Kristiana, 17.04.1530

Die Geschichte
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vojka
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Re: Kristiana, 17.04.1530

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Am Hafen
Nachmittag

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Nachdenklich blickte Franz Nekele an. Sie war erst 10 Tage an Board und schon der zweite Maat? Dann musste sie etwas Besonderes sein.
"Ich die letzten 7 Jahre öfters zur See gefahren, immer wenn ich von einem Ort wegwollte. Und es waren nur zwei Handelsschiffe unter ihnen", sagte Franz etwas ausweichend.
"Was hat dich auf dieses Schiff verschlagen?"
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Siria
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Re: Kristiana, 17.04.1530

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Am Hafen
Nachmittag

Nekele grinste, als Franz sich vorsichtig zu den Schiffstypen äußerte.
"Mich?!" Nekele überlegte, was sie ihm genau erzählen sollte oder wollte. "Ich war schon immer auf See und wollte nach 5 Monatiger Pause wieder auf See gehen. Und am Liebsten auf ein Schiff wie die India. Und dann traf ich zufällig in Lübeck auf Kara oder sie auf mich und sie hat mich mitgenommen. Worüber ich ihr wirklich dankbar bin." Sie dachte an all die Ereignisse der letzten Tage. Es war wirklich kaum zu glauben, dass es nur 10 sein sollten, vielleicht waren es auch 12 - es war egal. Es kam ihr wie Jahre vor.
"Du scheinst aus etwas besserem Hause zu kommen. Dein Reden passt nicht ganz zu einem eingefleischten Seemann!" bemerkt Nekele.
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vojka
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Re: Kristiana, 17.04.1530

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Am Hafen
Nachmittag

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Franz schluckte, es war klar, dass es früher oder später aufflliegen würde um so froher war er, dass er Kara schon reinen Wein eingeschenkt hatte.
"Du hast Recht. Ich komme aus 'besserem' Hause, wie du es ausgedrückt hast. Aber glaube mir, nur weil jemand Geld hat, ist er kein besserer Mensch. Eher im Gegenteil." Sein Ton hatte etwas wehmütiges, schmerzhaftes angenommen. Er vermisste seine kleine Schwester einfach schrecklich. Am liebsten würde er sie suchen und mit sich nehmen.
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Siria
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Re: Kristiana, 17.04.1530

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Am Hafen
Nachmittag

"Nun, ich wollte auch nicht sagen, dass Menschen mit Geld besser sind. Das glaube ich nicht. Aber ich denke, dass sie einiges einfacher haben. Und auch privilegien haben, in dessen Genuss ich nie gekommen bin und auch nicht kommen werde. Leid gibt es bei Beiden, wie auch Freude, aber wahrscheinlich werden diese Dinge auch unterschiedlich wahrgenommen."
Nekel war der traurige Klang in Franz' Stimme nicht entgangen, aber sie wollte nicht in Wunden herumstechen, die es offensichtlich gab. Selber wollte sie es schließlich auch nicht.
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vojka
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Re: Kristiana, 17.04.1530

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Am Hafen
Nachmittag

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Schweigend hörte Franz Nekeles Ausführungen zu.
"Was nützen dir die Previledien, wenn du nie das tun kannst, was du möchtest? Wenn du in einem goldenen Käfig lebst? Du hast vielleicht immer die feinsten Spiesen auf dem Tisch, aber schmecken sie dir auch, wenn du nicht weißt, was es bedeutet auch einmal zu hungern? Bist du glücklich, wenn du dir alles kaufen kannst, wenn du nie erlebt hast, was es bedeutet einmal nicht alles haben zu können?", fragte Franz nachdenklich. Er hatte diese Diskussion schon öfters geführt Er war froh, dass er diesen Schritt gegangen war, dass er von zu Hause abgehauen war.
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Siria
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Re: Kristiana, 17.04.1530

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Am Hafen
später Nachmittag

Nekele hörte Franz aufmerksam zu, doch in ihr stieg Wut auf: "Ich weiß nicht, ob du glücklich bist, wenn du dir alles kaufen kannst. Ich weiß nur, dass ich glücklich wäre, wenn meine Familie den Arzt für meine Mutter hätte bezahlen können, damit sie überlebt. Ich wäre glücklich, wenn mein damals 2 Monate altes Geschwisterchen bei einer Hungersnot überlebt hätte. Wir hatten aber nicht genügend zu essen, der Milchfluss meiner Mutter versiegte, das eh schon geschwächte Kind starb. Und du redest über Speisen, die vielleicht nicht schmecken, weil man nicht weiß, was Hungern bedeutet. Ich würde alles drum geben, meinen kleinen Geschwistern oder vielleicht später meinen Kindern ein sorgenfreieres Leben geben zu können. Ohne Angst, dass man den Arzt nicht bezahlen kann, ohne Angst, morgen steht nichts auf dem Tisch. Diese Sorgen haben die Wohlhabenden nicht und darum beneide ich sie. Natürlich sind auch ihre Kleider schön und ich habe schon immer davon geträumt, genau so eines mal zu tragen. Ich will nicht ihr Leben, aber ich hätte manchmal gerne ihre Sorgenfreiheit in bestimmten Dingen. Du hat vielleicht in einem goleden Käfig gelebt, so habe ich immer wieder in einem dunklen Verlies gehaust, ohne Ausblick auf Besserung. Beides ist nicht richtig und wahrscheinlich müssen beide Seiten ihre Last tragen. Ich würde weder das eine noch das andere hoch loben."
Nekele versuchte ruhig zu bleiben, aber die Erinnerungen an ihre Kindheit kamen immer wieder hoch. Sie sah ihre Mutter, wie sie vor ihren Augen starb, weil der Arzt sich geweigert hatte, sie ohne Geld zu behandeln. Sie wußte, ihr Leben wäre anders verlaufen, würde ihre Mutter noch leben.
"Wir sollten zurückkehren." sagte sie schließlich leise und drehte sich schnell um. Sie wollte nicht, dass Franz ihre Tränengefüllten Augen sah.
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Re: Kristiana, 17.04.1530

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Am Hafen
Nachmittag

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"Es tut mir leid Nekele. Es stimmt, ich musste als Kind nie hungern, ich habe die schönste Kleidung getragen, die man mit Geld kaufen kann und wenn ich krank war, kam der Arzt sofort. Es tut mir leid, dass du das nicht hattest. Und du dürftest auch Recht damit haben, dass beide Leben positive und negative Seiten haben. Und gegen das Kleid, kann man etwas tun", sagte Franz und grinste, er schnappte sich ihre Hand und zog sie in die Stadt hinein. Er wusste genau, wo er hin wollte.
Er wusste nicht genau, warum er das jetzt tat, aber seine Innere Stimme sagte ihm, dass er das richtige tat. Er lief weiter mit der sich mittlweile heftig protestierenden und sich wehrenden Nekele an der Hand. Schließlich blieb er stehen und grinste. Sie standen vor einem kleinen aber sehr nobel aussehenden Kleidergeschäft. "Einen Wunsch kann ich dir aber erfüllen und das werde ich jetzt. Ich weiß nicht, warum ich es tue, also frag gar nicht erst." Er öffnete die Tür und zog die nun sprachlose Nekele hinter sich her. Er hatte bei seiner Flucht vor mittlerweile 10 Jahren aus seinem Elternhaus eine ganze Menge Geld mitgenommen, welches noch nicht wirklich weniger geworden war, da er sehr sparsam lebte und auch immer arbeitete. Er wollte das Geld seines Vaters eigentlich nicht wirklich benutzen, aber dieses Mal, wollte er.
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Re: Kristiana, 17.04.1530

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Am Hafen
später Nachmittag

So sehr sich Nekele auch gewehrt hatte, sie hatte keine Chance gegen Franz gehabt. Sie wollte auch nicht zu sehr all die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Das hätte sonst zu großen Problemen führen können.
Nun standen sie vor einem nobel aussehenden Laden. "Spinnst du, da gehe ich nicht mit hinein!" Doch es half nichts, er zog Nekele hinter sich her.
Sie war zwar nicht schmutzig gekleidet, doch sah man ihr natürlich sehr genau an, dass sie hier nichts zu suchen hatte. Das empfand auch der Besitzer so: "Verschwindet hier. Das ist kein Laden für euch!" sprach er mit tiefer, strenger Stimme.
Nekele fühlte sich sehr unwohl und wollte wirklich lieber gehen.
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Re: Kristiana, 17.04.1530

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Am Hafen
Nachmittag

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Franz setzte seinen kältesten und überheblichsten Blick auf, den er zu bieten hatte, er hatte das oft bei seinem Vater gesehe, wenn dieser mit dem wie er es ausdrückte 'niederen Volk' redete.
"Werter Herr, sie werden diese junge Dame bedienen, als wäre sie die Norwegische Königin", sagte er und klimperte dabei mit seinem Geldbeutel, der seiner Seite hing.
Die Augen des Besitzers weiteten sich. "Natürlich Sir." Franz nickte nur kalt.
"Und du, suchst dir ein Kleid aus, was die gefällt, in Ordnung?", fragte Franz nun wieder mit warmer, freundlicher Stimme und lächelte Nekele an.
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Re: Kristiana, 17.04.1530

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In der Stadt
später Nachmittag

Nekele staunte nicht schlecht und fühlte sich dennoch total fehl am Platze. Sie hatte das Kleid nicht verdient. Sie wollte es nicht geschenkt haben. Aber leisten konnte sie es sich auch nicht.
Sie war geschmeichelt von Franz und wollte ihn nicht verletzten, aber dies hier, konnte sie nicht annehmen, sie konnte es einfach nicht.
Eine ältere Dame, wahrscheinlich die Frau des Besitzers, kam schon mit einem wunderschönen Kleid angelaufen: "Dies passt wunderbar zu ihren Haaren" sagte sie und Nekele war sich sicher, dass sie dies nur sagte, um wahrscheinlich das teuerste Kleid an sie zu verkaufen.
Nekele schnappte sich Franz und zog in etwas beiseite: "Franz, das.... das... es ist total lieb von dir, aber ich kann dieses Angebot nicht annehmen. Ich habe dabei ein schlechtes Gewissen. Ich möchte so etwas teures nicht geschenkt bekommen und schon gar nicht, kann ich das Geld dafür aufbringen. So ein Kleid, so gerne ich eines besitzen würde, würde mir doch nichts bringen. Wann soll ich es denn tragen? Ich will dich wirklich nicht kränken, aber ich kann es nicht!" Nekele hatte wirklich Sorgen, dass Franz ihr dies übel nehmen würde. Die Kleider, sie sahen alle so prächtig aus. Aber sie konnte doch nicht so ein schönes Kleid tragen, was sie nicht brauchte, wenn es anderen schlecht ging.
"Lass mich eines der Kleider anprobieren, ich will es doch nur ein Mal anhaben und dann lass uns das Geld nehmen und einem Kinderheim bringen. Sie haben es nötiger als ich!"
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