Leinen Los! - Ableger

[Ayrina]

Dies ist ein Ableger des Rollenspiels Leinen Los! und spielt in den Jahren 1517 bis 1519. Zu dieser Zeit war John Mors das erste Mal bei Kharecha und seiner Tochter Kara auf der India.

Spieler:
Kara Kharecha (Ria)
John Mors (Ayrina)

[Ayrina]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, mittags
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Es war heiß. Die Pflastersteine unter den Füßen der gedrückt laufenden Menschen schienen förmlich zu glühen. Die Sonne brannte auf Lübeck nieder und die Luft war zum Schneiden dick. All die streunenden Hunde, die sonst den Hafen säumten auf der Suche nach etwas Essbarem, hatten sich in die wenigen Schattenplätze zurückgezogen und warteten reglos und nach Luft hechelnd auf den kühleren Abend.
John wischte sich den Schweiß von der Stirn und lehnte sich an die warme Wand eines Lagerhauses. Während auf dem Meer bei solchem Wetter zumindest hin und wieder eine Brise wehte, ging hier zwischen den hohen Gebäuden kein Lüftchen.
"Ich hasse Städte", murmelte er einmal mehr und wusste, dass er schleunigst wieder auf ein Schiff musste. Die Hekabe, auf der er hergesegelt war, war ein kleines Freibeuterboot gewesen, der Kapitän ein ungerechter Mistkerl und John hatte fast die gesamte Überfahrt mit Deckschrubben verbracht. Kein Schiff, auf dem er länger als unbedingt notwendig bleiben wollte. Doch das bedeutete auch, dass er einen neuen Arbeitgeber finden musste. Und das schnell. Er hatte kein Geld und Hunger hatte er auch. Also stieß er sich von der Wand ab und ging weiter den Pier entlang. Seine braunen Augen wanderten über die Schiffe, die hier angelegt hatten und er versuchte abzuschätzen, welches von ihnen ein Piratenschiff war. Natürlich waren sie nicht auf den ersten Blick zu erkennen, doch man entwickelte ein Auge für die kleinen Details. Die Mannschaft eines Piratenschiffes hatte immer einen leicht nervösen Ausdruck in den Augen. Kaum zu erkennen, doch unleugbar da. Und in den meisten Fällen waren sie um einiges schwerer bewaffnet als Seemänner auf normalen Handelsschiffen. So ließ er ein Schiff nach dem anderen hinter sich und hatte fast das Gefühl, dass das Glück ihn heute im Stich ließ, als er weiter hinten etwas erblickte, was sein Herz schneller schlagen ließ. Seine Schritte beschleunigten sich und endlich konnte er den Namen des Schiffes erkennen. India. Er sah sich die Mannschaft, die damit beschäftigt war die India zu entladen, eine Weile an und bald war er sich sicher, dass dies ein Schiff nach seinem Geschmack war. Also trat er zu zwei der Männer, die gerade eine Kiste die schmale Gangway hinabtrugen. Oben auf lag ein Ballen Stoff und so wie er im Schein der Sonne glänzte, vermutete John, dass es sich um Seide handelte. Doch mit jedem Schritt geriet der Ballen mehr ins Rutschen und drohte, in das dunkle Wasser des Hafens zu stürzen. Blitzschnell erkannte John seine Chance, eilte zu den beiden und fing den Ballen im letzten Moment auf.
"Ihr könnt nicht zufällig eine helfende Hand gebrauchen?", fragte er lächelnd, während er den Ballen sicher ans Ufer trug.
Der eine Mann sah ihn kurz überrascht an und nickte dann in Richtung Schiff.
"Klär das mit Andres", sagte er und nickte John noch einmal dankend zu, ehe sie die Kiste abstellten. John sah zur India und erblickte einen Mann, der das Abladen zu überwachen schien. Kurzentschlossen eilte er die Reling hinauf und trat zu dem Mann, von dem er hoffte, dass es Andres war.
"Gott zum Gruß", sagte er und wartete, bis er die Aufmerksamkeit des Mannes hatte. Kurz musterte er das Gesicht seines Gegenübers und beschloss, auch diesmal wieder alles auf eine Karte zu setzen und zu hoffen, dass sein Name ihm auch hier ein wenig die Tür öffnete.
"Ich bin John Mors und ich frage mich, ob ihr eventuell ein wenig Hilfe gebrauchen könnt?", fragte er und schaffte es auch diesmal nicht, seinen englischen Akzent ganz aus der Stimme herauszuhalten.

[Tjeika]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, mittags
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"Erzähle deine Märchen einem, der sie auch glaubt", sprach Andres und ließ den Jungen, der die Mannschaft der India schon seit einigen Minuten beobachtete, einfach stehen.
Kara war auf den Mast geklettert und besah sich die Gegend, wie sie es immer tat, wenn sie an Land anlegten. Noch niemals war sie von der India gegangen, um an Land zu gehen. Und soweit sie wusste, war sie schon ihr Leben lang auf der India. Nur auf andere Schiffe hatte sie sich während einiger Überfälle getraut. Doch das Festland war für sie etwas vollkommen unbegreifliches. Etwas so fernes, welches sie nur aus Geschichten kannte und dem, was sie von dem Mast hier oben aus beobachtete.
Ihre Kleidung glich dem eines Jungen. Und es war wohl auch besser so. Die dreizehnjährige war zwar als Mädchen und Tochter von Kharecha auf der India bekannt, doch bei Überfällen war es meist besser, wenn niemand Außenstehendes wusste, dass es sich bei ihr um ein Mädchen handelte. Zumindest sagte ihr Vater das immer und betonte, dass dieses Versteckspiel vorbei sei, sobald sie erwachsen war, da man da dann sowieso nichts mehr verbergen könne. Kara hingegen wusste nicht, was er meinte. Frauen hatte sie noch nicht einmal aus der Ferne gesehen, immerhin fand man sie selten an den Umschlagplätzen am Hafen oder auf anderen Schiffen.
"Nun geh' schon", rief Andres und scheuchte den Jungen mit einer Handbewegung weg - und holte Kara damit aus ihren Gedanken, die neugierig hinunterblickte.
"Wie sagtest du, sei dein Name?", hörte sie dann die Stimme Kharechas und ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht.
"Du willst ihm dieses Märchen doch nicht etwa glauben?", sprach Andres zweifelnd an ihren Vater gewandt.

[Ayrina]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, mittags
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John hatte protestieren wollen, doch Andres hatte ihn nicht einmal zu Wort kommen lassen. Auf die Idee, dass ihn jemand der Lüge wegen seines Namens bezichtigen könnte, war der Siebzehnjährige noch nie gekommen. Doch Andres schien sich nicht länger mit ihm befassen zu wollen.
John hatte schon eine spitze Bemerkung auf der Zunge, als ein weiterer Mann hinzukam. Er war groß und außerordentlich stattlich. Alles an ihm schien "Kapitän" zu schreien. John sah einen kleinen Hoffnungsschimmer und trat zu dem Mann.
"John Mors, Sir. Nach meinem Großvater", fügte er sicherheitshalber hinzu.

[Tjeika]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, mittags
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Die Sonne blendete sie leicht, so dass Kara ihre Hand an ihre Stirn blickte, um auch alles gut überblicken zu können, was dort unten vor sich ging.
"Dein Großvater ist also John Mors", sagte Kharecha leicht zweifelnd und besah sich den Jungen.
"Nunja, eine gewisse Ähnlichkeit kann man schwer bestreiten. Und seine Augen scheinst du auch zu haben", sprach er weiter und ging ein paar mal um den Jungen herum.
"Wie hieß deine Großmutter?", fragte Kharecha und aus seiner Stimme konnte Kara heraushören, dass dies eine Frage war, die eher der Kontrolle, denn der Neugierde galt.
"Komm' da runter und pack mit an", hörte sie eine Stimme, fühlte sich jedoch nicht angesprochen.
"Nun komm' schon", sprach Andres erneut, der sich das Schauspiel wohl nicht länger antun wollte.
Kara blickte nach unten und bemerkte, dass sehr wohl sie gemeint zu sein schien. Immerhin blickte Andres mit an der Stirn gehaltener Hand, um sich, wie Kara auch, vor der Sonne zu schützen, zu ihr nach oben.
"Ich gehe nicht an Land", rief sie hinunter.
Es ging ihr langsam auf die Nerven, dass Andres immer und immer wieder versuchte, sie dazu zu bewegen, auch einmal an Land zu gehen. Doch Kara würde den Teufel tun.

[Ayrina]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, mittags
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John ahnte, dass es eine Prüfung war. Doch seine Großmutter war berüchtigt gewesen. Er hatte ihren Namen mehr als einmal in einer Mischung aus Abscheu und Bewunderung gehört.
"Agatha", sagte er und sah dem Kapitän fest in die Augen. Er wusste, wer er war und dass er auf eine Ahnenreihe zurückblicken konnte, um die ihn die meisten Piraten beneiden wurden. Sah man von seinem Vater einmal ab.
"Mein Ururgroßvater war Mitglied der Lykedeler und ich habe das gleiche Geburtsmal, wie mein Urgroßvater", sagte er mit einer gewissen Arroganz in der Stimme. Ohne auf eine Aufforderung zu warten, schob er den Ärmel seines Leinenhemdes herunter und zeigte das dunkle, sichelförmige Mal.

[Tjeika]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, mittags
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Kara achtete gar nicht weiter auf Andres, der weiterhin versuchte, sie von dem Mast herunterzulocken. Denn das kam gar nicht erst in Frage für das Mädchen, welches sich selbst doch viel lieber als Jungen gesehen hätte.
"Wie oft warst du schon auf See", sprach Kharecha und Kara meinte, eine kleine Spur der Bewunderung aus seiner Stimme heraushören zu können.
"He, Kharecha, bring deinem Balg manieren bei", rief Andres ihrem Vater zu und Kara musste schmunzeln.
Niemals würde ihr Vater sie zwingen, etwas zu tun, was sie nicht wollte. Dazu liebte er sie viel zu sehr. Er konnte ihr ja kaum etwas abschlagen.
"Hör' auf, Andres. Mein Kind wird nicht an Land gehen", sprach Kharecha und Kara meinte, ein Schmunzeln in seinen Worte zu hören.
Es war ja auch nicht gerade das erste Mal, dass Andres es versuchte.

[Ayrina]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, mittags
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"Ich fahre seit zwei Jahren zur See und war bisher auf drei Schiffen. Zwei davon waren Piratenschiffe", antwortete er und sah kurz zu dem Jungen, der am Mast rumkletterte. Offenbar der Sohn des Kapitäns. Doch augenblicklich wandte er den Blick wieder zu dem Mann, den Andres Kharecha genannt hatte. Er hatte bereits von ihm gehört. Er hatte sich als Pirat einen Namen gemacht, der dem seines Großvaters in nicht viel nachstand. Er fragte sich, wie lange dieses Verhör noch andauern sollte. Bei den anderen Schiffen war es meist um ein Vielfaches einfacher gewesen und er fragte sich, ob das jetzt für die India sprach und gegen sie.

[Tjeika]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, mittags
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Kara konnte es sich einfach nicht verkneifen. Sie streckte Andres die Zunge raus, der daraufhin die Augen verdrehte.
"Na, warte, dir bringe ich Manieren bei", rief er leicht gereizt, was Kara laut auflachen ließ.
"Dann fang mich doch", rief sie und kletterte höher auf den Mast.
Zum Glück war sie relativ leicht, so dass der Mast bei ihr auch nicht zu brechen drohte. Doch sie wusste, wenn Andres versuchen würde, hier hoch zu klettern, dann würde es ein Unglück geben. Einer der Gründe, warum sie so gerne hier oben war. Es war so gesehen ihr Versteck, welches keiner der anderen gefahrlos erklimmen konnte.
"Komm' sofort da runter, ich mach' dir Beine", rief Andres weiter.
Er schien wirklich wütend zu sein, was Kara noch lauter auflachen ließ.
"Willkommen an Bord, John", sagte Kharecha, der nur grinsend zu ihr hinaufblickte.
Er schien das Schauspiel zu genießen.

[Ayrina]

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Am Hafen von Lübeck
3. Juli 1517, mittags
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Endlich die erlösenden Worte.
"Vielen Dank, Sir", sagte John strahlend, doch Kharecha schien kaum noch einen Blick für ihn zu haben. John sah wieder zu dem Mast und beobachtete den Jungen mit einer Mischung aus Belustigung und Unverständnis. Er fragte sich, wie alt er wohl war. Vielleicht zwölf Jahre alt? Er hatte auf den beiden Schiffen, auf denen er gewesen war, Jungen in diesem Alter gesehen, die bereits das gleiche Arbeitspensum zu erledigen hatten, wie ein Mann mit zwanzig.
Tja, als Sohn des Käptns ist das eben alles ein wenig anders, dachte er mit einem leichten Kopfschütteln und machte sich daran, beim Entladen zu helfen. Nicht, dass er sich gleich die erste Rüge für Untätigkeit aufhalste.