1. Ein Brief mit Folgen

[Cassiopeia]

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Senai Demsa / Joye
Iava, Thazaar
Ruinen, Außenbezirk der Stadt
23.04.2043
Morgen
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"Nein", sagte Joye, "die Gefängnisse der Hauptstadt sind nicht die Kerker von Bolberg. Du solltest die Stadt innerhalb der Mauern nie betreten, nie allein jedenfalls. Wir wissen nicht, wie das hier weiter geht. In dem Brief muss etwas enorm Wichtiges stehen den Reaktionen nach. Vielleicht werden unsere Probleme demnächst größer sein als konkurrierende Banden, die unsere Ziegen stehlen", sagte sie seufzend und zugleich stieg ein klein wenig Vorfreude in ihr auf vor dieser Herausforderung. Was auch immer auf sie zukommen mochte, es bedeutete für ihre Freiheit zu kämpfen und das war alles, was Joye sich geschworen hatte.
Sie beendete ihr Mahl und deutete zur Tür.
"Komm, ich zeig dir das Haus und die Straße. Finden wir einen Schlafplatz für dich."

Astas Leben, von dem sie gerade erst mit Sicherheit erfahren hatten, dass sie es noch besaß - und damit offenbar Großes vorhatte.
"Wir müssen Asta warnen", sagte er leise, als er den dicken Kloß hinunter gekämpft hatte, der seinen Hals eng werden ließ.
"Und wenn es soweit ist", fuhr er entschlossener fort, "müssen wir helfen mit allem, was in unserer und aller Götter Macht steht. Wir müssen bereit sein, die Zeit des Versteckens zu beenden."

[Tjeika]

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Nhia Tsuajb
Iava, Thazaar
Ruinen, Außenbezirk der Stadt
23.04.2043
Morgengrauen
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"Ja, wir müssen sie warnen", stimmte auch Nhia der Einschätzung ihres Vaters zu und nickte dabei, sich erst jetzt dessen gewahr, dass sie nach der Schulter Senais gegriffen hatte, wohl um ihnen beiden Mut zuzusprechen.
Sie atmete tief durch und nahm sie wieder fort, um nun beide Hände an den Brief zu legen, der so viel Zündstoff barg.
"Wir müssen sie alle warnen. Oder es wenigstens versuchen."
Wenigstens bei Errek würde es schwierig werden - nun, eigentlich bei allen in dem Schreiben genannten Personen.
"Wir müssen es wenigstens versuchen. Gibt es einen Weg? Kennst du jemanden, der weiß, wo Mutter steckt?"

[Odin]

Ernst Albert Herum
Iava, Thazaar
Ruinen, Außenbezirk der Stadt
23.04.2043
Morgen

"Humor kann im Kampf eine mächtige Waffe sein", meinte Ernst. "Und Humor und Hohn liegen nahe beieinander."

Ernst stand auf. "Ja, das ist wohl besser", stimmte er zu.

[Cassiopeia]

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Senai Demsa / Joye
Iava, Thazaar
Ruinen, Außenbezirk der Stadt
23.04.2043
Morgen
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Senai schüttelte leicht den Kopf.
"Ich habe seit vielen Monaten nichts mehr gehört. Wir werden in die Offensive gehen müssen. Am Mittag sind alle zusammen gerufen, da werden wir alle einweihen. Die Briefe und die Kontakte zu den Gesuchten sind die wichtigsten Aufgaben jetzt."
Trotz allem legte sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen.
"Die alte Republik fiel vor Jahrhunderten und nie hatten wir wirklich eine Chance. Doch diesmal... spüre ich Hoffnung auf Veränderung. Sie wird brutal und gefährlich werden, aber sie wird kommen."
Das hatte ihm sein Traum gezeigt, da war er sich nun sicher.
"Behalte den Brief", sagte er zu Nhia, "wir werden Asta finden."

Joye führte Ernst durch das Haus, eine alte Villa mit großen Räumen, hier und da gab es sogar Säulen. "Das hier war einst ein wohlhabender Teil der Südstadt - bis die Pest kam und alle dahin gerafft hat." Sie stieg mit ihm die Treppe hinauf. "Dort schläft Senai, daneben Nhia, dort drüben Æirik und im vierten Zimmer Sagirah und ihre Tochter Sema. Die Räume unten hast du eigentlich schon alle gesehen, den Essraum mit Küche, den Eingangsraum und eine kleine Speisekammer. Es gibt einen Durchgang zum Nebenhaus, komm ich zeig es dir. Dort könnte sogar noch etwas frei sein. Ich wohne auch da."

[Tjeika]

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Nhia Tsuajb
Iava, Thazaar
Ruinen, Außenbezirk der Stadt
23.04.2043
Morgengrauen
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Nhia atmete tief durch und ließ ihre Augen noch einmal über die Zeilen gleiten, dann war es dieses Mal an ihr, den Brief in die Innentasche ihrer dünnen Jacke zu stecken.
"Gut, nehmen wir es als gutes Omen und schöpfen Hoffnung daraus", stimmte sie den Worten ihres Vaters zu und gestattete sich nun selbst ein zartes Lächeln.
"Und sehen wir zu, dass diese Hoffnung ansteckend ist."
Denn nur so würden die Anderen davon zu überzeugen sein, dass dies endlich das Zeichen war, auf das sie so lange Zeit hatten warten müssen: Die Republik würde wieder auferstehen!

[Odin]

Ernst Albert Herum
Iava, Thazaar
Ruinen, Außenbezirk der Stadt
23.04.2043
Morgen

"Ich verstehe. Die Bewohner wollten natürlich fliehen und wurden aufgehalten", nickte Ernst bei Nennung der Pest.
Bei der Verteilung der Schlafplätze meinte er: "Sieht doch ganz nett aus. Dann bin ich mal gespannt auf die anderen Schlafplätze."

[Cassiopeia]

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Senai Demsa / Joye
Iava, Thazaar
Ruinen, Außenbezirk der Stadt
23.04.2043
Mittag
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Aus dem Morgen wurde schließlich mittag und das besetzte Haus füllte sich langsam: Æirik war mit Saghira und ihrer Tochter Sema aus der Stadt zurück gekehrt, zwischen ihnen zwei geflochtene Rückenkörbe mit überwiegend gestohlenem Inhalt vom Markt.
Joye und Ernst hatten inzwischen einen Schlafplatz im Nachbarhaus für diesen gefunden, welches mit dem Haupthaus direkt verbunden war. Auch Algunn hatte sich inzwischen eingefunden, eine Frau mittleren Alters mit langen, schwarzen Haaren, die auch im Haus nie unbewaffnet war - sie war schließlich die Waffenmeisterin und -Schmiedin von ihnen allen.
Sieben Menschen waren sie ursprünglich gewesen in diesem Haus, hinzu kamen noch einmal etwa zwei Handvoll aus anderen Häusern und Gassen. Sie alle folgten Senais Vision und fanden sich in dem nun recht eng gewordenen Essenssaal der einst wenig bescheidenen Villa ein.

Als Nhia und Senai den Raum betraten trat recht schnell Stille ein. Senai verlangte es nie sehr nach der Rolle eines Anführers, dem Respekt entgegen gebracht wurde - er fand, Respekt gebührte allen Menschen gleichermaßen - doch nun lagen alle Augenpaare auf ihm und seine nach außen ruhige und in sich ruhende Art war innerlich ziemlich aufgewühlt.
"Danke, dass ihr hier seid", begann er ehrlich, "es gibt neue Entwicklungen, die wir nicht ignorieren können. Doch zunächst: wir haben ein neues Gesicht in der Runde", sagte er und wies auf Ernst, "ein Mann, der uns wichtige Kunde überbrachte und beschloss, zu bleiben. Willkommen, Ernst. Was in diesen Wänden und diesen Straßen geschieht, geschieht unter uns. Indem du bleibst gibst du dein Versprechen, nichts davon, was du hier hörst oder mit uns besprichst, nach außen trägst. Ebenso wird alles, was du uns anvertraust, niemals unsere Lippen verlassen."

[Tjeika]

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Nhia Tsuajb
Iava, Thazaar
Ruinen, Außenbezirk der Stadt
23.04.2043
Mittag
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Nhia lächelte Ernst sehr knapp, aber immerhin freundlich zu, während die anderen Anwesenden ihn eher skeptisch beäugten, aber zumindest hier und da ein knappes Nicken erblicken ließen. Schweigend ließ sich Nhia neben Joye nieder und überließ ihrem Vater und Ernst die kleine Vorstellungsrunde, die nun unweigerlich folgen würde.

[Odin]

Ernst Albert Herum
Iava, Thazaar
Ruinen, Außenbezirk der Stadt
23.04.2043
Mittag

Ernst stand auf und vollführte wie gewohnt eine tiefe Verbeugung.

"Danke. Meine Lippen sind versiegelt. Geheimnisse sind bei mir sicher", sagte er.

[Cassiopeia]

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Senai Demsa / Joye
Iava, Thazaar
Ruinen, Außenbezirk der Stadt
23.04.2043
Mittag
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Senai lächelte leicht als Ernst sich verneigte, auch wenn ihm kaum danach zu Mute war. Dazu war die Situation zu ernst.
"Das hier ist der engste Kreis", erklärte er weiter, "jeder von uns hat Kontakte nach außen in die Stadt oder weiter. Die Gesetze des Kaisers sind streng und nehmen vielen die Freiheit entgegen der Worte, sie zu bringen, seit über fünfhundert Jahren. Wir lassen sie uns nicht nehmen."
Es waren nicht einmal Sätze, die er geplant hatte, doch die Gedanken an Asta, an das, was sie plante und was sie alle und das ganze Reich betraf, ließen seine Gedanken so viel größer werden als nur diesen Raum.
Hier und da war zustimmendes Gemurmel zu hören, was Senai am Rande wahrnahm.
"Asta lebt", sagte er und aus dem Gemurmel wurde leises Raunen, Asta hatte mitunter einen unausgesprochenen Ruf einer Märtyrerin, auch wenn Senai so gut wie niemals über sie sprach wusste doch jeder, wer sie war. "Und sie hat mit einigen anderen Verbündeten großes vor - einen Korridor der Freiheit von Nord nach Süd zwischen den von Vasgaard und Ashari besetzten Provinzen. Dafür landete sie auf einer hoch geheimen Liste, die nur Herzögen und Landgrafen der Provinzen bekannt ist. Eine dieser Listen liegt uns vor und erreichte ihren Bestimmer nicht. Diese Chance müssen wir nutzen, alle Unterstützung aufzubieten, die wir zusammen aufbringen können. Und wenn es Zeit ist, werden wir uns nicht länger hier verstecken, wo wir nur wenig ausrichten können, sondern sie wissen lassen, dass wir da sind und dass wir nie weg waren."

Joye nickte Nhia freundlich zu als diese sich zu ihnen setzte um dann Senai zuzuhören. Auf eine solche Art und Weise hatte sie ihn noch nie sprechen hören, seine Worte sprachen von Hoffnung und Mut, etwas zu erreichen, was dem Widerstand in fünfhundert Jahren seit dem Fall der Republik nicht gelungen war. Joye war für jeden einzelnen nötigen Schritt in eine neue Freiheit bereit.
Sie beugte sich zu Ernst: "Asta ist Nhias Mutter und Senais Frau", erklärte sie ihm leise, da er wohl als einziger nicht wissen konnte, wer gemeint war und Senai offenbar nicht daran dachte, dies zu erklären.