aceios Seite, schon allein, um der Konkurrenz aus Sombal nicht den Bélan-Handel zu überlassen. Aber Kaufleute waren keine Kämpfer und sie würden auch ihr Geld nicht riskieren für das Wohl anderer. Sie würden vielleicht den Kampf finanzieren, aber führen mussten ihn andere. Und mit einem Mal erkannte Réigam, wieso er - und Toyan, und Shaya - hier waren. SIE sollten diesen Kampf führen. Nicht allein natürlich, aber darum ging es ja nicht.

'Schau an, so fühlt es sich also an, wenn man als Söldner ohne Sold angeheurt wird' dachte er sarkastisch.

Aceio / Toyan
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
früher Abend

Toyan nickte und seufzte ebenfalls leise. Er sah zu Réigam. Auch er schien begriffen zu haben, worum es ging.
"Ich denke, ich habe genug gesehen", sagte er leise. Der Handel mit den Bélan-Inseln interessierte ihn nicht. Aceio manipulierte die Menschen, die ihm folgten. Hatte er auch sie, Shaya und Toyan, beim ersten Mal gegen ihren Willen manipuliert? Sie hatten ihm vertraut, waren ihm gefolgt. Nun setzte Aceio sein Werk fort.
Er wusste nicht Recht, wie er dazu stehen sollte. Er konnte die Punkte gut nachvollziehen. Dennoch schreckte es ihn zugleich ab, wie berechnend Aceio war.

Aceio wusste, er hatte, was er wollte. Es blieben nur ein paar letzte Worte zu sagen.
"Entscheidet nicht sofort. Bis zum Neujahrstag gebe ich Euch Zeit, alles zu überdenken und Euch zu beraten. Ihr seid intelligente Männer und Frauen. Ich danke für Euer Kommen und Eure Geduld." Er verneigte sich feierlich und trat einen Schritt zurück in den Schatten.

Shaya Kerim & Eskya Zarin
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
früher Abend

Eskya trat langsam an Aceio heran und legte sachte ihre Hand auf seine Schulter.
"Gute Arbeit", lobte sie leise, aber anerkennend.
So, wie sie gerade wahrhaftig hinter ihm stand, würde sie es auch künftig tun. Solange er sie zu schätzen wusste.

Shaya sah Toyan ernst an.
"Wir müssen herausfinden, was seine eigentlichen Interessen sind", murmelte sie so leise, dass nur Toyan sie würde verstehen können.
Dann glitt ihr Blick zu Réigam.
"Beraten wir uns mit ihm. Einer mehr in unseren Reihen wird uns nicht schaden", flüsterte sie und winkte den eigentlich noch Fremden zu Toyan sich heran.

Réigam
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
Früher Abend

Réigam sah und verstand Shayas Wink und trat zu den beiden. Leise sagte er zu ihnen:

"Euren Gesichtern entnehme ich, dass es nicht ganz das ist, was ihr euch vorgestellt habt?"

Es war eine Mischung aus Frage und Feststellung - er war sich natürlich nicht sicher, also wollte er lieber nachfragen, bevor er seine eigene Meinung kund tat.

Aceio / Toyan
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
früher Abend

Aceio lächelte leicht und drehte sich zu Eza um.
"Dank Eurer Unterstützung", gab er die Anerkennung zurück. "Das Unterfangen Bélan kann starten, wenn die Kaufleute ihre Investitionen bekannt geben. Darf ich Euch als Dank auf ein Essen einladen?", bot er galant an und überließ die Händler sich selbst. Sie würden in der kleinen Truhe hoffentlich genug Überzeugung finden.

Toyans Blick war ernst und nachdenklich.
"Aceio war der Anführer des Widerstandes gegen die Bruderschaft", erklärte er leise mit einem Seitenblick zu Shaya. "Wie haben ihm viel zu verdanken, vermuteten aber schon länger, dass er eigene Pläne hat. Dies dürfte sein nächster Schachzug sein, Bélan an das Festland anzubinden."

Shaya Kerim & Eskya Zarin
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
früher Abend

Ezas Blick lag noch einen Augenblick auf der Truhe, die schon jetzt zu überzeugen wusste, was ihr ein Schmunzeln entlockte. Bei ihr wirkte so etwas nicht, das Piratendasein hatte sie schon vor vielen Jahren hinter sich gelassen. Reichtum und Geld interessierte sie nicht, solange sie damit nicht an Macht gelangte. Mit einem Lächeln auf den Lippen hakte sie sich kurzerhand bei Aceio unter.
"Das schuldet Ihr mir", scherzte sie halb und lachend und nahm damit die Essenseinladung an.

Shaya nickte mit einem Seitenblick zu Toyan zu den Worten desselben und blickte dann wieder direkt zu Réigam.
"So ist es. Er mag ein Held sein, das ist unbestritten. Aber er hat eigene Pläne. Womöglich hatte er die schon von Beginn an", fügte sie nicht minder leise an.
Sie beobachtete, wie Aceio mit Eza am Arm die alte Münzprägewerkstatt verließ.
"Vielleicht waren seine Ambitionen, die Bruderschaft zu stürzen, genau von dem gleichen Interesse geleitet."
Sie seufzte leise und etwas ratlos.

Aceio / Toyan
Port Soles
Ende Dezember im 145. Jahr des Lichtes
früher Abend

Aceio lachte leise auf und führe Eza aus dem dunklen Raum hinaus, während sich die Kaufleute die Stoffe und kleinen Gegenstände, die er mitgebracht hatte, genauer ansahen und staunend umher reichten. Er wusste, er hatte sie gewonnen.
"Womit kann ich eine Frau wie Euch gerecht werden?", überlegte er, als sie in den kalten Abend traten und die Kragen höher schlugen. "Kennt Ihr das Lokal an den Südklippen? Sie bereiten Fisch und Fleisch zu, die Euch auf der Zunge zergehen."

"Es ist nicht zu leugnen, dass er in Vielem Recht hat", wandte Toyan ein. "Wir sind ihm nicht ohne Grund gefolgt. Dennoch machen seine Eigeninteressen es etwas... schwierig zu verstehen, worum es wirklich geht." Den Zwiespalt konnte er, da er nun um so bewusster wurde, nicht einfach ignorieren.