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Jeron
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

"Solche Informationen verlassen den Stammesrat nicht, Junge", erklärte Jeron, als sei dies vollkommen klar. "Natürlich hat er es dir nie erzählt. Er sprach nie direkt darüber. Aber ich weiß, wer, beziehungsweise, was er war. Und du bist es ebeso. Er hatte leider keine Gelegenheit, dich darauf vorzubereiten. Was sehr bedauerlich ist. Du bist der einzige von uns."

Jaeden
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Jaeden kam sich fast wie erschlagen vor von Jerons Worten.
"Ich bin der einzige was?", fragte er verwirrt nach und runzelte die Stirn. "Worauf konnte er mich nicht vorbereiten?"

Jeron
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

"Oh, sagte ich das nicht?", meinte Jeron, als sei es das Natürlichste der Welt. "Ein Elementar. Genauer, ein Erd-Elementar. Darum kannst du all das spüren, was mit dem Boden und den Steinen zu tun hat. Niemand sonst kann das. Dein Vater trug es in sich und hat es, wie es scheint, an dich weiter gegeben."

Bei diesen Worten trat Marek mit großen Augen zu ihnen.
"Ein - ein was?!"

Jaeden
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Jaeden war vollkommen baff und war froh, dass er bereits saß, sonst hätten seine Beine womöglich jetzt ihren Dienst versagt.
"Aber... das kann doch nicht sein, die Ältesten sagten immer, ich hätte in ihrem Unterricht einfach gut aufgepasst", murmelte er und war sich nun nicht einmal mehr sicher, ob dies wirklich ihre Worte gewesen waren.
"Ich kann kein Elementar sein. Das ist unmöglich. Wenn... wenn es so wäre, dann hätte ich doch die Schlucht dazu bringen können, sich wieder zusammen zu schieben, bis wir gefahrlos hinüber wären. Oder ich hätte die Lava gespürt. Oder nicht?"

Jeron
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

"Hast du es versucht? Die Schlucht zusammen zu bringen?", fragte Jeron erstaunlich ruhig, während Marek seinen Freund aus großen Augen anblickte.
"Du hast gesagt, die Steine würden sich fürchten. Das denkt sich keiner aus, der ein wenig Gesteinskunde beherrscht wie Marek und ich. Nein, Jaeden. Es gibt keine Zweifel an der Sache, wer du bist. Du hast immer als erster verstanden, was im Unterricht besprochen wurde, warst den anderen Schülern nicht selten weit voraus. Das tragische ist, dass dir dein Vater all das nie beibringen kann. Und von uns kann es keiner. Du hast von selbst gelernt, den Steinen zuzuhören. Und du hast vermutlich Recht, wenn du sagst, dass du noch viel mehr kannst. Das vermag ich nicht zu beurteilen."

Jaeden
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

"Ich habe es natürlich nicht versucht", meinte Jaeden. "Wie auch, ich wusste doch nicht einmal, dass vielleicht der Hauch einer Chance besteht, dass es funktionieren könnte." Es klang total verrückt. Vielleicht war Jaeden es auch. Verrückt. Und Jeron gleich mit.
Er schüttelte ungläubig den Kopf. Ganz automatisch legte er die Hände auf den Boden und versuchte, sich ein wenig Ruhe geben zu lassen. Es funktionierte, sein Atem wurde tiefer und es schien, als würden die Steine ihm etwas zuflüstern.
Seufzend hob er den Kopf.
"Wisst ihr noch? Das Erdbeben an dem Tag, als Rangar mir sagte, dass nicht weiter nach meinen Eltern gesucht würde? Meint ihr, das war ich?", fragte er leise und senkte den Blick. Die gesamte Höhle mit den Vorräten war dabei vernichtet worden, sodass die Jäger hatten ausziehen müssen. Und Jaeden hatte so gehofft, sie würden ein Lebenszeichen seiner Eltern mitbringen.

Jeron / Marek
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

Marek schüttelte den Kopf.
"Das warst du nicht, da bin ich sicher! Gib dir nicht die Schuld, Jaed. Tu das nicht." Er warf einen bösen Blick zu Jeron, der all das einfach sagte, als sei nichts weiter dabei.
"Du warst sehr wütend", gab Jeron zu bedenken. "Es könnte sein, dass du in deiner Wut Kräfte frei gesetzt hast, die - "
"Stopp! Genug jetzt, Jeron!", wies Marek den älteren Mann, vor dem er sonst sehr viel Respekt hatte, ungewohnt scharf zurecht.
"Jaed, sieh mich an. Das war ein tragisches Erdbeben, bei dem niemand verletzt wurde. Du konntest nichts dafür, Elementar oder nicht. Gar nichts!" Das durfte Jaeden sich bloß nicht einreden.

Jaeden
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

"Lass ihn, Marek", bat Jaeden seinen Freund mit müder Stimme. "Vielleicht hat er wirklich Recht. Das wissen wir alle nicht mit Gewissheit." Er lachte leise und strich mit den Fingerspitzen über den Boden. "Ich könnte die Steine fragen. Aber ob mir ihre Antwort gefällt, falls sie mir überhaupt eine geben, weiß ich nicht." Sein Lachen erstarb genauso schnell, wie es gekommen war. Er griff nach seinem Wasserschlauch und stand auf.
"Ich übernehme die erste Wache", erklärte er nur und verließ die Höhle, um sich davor zu setzen.

Jeron / Marek
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Nachmittag

Marel wollte ihm hinterher, doch Jeron hielt ihn zurück.
"Lass ihm einen Moment, Junge", bat der Alte ihn und dieses Mal hörte Marek auf ihn. "Er musste es eines Tages erfahren."
"Ja, aber doch nicht so!", beschwerte sich Marek. "Völlig abgekämpft und gerade mit dem Leben davon gekommen!"
Jeron seufzte. "Seine Eltern werden ihre Gründe gehabt haben, ihrem Sohn nie etwas zu sagen. Sie haben es generell nie ausgesprochen. Sein Vater hat seine Fähigkeiten dennoch im Sinne des Stammes eingesetzt. Was auch immer ihnen zugestoßen sein mag, sie nahmen ihr Geheimnis mit sich."
Marek blickte nachdenklich zu Jaeden. Dann füllte er ihm etwas heiße Brühe ab, die er gekocht hatte, und brachte sie seinem Freund.
Er sagte nichts, sondern setzte sich einfach zu Jaeden, so er etwas sagen wollte. Gemeinsam blickten sie auf die Felsen und Berge vor sich, die in einen leichten Staubschleier gehüllt waren.

Jaeden
Edaira-Gebirge
2. Quartal des Jahres 2457
Abend

Jaeden starrte in die Ferne, ohne die Felsen vor sich wirklich zu sehen. Doch er spürte, dass sie da waren. Deutlicher als je zuvor und dafür musste er die Hand nicht auf den Boden legen. Das Gefühl war einfach da, schien ihn warm und kalt zu durchströmen, war vertraut und fremd zugleich. Er kannte das bereits, doch nun zu wissen, warum es so war, beruhigte ihn einerseits, ließ ihn andererseits jedoch auch unbefriedigt zurück.
Als Marek sich neben ihn setzte, nahm Jaeden schweigend die Brühe entgegen und wärmte sich die Finger daran. Nach einer Weile seufzte er leise.
"Hätte ich es schon früher gewusst, dann hätte ich Jeron vielleicht vor diesem Sturz bewahren können", sagte er schließlich. Das machte ihm zugegebenermaßen sehr zu schaffen. Aber vor allem machte es ihn wütend, dass ihm dies niemand erzählt hatte in all den Jahren. "Meinst du, sie dachten oder hofften sogar, ich hätte diese Fähigkeiten nicht?" Er seufzte wieder leise. "Das ist so verrückt, Marek. Ich weiß gar nicht, ob ich das überhaupt will."